Globale Mindestbesteuerung – So bereiten Sie sich vor

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veröffentlicht am 27. Mai 2022 / Lesedauer ca. 3 Minuten 
 

Im Dezember 2021 hat die OECD Mustervorschriften für die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung veröffentlicht. Zeitgleich legte die EU-Kommission einen Richt­linienvorschlag vor, mit dem die Mindestbe­steuerung gleichmäßig in allen EU-Ländern eingeführt werden soll. Im Kern soll ein Besteuerungsniveau für Unterneh­mens­ge­winne von 15 Prozent erreicht werden, indem Gewinne niedrigbesteuerter Gruppen­einheiten bei der Konzernmutter auf dieses Niveau hochgeschleust werden. Der Zeit­plan für die Umsetzung ist denkbar knapp. In der EU wird nach dem aktuellen Diskussionsstand der Erlass der nationalen Umsetzungsgesetze bis zum 31. Dezember 2023 gefordert, mit einer verpflichtenden Anwendung grundsätzlich ab 2024.

   

   

Für betroffene Unternehmen stellt sich die Herausforderung, ein extrem ambitioniertes Steuerprojekt innerhalb kürzester Zeit managen zu müssen. Daher stellt sich die Frage: Was ist zu tun?

 

 

Betroffenheitsanalyse

Alle Unternehmen sollten so schnell wie möglich die Anwendung der EURichtlinie prüfen. Betroffen sind alle Unternehmensgruppen und ihre Einheiten mit einem Konzernumsatz von mindestens 750 Mio. Euro – unab­hängig von der Rechtsform (juristische Personen, Personengesellschaften und Betriebsstätten) und bei einer europäischen Obergesellschaft sogar unabhängig davon, ob es sich um eine nationale oder grenz­über­schrei­tende Unternehmensgruppe handelt.
 

Erhoben wird die Mindeststeuer in erster Linie bei der oberste Muttergesellschaft, die die Mindeststeuer für alle ihre niedrigbesteuerten Einheiten zu zahlen hat (sog. „Income Inclusion Rule”, kurz: IIR). Das gilt ebenso für Personengesellschaften als Muttergesellschaft, obwohl sie steuerlich transparent behandelt werden. In bestimmten Fällen können aber auch zwischengeschaltete Muttergesellschaften zur Mindeststeuer heran­gezogen werden. Zusätzlich können alle in der EU belegenen Einheiten steuerpflichtig nach der Undertaxed Payment Rule (UTPR) werden, wenn die Erhebung der Mindeststeuer bei der obersten Muttergesellschaft nicht zum Mindeststeuerniveau von 15 Prozent führt.
 

Daher müssen im ersten Schritt alle betroffenen Einheiten identifiziert werden.
 

Compliance-Pflichten

Gruppen-Unternehmen werden nicht nur für die Muttergesellschaft eine besondere Steuererklärung abgeben müssen, die sämtliche Informationen zur Erhebung der Mindeststeuer für die gesamte Gruppe umfassen muss. Sie ist 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres einzureichen, in der EU also wohl erstmalig bis zum 30. Juni 2026. Für Einheiten innerhalb eines Landes besteht die Möglichkeit, die Erklärung befreiend von einer Einheit abgeben zu lassen. Eine Vereinfachung für eine grenzüberschreitende befreiende Abgabe der Mindest­steuer­erklärung durch die oberste Muttergesellschaft ist grundsätzlich möglich, aktuell aber noch nicht umgesetzt.
 
Alle Einheiten müssen daher sicherstellen, dass sie ihren eigenen Compliance-Pflichten nachkommen können.

 

Datenerhebung

Für jede Einheit müssen die Grundlagen zur Ermittlung der effektiven Steuerbelastung erhoben werden. Dazu ist eine umfangreiche spezifische Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der einzubeziehenden Steuern erforderlich, die sowohl von der handelsrechtlichen Rechnungslegung als auch von der steuerlichen Gewinn­er­mittlung z.T. ganz erheblich abweicht.
 

Ausgangspunkt ist der Konzernabschluss der Gruppe, wenn er in einem anerkannten Rechnungslegungs­standard, z.B. IFRS oder europäische Local-GAAPs, also insbesondere deutsches HGB, erstellt ist. Maßgebend ist die sog. HB II der jeweiligen Einheit (also vor Konsolidierungsmaßnahmen). Das Nettoergebnis wird durch zahlreiche Korrekturen ermittelt, wie die Eliminierung erfasster Steuern, Dividenden und Veräußerungs­ge­winne. Bei den einzubeziehenden Steuern gibt es ebenfalls eine Vielzahl von Korrekturen des ausgewiesenen Ertragssteueraufwands, z.B. für Steuern auf Sachverhalte, die im Nettoergebnis korrigiert wurden oder für unsichere Steuerpositionen. Wichtig wird die Erfassung und Modifikation von latenten Steuern, insbesondere im Verlustfall werden.
 

Daher muss – auch wenn sich tatsächlich keine Mindeststeuer ergibt – für jede Einheit identifiziert werden, welche Korrektursachverhalte zur Anwendung kommen und wo/wie die dafür erforderlichen Daten beschaffbar sind bzw. sogar erst noch erfasst werden müssen. Je heterogener die Rechnungslegung ist, desto aufwendiger und herausfordernder wird die Datenbeschaffung sein. Daher sollte insbesondere eine betroffene oberste Muttergesellschaft entsprechende Prozesse für sich und sämtliche Tochtergesellschaften schaffen.
 

Steuerberechnung

Zur Ermittlung der effektiven Steuerbelastung findet ein sog. jurisdictional blending statt, d.h. Bemessungs­grundlagen und Steuern aller Einheiten in einem Land werden addiert und ein effektiver Steuersatz für das jeweilige Land ermittelt. Liegt er unter 15 Prozent, wird in Höhe der Differenz, für jede Einheit, eine Min­dest­steuer bei der obersten Muttergesellschaft erhoben – ebenfalls mit diversen Modifika­tionen, z.B. einem Carve-out für substanzhaltige Einheiten. Um daher die zusätzliche Steuerbelastung für eine oberste Mutter­ge­sell­schaft zu bestimmen, ist eine umfassende Veranlagungssimulation erforderlich. Die Steu­erplanung und -berichterstattung betroffener Unternehmensgruppen muss umfangreich ausgebaut und die Frage der digitalen Unterstützung durch bisherige Berichtssysteme oder ein eigenes Reporting-Tool geklärt werden.
 

Gestaltungsansätze

Alle Unternehmensgruppen im Schwellenbereich können die Anwendung ggf. noch etwas herauszögern, da die Schwelle von 750 Mio. Euro zweimal innerhalb von 4 Jahren überschritten sein muss. Erwogen werden kann auch eine Reorganisation hin zu zwei nebeneinanderstehenden, für die Mindestbesteuerung unabhängigen Gruppen unterhalb der Schwelle. Internationale Standorte, die maßgeblich wegen der Niedrigbesteuerung gewählt wurden, sind zu überdenken. Für die Umsetzung müssen Übergangsregelungen beachtet werden, die auch für aktuelle Transaktionen zu späteren Auswirkungen auf die Mindeststeuer führen können.

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