Maquiladora-Unternehmen und die Finanzreform in Mexiko

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Von Peter de Pay, Rödl & Partner Berlin
 
Wie bereits im Auslandsbrief Februar 2014 berichtet, wurde zum Anfang des Jahres eine umfangreiche Finanzreform in Mexiko durchgeführt. Davon betroffen sind insbesondere Unternehmen aus dem Lohnveredelungssektor (auch Maquila oder Maquiladora genannt), die nach Aussage des mexikanischen Dachverbands der Lohnveredelungsunternehmen INDEX im Jahr 2013 Exporte im Wert von rund 200 Mrd. US-Dollar getätigt haben und somit für insgesamt 80 Prozent des Nicht-Erdölexports des Landes verantwortlich sind. Maquiladora-Unternehmen sind Veredelungsunternehmen, die aufgrund einer staatlichen Genehmigung berechtigt sind, für einen befristeten Zeitraum Rohstoffe und Maschinen einund nach der Veredelung wieder auszuführen. 
 
Die Reformierung zahlreicher Steuergesetze hatte nicht nur die teilweise Anhebung des günstigeren Einkommensteuersatzes von 17,5 Prozent für Maquiladora-Unternehmen auf den üblichen Einkommensteuersatz von 30 Prozent zur Folge, sondern führte auch zur Aufhebung der Umsatzsteuerbefreiung für die befristete Einfuhr von Rohstoffen und Maschinen im Rahmen des Maquiladora-Förderprogramms. Die nunmehr bestehende uneingeschränkte Einfuhrumsatzsteuerpflicht wurde allerdings gleichzeitig durch ein neu eingeführtes Zertifizierungssystem relativiert. Auf dessen Grundlage können sich Maquiladora-Unternehmen im Laufe dieses Jahres in genau festgelegten Zeiträumen als sogenanntes zertifiziertes Unternehmen bei der mexikanischen Finanzverwaltung (SAT) registrieren lassen und somit eine Steuergutschrift von bis zu 100 Prozent der Einfuhrumsatzsteuer erhalten.  
 
Die Voraussetzungen für eine Zertifizierung sind mit den bereits bekannten umfassenden Formalitäten verbunden, die insbesondere sehr zeitintensiv sind und einen hohen administrativen Aufwand erfordern. Bereits minimale Nachlässigkeiten können den Entzug der Maquiladora-Genehmigung zur Folge haben. Für die Zertifizierung sind insbesondere die folgenden Anforderungen zu beachten:
  • Als Maquiladora zugelassene Unternehmen müssen belegen können, dass der Wert der innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums veredelten und dann ausgeführten Waren mindestens 60 Prozent des Wertes von Rohstoffe und Maschinen entspricht, die im gleichen Zeitraum eingeführt wurden.
  • Neben den Maquiladora-Unternehmen müssen auch deren Anteilseigner, der gesetzliche Vertreter sowie die Geschäftsführung bzw. der Vorstand eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung der SAT vorlegen.
  • Der Beweis über das Einhalten der Voraussetzungen des Maquiladora-Förderprogramms muss erbracht werden.
  • Einsetzen eines von der SAT autorisierten in- oder ausländischen Transportunternehmens für die temporäre Einfuhr der Rohstoffe und Maschinen (Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt werden, dass die Rohstoffe und Maschinen unberechtigterweise eingeführt wurden, droht eine Geldbuße.).  
 

Betriebsstättenrisiko verschärft

Ein Maquiladora-Unternehmen, das alle Grundvoraussetzungen erfüllt, wird als „A” zertifiziertes Unternehmen eingestuft und muss seine Zertifizierung grundsätzlich jährlich erneuern. Ein als „AA” zertifiziertes Unternehmen ist bereits seit mindestens fünf Jahren als Maquiladora-Unternehmen tätig bzw. dessen Maschinen und Betriebsmittel hatten im vergangenen Jahr einen Gesamtwert von mehr als 3,85 Mio. US-Dollar oder mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. Für ein „AA” zertifiziertes Unternehmen wird eine Zertifizierung mit Laufzeit von zwei Jahren erteilt. Die „AAA” zertifizierten Unternehmen sind dagegen Maquiladora-Unternehmen, die mindestens sieben Jahre als Maquiladora-Unternehmen tätig sind bzw. deren Maschinen und Betriebsmittel im vergangen Jahr insgesamt einen Wert von mehr 7,7 Mio. US-Dollar ausgemacht oder mehr als 2.500 Mitarbeiter beschäftigt hatten. Diese als „AAA” zertifizierten Unternehmen erhalten dann eine Zertifizierung von bis zu drei Jahren. Darüber hinaus kommen je nach erteilter Zertifizierungsstufe die Unternehmen in den Genuss einer beschleunigten Erstattung der Umsatzsteuer oder einer verlängerten Frist für das Nachreichen von fehlenden Dokumenten. 
 
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die bevorzugte Behandlung im Rahmen der Einkommensteuer. Das alte Einkommensteuergesetz bestimmte, dass ausländische Unternehmen, die sich eines Veredelungsunternehmens in Mexiko bedienten, keine steuerliche Betriebsstätte begründeten, sofern bestimmte administrative Anforderungen erfüllt wurden. Nach dem neuen Gesetz müssen u. a. die folgenden (verschärften) Anforderungen erfüllt werden, um eine steuerliche Betriebsstätte des ausländischen Auftraggebers zu vermeiden: 
  • Alle ausländischen Rohstofflieferanten (mit Ausnahme des ausländischen Auftraggebers) müssen eine Handelsbeziehung zu dem Maquiladora-Unternehmen unterhalten.
  • Alle Rohstoffe, die nicht temporär durch das Maquiladora- Unternehmen eingeführt wurden, müssen mit den temporär eingeführten Rohstoffen in einem gemeinsamen Veredelungsprozess verarbeitet und ausgeführt werden.
  • Die zum Zwecke der Veredelung temporär eingeführten Maschinen und Betriebsmittel müssen entweder im Eigentum des Maquiladora-Unternehmens oder des ausländischen Auftraggebers stehen, wobei mindestens 30 Prozent der Maschinen oder Betriebsmittel im Eigentum des ausländischen Auftraggebers stehen müssen (Für das Einhalten der 30 Prozent-Regelungen haben bestehende Maquiladora-Unternehmen eine Frist von zwei Jahren, um diese Voraussetzung zu erfüllen. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die im Eigentum des ausländischen Auftraggebers stehenden Maschinen und Betriebsmittel nicht vorher im Eigentum des Maquiladora- oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens stehen durften.). 
     

Ferner können Maquiladora-Unternehmen nun zusätzlich zu den bereits bestehenden Möglichkeiten einen Betrag steuerlich absetzen, der in etwa die Hälfte der Summe der Gehälter der eingesetzten Arbeitnehmer entspricht. Zudem kann unter die Einfuhrumsatzsteuer mit der bei der Veräußerung der Ware abzuführenden Umsatzsteuer im Rahmen der monatlichen Umsatzsteuererklärung aufgerechnet werden. Hierzu bedarf es aber der Einhaltung strenger Dokumentationspflichten. 

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