Direktvergabe nach der neuen ÖPNV-Verordnung mit Hindernissen - Auch eine Tochtergesellschaft des internen Betreibers darf nicht für andere tätig sein

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Am 2. März 2011 erließ der Vergabesenat des OLG Düsseldorf einen Beschluss (Az.: VII-Verg 48/10), der sich ausführlich mit der Abgrenzung zwischen dem allgemeinen Vergaberecht nach §§ 97 ff. GWB und dem neuen speziellen Vergaberecht nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (im Folgenden kurz: „VO 1370”) auseinandersetzt. Es handelt sich um die erste eingehendere Entscheidung eines Oberlandesgerichts zur VO 1370, die am 3. Dezember 2009 in Kraft getreten ist.
 
Die vier Münsterlandkreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf planten eine Beauftragung des Unternehmens Regionalverkehr Münsterland GmbH (RMV) im Wege einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO 1370. Die RMV ist als Gesellschaft mit ausschließlich kommunalen Gesellschaftern konzipiert. Grundlage der Beauftragung der RMV ist ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag, bei dem es um Verkehrsleistungen mit ca. 16 Mio. Nutzwagenkilometern auf 347 Linien geht. Am 8.7.2009 hatten die Landkreise im EU-Amtsblatt die beabsichtigte Direktvergabe nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 an die RMV ab 1.1.2011 für zehn Jahre bekannt gemacht.
 
Zur Sicherstellung der nach Art. 5 Abs. 2 lit. e) VO 1370 erforderlichen Selbsterbringungsquote hatte die RMV ein lokales Busunternehmen erworben. Damit sollte sie in die Lage versetzt werden, mehr als 50 Prozent der Fahrleistungen selbst zu erbringen. Für die Erbringung der restlichen Fahrleistungen hat die RMV einen Geschäfts- und Betriebsführungsvertrag mit der Westfälischen Verkehrsgesellschaft mbH (WVG) geschlossen, an der sie auch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung hält. Die WVG betreibt im eigenen Namen keine öffentlichen Verkehrsdienste, sondern wird namens und für Rechnung der RMV sowie anderer Verkehrsgesellschaften, die an ihr ebenfalls Gesellschaftsanteile halten, tätig.
 

Geltung der VO 1370 wegen Vorliegens einer Dienstleistungskonzession oder Inhouse-Vergabe

Hauptstreitpunkt des Verfahrens war die Frage, ob der öffentliche Dienstleistungsauftrag der vier Münsterlandkreise mit der RMV als Dienstleistungsauftrag (im Sinne des allgemeinen Vergaberechts) oder als eine der VO 1370 unterfallende Dienstleistungskonzession zu würdigen ist. Aus dem Zusammenspiel von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 mit Satz 2 VO 1370 ergibt sich, dass die Vergabe eines Vertrags, der dem (neuen) Sondervergaberecht der VO 1370 unterliegt, eine Dienstleistungskonzession voraussetzt. Erfüllt der Vertrag hingegen nicht die Merkmale einer Dienstleistungskonzession, sondern handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag, ist nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 VO 1370 bei Busverkehrsdiensten das allgemeine Vergaberecht gegenüber dem Sondervergaberecht der VO 1370 vorrangig. Eine Dienstleistungskonzession setzt voraus, dass der Konzessionsinhaber das überwiegende wirtschaftliche Risiko für die Vertragserfüllung trägt. Der Vertrag zwischen den vier Landkreisen und der RMV stellte keinen Bruttovertrag dar. Der RMV wurde keine bestimmte Gesamteinnahme zugesichert, sondern lediglich ein der Höhe nach begrenzter Ausgleichsbetrag. Das OLG Düsseldorf konstatierte, dass selbst bei konservativer Berechnung der Fahrgeldeinnahmen diese zu mehr als 50 Prozent die Kosten sowie einen angemessenen Gewinn übersteigen. Der Vergabesenat rekurrierte insoweit auf seine Ausführungen in einer früheren Entscheidung vom 21. Juli 2010 (Az.: VII-Verg 19/10). Dort hatte er einen Schwellenwert von 50 Prozent angenommen, ab dem ein Dienstleistungsauftrag zu einer Dienstleistungskonzession wird. Diese Grenze war im vorliegenden Fall überschritten.
 
Umstritten war außerdem, inwieweit berücksichtigt werden muss, dass die RMV wegen ihrer personenbeförderungsrechtlichen Linienverkehrsgenehmigungen keine Konkurrenz zu befürchten hat und deshalb das Risiko eines Rückgangs der Fahrgeldeinnahmen als gering einzustufen ist. In Anlehnung an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2009 (Az.: C-206/08 – Eurawasser) sah das OLG Düsseldorf dies als irrelevant an, weil es sich um außerhalb des konkreten Auftrags liegende Umstände handele. Schließlich wies das OLG Düsseldorf darauf hin, dass bei einem Rückgang der Fahrgeldeinnahmen die RMV ihr Leistungsangebot nur um zwei Prozent ohne vertragliche Zustimmung verringern darf.
 
Wegen des Vorliegens einer Dienstleistungskonzession war der Auftrag mit der RMV durch die Münsterlandkreise nicht nach dem allgemeinen europäischen Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB, sondern nach dem Sondervergaberecht des Art. 5 der VO 1370 zu vergeben. Für die Anwendung des Art. 5 VO 1370 räumt Art. 8 Abs. 2 VO 1370 den Mitgliedstaaten eine zehnjährige Übergangsfrist bis 2. Dezember 2019 ein. Diese Vorschrift richtet sich nach Auffassung des Senats jedoch nur an die Mitgliedstaaten, nicht an die nationalen Behörden. Da die Bundesrepublik Deutschland (bislang) keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen hat, gilt Art. 5 VO 1370 wegen des unmittelbaren Charakters einer europäischen Verordnung direkt und uneingeschränkt und war damit bei der Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags an die RMV von den Behörden vollumfänglich zu beachten.

An mehreren Stellen des Beschlusses finden sich grundsätzliche Aussagen oder Hinweise, die für die Entscheidung selbst nicht zwingend notwendig gewesen wären (sog. „obiter dicta”). So trifft der Vergabesenat als erstes Oberlandesgericht Feststellungen zur Behandlung der „klassischen” Inhouse-Vergaben des allgemeinen Vergaberechts vor dem Hintergrund der neuen VO 1370. Der Senat stellte unter Verweis auf eine sehr aktuelle Entscheidung des UK Supreme Court vom 9.2.2011 (Az.: 2011, UKSC 7) fest, dass es sich bei einer Inhouse-Vergabe nicht um einen Dienstleistungsauftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG handelt. Eine Inhouse-Vergabe unterfalle damit von vornherein nicht der Verweisungsvorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 VO 1370 auf das allgemeine Vergaberecht (OLG Düsseldorf, S. 14, unter Bezugnahme auf Jan-Volkert Schmitz/Beate Winkelhüsener, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2011, 52 f., 55).
 
Damit kommt das OLG Düsseldorf zum Ergebnis, dass eine Inhouse-Vergabe sowohl im weiteren als auch im engeren Sinne nicht dem allgemeinen Vergaberecht unterfalle, sondern den Sondervergabevorschriften des Art. 5 Abs. 2 bis 6 VO 1370. Sie könne daher gemäß Art. 5 Abs. 7 einer Nachprüfung unterzogen werden. Ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe tatsächlich vorlagen, konnte der Vergabesenat offen lassen, da er eine Dienstleistungskonzession bejahte.
 

Rechtsschutz und gerichtliche Überprüfbarkeit

Art. 5 Abs. 7 der VO 1370 fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass nach Art. 5 Abs. 2 bis 6 VO 1370 getroffene Entscheidungen wirksam und rasch auf Antrag einer Partei, die ein Interesse daran hat, überprüft werden können. Diese bereits am 3.12.2009 in Kraft getretene Bestimmung ist in der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht umgesetzt worden, sodass eine ausdrückliche Regelung, welche nationale Stelle Nachprüfungen vorzunehmen hat, nicht existiert. Das OLG Düsseldorf diskutierte eingehend die Frage, wie diese Gesetzeslücke zu schließen ist und gelangte zu dem Ergebnis, § 102 GWB analog heranzuziehen. Es stellte dabei insbesondere auf den Erwägungsgrund 21 der VO 1370 ab, der einen wirksamen und raschen Rechtsschutz fordert, den gegenwärtig in Deutschland nur die Nachprüfungsverfahren vor Vergabekammer und -senat nach §§ 102 ff. GWB bieten.
 
Im Zusammenhang mit der Frage, ob § 102 GWB (analog) die maßgebliche Zuständigkeitsnorm für den Rechtsschutz ist, prüft der Senat auch die Ausnahmetatbestände in § 100 Abs. 2 GWB, die zur Nichtanwendung des Vergaberechts führen. Dabei nimmt das Gericht in einem Satz zu der Frage Stellung, ob eine personenbeförderungsrechtliche Linienverkehrsgenehmigung ein ausschließliches Recht ist (§ 100 Abs. 2 lit. g) GWB). Der Senat vertritt die Auffassung, Genehmigungen würden lediglich bestimmte Vorrechte gewähren, aber keinen ausschließlichen Charakter aufweisen. Dies ergebe sich daraus, dass die bestehende Genehmigung einer weiteren neuen Genehmigung dann nicht entgegensteht, wenn durch diese eine bessere Verkehrsbedienung erreicht wird.
 
Damit stellt sich das OLG Düsseldorf gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Halle vom 25. Oktober 2010 (Az.: 7 A 21/10 HAL). Das VG Halle hatte in dieser Entscheidung nach einer eingehenden Erörterung des Diskussionsstandes in der Literatur eine personenbeförderungsrechtliche Linienverkehrsgenehmigung nach § 13 PBefG als ein ausschließliches Recht gemäß Art. 2 lit. f) VO 1370 qualifiziert.
 
Dieser Frage kommt weitreichende Bedeutung zu, da die Gewährung eines ausschließlichen Rechtes gemäß Art. 3 Abs. 1 VO 1370 nur im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Art. 2 lit. i) VO 1370 erfolgen darf, der wiederum den vergaberechtlichen und beihilferechtlichen Bindungen der VO 1370 unterliegt. Bei Einordnung der Genehmigung nach § 13 PBefG als ausschließliches Recht wären auch die Genehmigungsbehörden an die Vorgaben der VO 1370 gebunden. Dies hatte das VG Halle im Urteil vom 25. Oktober 2010 deutlich gemacht.
 
Weiterhin stellte das OLG Düsseldorf in Zusammenhang mit der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Vergabe erstmals fest, dass bereits mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 eine Direktvergabe nach einem Jahr durchzuführen, das Vergabeverfahren eingeleitet ist. Die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt könne nicht mit einer bloßen Vorinformation nach der VOL/A verglichen werden.
 

Direktvergabe nach Art 5 Abs. 2 VO 1370

Im konkreten Fall lagen nach Auffassung des OLG Düsseldorf die Voraussetzungen für eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 VO 1370 an einen internen Betreiber (hier: RMV) nicht vor. Der Vergabesenat ließ offen, ob die Landkreise über die RMV eine Kontrolle ausüben, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht (Art. 5 Abs. 2 lit. a) VO 1370). Art. 5 Abs. 2 lit. b) VO 1370 fordert weiterhin, dass der interne Betreiber und ebenso jede andere Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, ihre öffentlichen Personenverkehrsdienste innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen örtlichen Behörde ausführen. Das war nicht gegeben.
 
Die RMV erbringt ihre Personenverkehrsdienste nur im Zuständigkeitsgebiet der vier Münsterlandkreise. Damit waren die Anforderungen des Art. 5 Abs. 2 lit. b) VO 1370 durch die RMV erfüllt. Allerdings übt die RMV über ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung in Höhe von 57,14 Prozent bzw. 47,14 Prozent (die Schriftsätze waren im Verfahren insoweit widersprüchlich) an der WVG einen nicht nur geringfügigen Einfluss auf diese Gesellschaft aus. Das OLG Düsseldorf ließ es dahingestellt, dass die WVG als Geschäfts- und Betriebsführungsgesellschaft keine öffentlichen Personenverkehrsdienste im eigenen Namen erbringt, sondern lediglich als Nachunternehmer auftritt. Entscheidend war nach Ansicht des Vergabesenats vielmehr der Umstand, dass neben der RMV auch weitere Gesellschaften Anteile an der WVG halten und aufgrund einer Bestimmung im WVG-Gesellschaftsvertrag nach Möglichkeit eine Identität zwischen den Geschäftsführern der WVG und den Geschäftsführern ihrer Muttergesellschaften zu wahren ist. Das OLG Düsseldorf stellte klar, auch ohne eine solche Klausel im Gesellschaftsvertrag ließen sich Sinn und Zweck der WVG, nämlich Kostenersparnis in Form eines gemeinsamen Leitungspersonals, nur durch identische Geschäftsführer erreichen. Über ihre Beteiligung an der WVG hat die RMV daher einen zumindest geringfügigen Einfluss auf die Besetzung der Geschäftsführung der anderen Muttergesellschaften der WVG. Die anderen Muttergesellschaften der WVG wiederum erbringen Personenverkehrsleistungen im eigenen Namen in solchen Gebieten, die nicht im Zuständigkeitsbereich der vier Münsterlandkreise liegen. Damit war Art. 5 Abs. 2 lit. b) VO 1370 nicht erfüllt. Eine Direktvergabe an einen internen Betreiber nach Art. 5 Abs. 2 VO 1370 an die RMV schied aus.
 
Aufgrund dieser Feststellungen konnte es der Vergabesenat offen lassen, ob die Voraussetzungen der nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. e) VO 1370 vom internen Betreiber im Rahmen einer Direktvergabe einzuhaltenden Selbsterbringungsquote erfüllt waren. Danach muss der interne Betreiber den überwiegenden Teil der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst erbringen. Der Vergabesenat erteilte jedoch den Hinweis, dass die Berechnung der erbrachten Verkehrsleistungen anhand des Maßstabes der Platzkilometer, der im konkreten Fall gewählt worden war, sachgerecht ist.
 
Andere Formen der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 4 oder Abs. 5 VO 1370 waren im vorliegenden Fall nicht möglich, sodass für die Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags nur ein wettbewerbliches Vergabeverfahren gemäß Art. 5 Abs. 3 VO 1370 in Betracht kommt. Das OLG Düsseldorf wies darauf hin, dass die in Art. 5 Abs. 3 VO 1370 genannten Grundzüge zum Ablauf eines solchen Verfahrens recht allgemein gehalten sind. Das Gericht ließ offen, ob eine Art. 5 Abs. 3 VO 1370 ergänzende nationale Regelung erforderlich ist. Da der Gesetzgeber sich im Wesentlichen auf eine Kodifizierung der Rechtsprechung zu Dienstleistungskonzessionen beschränken wollte, sah der Senat nach der gegenwärtigen Rechtslage bei einem wettbewerblichen Vergabeverfahren jedenfalls keinen Anlass für eine Anwendung der EG-VOL/A mit ihren strengeren Regularien und Veröffentlichungspflichten.
 

Nationalrechtliche Anforderungen an die Direktvergabe

Zusätzlich stellte der Vergabesenat fest, dass die geplante Direktvergabe auch gegen nationale Vorschriften verstößt. § 2 Abs. 10 ÖPNVG NRW verlangt, dass unter Berücksichtigung der Verkehrsnachfrage und zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit allen Verkehrsunternehmen des ÖPNV die Möglichkeit einzuräumen ist, zu vergleichbaren Bedingungen an der Ausgestaltung des ÖPNV beteiligt zu werden. Eine vergleichbare Möglichkeit der Beteiligung privater Dritter sieht der Vergabesenat dann nicht als gegeben an, wenn diese Unternehmen durch eine geplante Direktvergabe in weitem Umfang keine Möglichkeit zur Erlangung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach der VO 1370 haben.

Die Verpflichtung des im Wege einer Direktvergabe beauftragten internen Betreibers, Verträge mit Subunternehmern nach der SektVO zu vergeben, lässt der Vergabesenat als nicht ausreichend gelten. Er argumentiert, Subunternehmerverträgen käme ein wesentlich anderer Inhalt als öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nach der VO 1370 zu. Der Vergabesenat legt die „allgemein gehaltene” Vorschrift des § 2 Abs. 10 ÖPNVG NRW so aus, dass aus der landesrechtlichen Regelung ein Anspruch aller Unternehmer auf Beteiligung in einem Verfahren folgt, in dem öffentliche Dienstleistungsaufträge auf Grundlage der VO 1370 als unmittelbar geltendem Recht vergeben werden.

 

Beihilferechtliche Hinweise

Schließlich gibt der Vergabesenat einige Hinweise, die für die beihilferechtliche Praxis Bedeutung haben. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. dem Anhang VO 1370 legt fest, in welcher Weise die Höhe der Ausgleichsleistung nach der VO 1370 zu berechnen ist, um eine Überkompensation ausschließen zu können. Der Vergabesenat weist darauf hin, dass diese Frage in Zukunft auch von der Genehmigungsbehörde nach § 11 PBefG zu prüfen sei, um überhaupt eine effektive Kontrolle gewährleisten zu können.
 
Das OLG Düsseldorf beurteilt diese Frage damit anders als das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einer Entscheidung vom 19. Oktober 2006 (Az.: 3 C 33.05). Das BVerwG hatte im Urteil  die Genehmigungsbehörde nicht für verpflichtet gehalten, im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer personenbeförderungsrechtlichen Linienverkehrsgenehmigung Prüfungen durchzuführen, ob und inwieweit die Erbringung der beantragten Verkehrsleistungen beihilferechtskonform erfolgt. Allerdings bezog sich die Entscheidung des BVerwG noch auf die frühere Rechtslage vor dem Inkrafttreten der VO 1370 am 3. Dezember 2009.

In der Praxis dürfte die Auffassung des OLG Düsseldorf dazu führen, dass die Genehmigungsbehörden vor Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung nach § 13 PBefG sich vom antragstellenden Unternehmen zumindest entsprechende Bescheinigungen von Wirtschaftsprüfern vorlegen lassen müssen, die die Einhaltung der beihilferechtlichen Anforderungen der VO 1370 dokumentieren.

 

Fazit

Das OLG Düsseldorf macht in der Entscheidung vom 2. März 2011 deutlich, dass bei entsprechender vertraglicher Gestaltung Dienstleistungskonzessionen im ÖPNV-Bereich möglich sind. An dieser Stelle führt der Vergabesenat konsequent seine eigene frühere Rechtsprechung und die des EuGH fort. Die analoge Anwendung der verfahrensrechtlichen Nachprüfungsvorschriften der §§ 102 ff. GWB auch auf Dienstleistungskonzessionen, die dem neuen Sondervergaberecht der VO 1370 unterliegen, ist sorgfältig begründet und folgerichtig. Erstmals beschäftigt sich ein deutsches Oberlandesgericht mit der Vorschrift des Art. 5 VO 1370 eingehender. Auf diese Weise werden einige Aspekte der Direktvergabe an einen internen Betreiber in Absatz 2 und der wettbewerblichen Vergabe in Absatz 3 stärker konturiert.
 
Neben den die Entscheidung vom 2. März 2011 tragenden Gründen hat der Senat zu einigen Aspekten, die für den Ausgang des Verfahrens keine Rolle spielten, weiterführende Hinweise gegeben. Diese sog. „obiter dicta” stehen teilweise in Widerspruch zu Entscheidungen der Verwaltungsgerichte.
 
Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit der Beschluss vom 2. März 2011 nicht nur die aktuelle Praxis beeinflussen wird, sondern auch Eingang in die für den Gesetzgeber anstehenden Vorhaben finden wird, wie zum Beispiel die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Die Entscheidung des Vergabesenats zeigt in jedem Falle, dass die VO 1370 an vielen Stellen Regelungsbedarf für den Gesetzgeber ausgelöst hat.
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