Whistleblowing in Kroatien

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veröffentlicht am 29. Juli 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

Autoren: Bruno Monić & Filip Đekić

 

  1. Wie ist der Stand der Umsetzung? »
  2. Welche gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell? »
  3. Welche Rolle kommt dem Betriebsrat zu? »
  4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben? »
  5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen? »
  6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt? »
  7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten? »
  8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten? »

    

1. Wie ist der Stand der Umsetzung?

Kroatien hat als einer der ersten EU-Mitgliedstaaten durch Verabschiedung des Gesetzes über den Schutz von hinweisgebenden Personen (auch bekannt als „Hinweisgeberschutzgesetz“) die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht mel­den, umgesetzt. 
 
Das Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen wurde am 8. Februar 2019 verabschiedet, trat am 1. Juli 2019 in Kraft und führte damit die Gesetzgebung zur Meldung von Verstößen, die zuvor auf verschiedene Ge­set­ze, u.a. das Arbeitsgesetzbuch, verteilt worden war, in einem Gesetz zusammen. 
 
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz wird in erster Linie entworfen, weil es notwendig war, die nationale Ge­setzgebung mit dem Acquis Communautaire, d.h. der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Hinweisgebern, die seit dem 16. Dezember 2019 gilt, in Einklang zu bringen.

 

2. Welche Gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell?

Das bestehende Hinweisgeberschutzgesetz schützt jede natürliche Person, die Missstände i.Z.m. Verstößen gegen Gesetze, Verordnungen, Ethikkodizes, unternehmensinterne Regelungen, insbesondere Korruption, nach­lässiges Management öffentlicher Güter, öffentlicher Mittel und der EU-Mittel meldet.
 
Missstand bedeutet jede Form der Handlung, die zu einer Gefahr für das öffentliche Interesse führt und mit Arbeit mit dem/für den Arbeitgeber verbunden ist. 
 
Der Schutz wird jeder Person gewährt, die durch einen Arbeitgeber beschäftigt wird, z.B. Personen, die auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags arbeiten, einen Teilzeitjob haben, nicht erwerbstätig sind, Studentenarbeit aus­üben, als Freiwilliger arbeiten oder als Stellenbewerber an einem Rekrutationsverfahren teilnehmen. 
 
Bei den Arbeitgebern handelt es sich um öffentliche Behörden auf zentraler und lokaler Ebene, juristische Personen mit öffentlichen Befugnissen, Unternehmen mit mehrheitlicher staatlicher Beteiligung und alle Arbeitgeber des privaten Sektors.

  

3. Welche Rolle kommt dem Betriebsrat zu?

Das Hinweisgeberschutzgesetz legt die Rolle des Betriebsrats bei der Meldung von Missständen nicht aus­drück­lich fest, sondern bestimmt vielmehr, dass Arbeitgeber, die mehr als 50 Personen beschäftigen, ver­pflich­tet sind, ein allgemeines Regelwerk zur Regelung des internen Meldeverfahrens zu erlassen. 
  
Das allgemeine Regelwerk gibt den Arbeitnehmern das Recht, einen Beauftragten für die Bearbeitung von Mel­dungen über Missständen zu benennen. Wenn zwanzig Prozent der Arbeitnehmer eine bestimmte Person be­nen­nen, müssen die Arbeitgeber diese Person zum Beauftragten ernennen (auch dessen Stellvertreter). Der gleiche Prozentsatz der Arbeitnehmer kann den Beauftragten abberufen. 
  
Es ist jedoch anzumerken, dass das Regelwerk zur Regelung des internen Meldeverfahrens für die Arbeit­neh­mer sehr wichtig ist, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, bei der Festlegung eines solchen Regelwerks den Betriebsrat zu konsultieren.
  
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz sollte vorsehen, dass Gewerkschaften, die mit einem Arbeitgeber zusam­men­arbeiten, oder Betriebsräte oder zwanzig Prozent der Arbeitnehmer das Recht haben, die Ernennung eines Beauftragten vorzuschlagen. 

 

4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben?

Das Hinweisgeberschutzgesetz, das Arbeitsgesetz und andere Gesetze, die den Bereich der Hinweisgeber re­geln, sehen keine Pflicht zur Meldung von Missständen vor. 
 
Eine solche Pflicht ergäbe sich jedoch beispielsweise im Falle einer von einem Dritten begangenen Straftat, da nach der kroatischen Strafprozessordnung jedermann verpflichtet ist, eine Straftat anzuzeigen, für die von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet wird.
 
In einigen Fällen stellt die Nichtanzeige einer Straftat eine Straftat dar.

 

5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen?

Ja, nach dem Hinweisgeberschutzgesetz ist der erste Schritt die interne Meldung, d. h. die Meldung von Miss­ständen an den Arbeitgeber, d. h. an einen Beauftragten, sofern ein solcher ernannt wurde. 
 
Die Meldung enthält Informationen über den Hinweisgeber, den Namen des Arbeitgebers des Antragstellers, Informationen über die Person und/oder die Personen, auf die sich die Meldung bezieht, das Datum der Mel­dung und eine Beschreibung des gemeldeten Missstandes.
 
Die Meldung kann direkt schriftlich, per Post, oder elektronisch (z. B. per E-Mail) erfolgen oder mündlich zu Protokoll gegeben werden.

 

6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt?

Ab dem Zeitpunkt der Meldung an einen Beauftragten steht der Hinweisgeber unter dem Schutz der Bestim­mun­gen des Hinweisgeberschutzgesetzes.
 
Der Arbeitgeber darf den Hinweisgeber wegen der Meldung von Missständen nicht diskriminieren, insbe­son­de­re darf er seinen Arbeitsvertrag nicht kündigen, sein Gehalt kürzen, ihm die Beförderung verweigern, ihn an einen anderen Arbeitsplatz versetzen, seine Arbeitszeit ändern, seine Aus- und Weiterbildung behindern, usw. 
 
Wenn der Hinweisgeber i.Z.m. der Meldung eines Missstandes eine Benachteiligung erlitten hat, hat er das Recht, gerichtlichen Schutz zu erhalten, indem er Klage erhebt. In diesem Fall ist er von der Zahlung der Gerichtsgebühren für das Gerichtsverfahren befreit, und die Beweislast wird auf den Arbeitgeber verlagert. 
 
Der Hinweisgeber hat das Recht auf Schutz seiner Identität und Vertraulichkeit, seine Meldungen können jedoch nicht anonym sein.

 

7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten?

Das Hinweisgeberschutzgesetz legt nicht fest, wie der Arbeitgeber mit dem Verdächtigen umzugehen hat, aber es ergibt sich indirekt aus dem Meldesystem des Unternehmens. 
 
Der Beauftragte ist verpflichtet, die Meldung von Missständen entgegenzunehmen und innerhalb von 60 Tagen zu prüfen. Er kann im Rahmen seiner Zuständigkeit unverzüglich die zum Schutz der meldenden Person erfor­derlichen Maßnahmen ergreifen, wenn es wahrscheinlich ist, dass er/sie aufgrund der Meldung Opfer einer benachteiligenden Maßnahme werden könnte. Der Beauftragte kann die Meldung auch an die offiziellen Stel­len weiterleiten, die befugt sind, auf den Inhalt der Meldung einzugehen, wenn der Missstand vom Arbeitgeber nicht behoben wurde. Innerhalb von 30 Tagen nach der Entscheidung über die Meldung informiert der Beauf­tragte den Bürgerbeauftragten schriftlich über die eingegangenen Meldungen des Hinweisgebers, und der Bürgerbeauftragte erstellt jährlich einen öffentlichen Bericht über Whistleblowing-Fälle.
 
Wird die Meldung des Hinweisgebers für glaubwürdig befunden, ist eine der Sanktionen gegenüber dem Zuwi­derhandelnden die Entlassung, aber auch mögliche Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren.

  

8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten?

Der erste Schritt ist die interne Meldung, d. h. die Meldung an einen vom Arbeitgeber benannten Beauftragten.
 
In dringenden Fällen oder wenn die interne Meldung vom Arbeitgeber ignoriert wird oder wenn die meldende Person die begründete Befürchtung hat, dass sie benachteiligt wird oder der Beauftragte in einen Missstand verwickelt ist, wird die Meldung dem Bürgerbeauftragten vorgelegt (externe Meldung). 
 
In seltenen Fällen, in denen eine unmittelbare Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die Sicherheit besteht oder dass Beweise in großem Umfang beschädigt oder vernichtet werden, kann der Hinweisgeber die Meldung an die Medien offenlegen (öffentliche Offenlegung).
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