Neue Freibeträge für beschränkt Steuerpflichtige – Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz

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von Tanja Creed
 

Nicht in Deutschland ansässige Personen, die deutsches Vermögen von Todes wegen oder schenkweise übertragen bzw. erwerben, sollen künftig höhere Freibeträge er­hal­ten. Das ist im Gesetz zur „Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiter­er steuerlicher Vorschriften” (dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, kurz: StUmgBG) vorgesehen. Damit reagiert der Gesetzgeber auf die Forderung des Euro­päischen Gerichtshofs (EuGH) nach einer Gleichbehandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden beim persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG.
 

 
Sind weder der Erblasser bzw. Schenker noch der jeweilige Erwerber Inländer, unterliegt der Vermögens­über­gang zwischen Gebietsfremden nur der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bezogen auf sog. Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG. Allerdings gilt bisher statt der zwischen 20.000 und 500.000 Euro gestaffelten persönlichen Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG ein einheitlicher Freibetrag von nur 2.000 Euro nach § 16 Abs. 2 ErbStG.
 
Mehrfach hat der EuGH entschieden, dass die erheblich niedrigeren persönlichen Freibeträge beschränkt Steuerpflichtiger aus der Europäischen Union und aus Drittländern unionsrechtswidrig sind. Auch ein zwischenzeitlich in das Gesetz eingeführtes Wahlrecht für Unionsbürger zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 ErbStG änderte hieran nichts.

 
Neue Freibetragsverhältnisrechnung evtl. europarechtswidrig

Der deutsche Gesetzgeber hat im StUmgBG die persönlichen Freibeträge für beschränkt Steuerpflichtige neu geregelt. Die höheren persönlichen Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG stehen künftig auch letzteren zu. Ihr Freibetrag ist jedoch nach § 16 Abs. 2 ErbStG n.F. anteilig zu kürzen, soweit ihr Erwerb nicht der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Durch die Kürzung soll im Ausland ansässigen Personen – im Gegensatz zu Inländern – die Möglichkeit genommen werden, Freibeträge in mehreren Staaten (voll) zu nutzen. Deshalb werde der persönliche Freibetrag in Deutschland nur in dem Verhältnis gewährt, in dem im Erwerb inländisches Vermögen enthalten ist, das der deutschen Besteuerung unterliegt. Ob diese verhältnismäßige Kürzung „europafest” ist, bleibt abzuwarten – denn den Entscheidungen des EuGH ist zu entnehmen, dass ein Gebietsfremder Anspruch auf denselben betragsmäßigen und nicht verhältnismäßigen Freibetrag wie ein Gebietsansässiger hat.
 
In die Verhältnisrechnung nach § 16 Abs. 2 ErbStG n.F. sind sämtliche Vorerwerbe der letzten 10 Jahre einzubeziehen. Alle Erwerbe im In- und Ausland sind nach den deutschen Regelungen zu bewerten.
An Steuererklärungen beschränkt Steuerpflichtiger werden damit zur Ermittlung des Kürzungsbetrags höhere Anforderungen gestellt – vergleichbar denen unbeschränkt Steuerpflichtiger.
 
Die Neuregelung ist auf Erbfälle und Schenkungen ab Inkrafttreten des StUmgBG am 25. Juni 2017 anwendbar.
 

Handlungsmöglichkeiten beschränkt Steuerpflichtiger

Beschränkt Steuerpflichtige sollten das Ziel verfolgen, den vollen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG zu erlangen. Denn in „Altfällen” vor Inkrafttreten des StUmgBG ist der erheblich niedrigere Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG nach der Rechtsprechung des EuGH europarechtswidrig und eine Kürzung gesetzlich nicht geregelt. Für neue Fälle nach Inkrafttreten des StUmgBG ist in § 16 Abs. 2 ErbStG n.F. zwar die ver­hält­nis­mäßige Kürzung geregelt, der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch aktuell in 2 anhängigen Verfahren darüber zu entscheiden, ob eine verhältnismäßige Freibetragskürzung rechtmäßig ist (vgl. II R 53/14 und II R 2/16).
 

Wird der beschränkt Steuerpflichtige dennoch vom Finanzamt aufgefordert, eine Erklärung zum übertragenen bzw. erworbenen Weltvermögen der letzten 10 Jahre abzugeben, hat er 2 Handlungsmöglichkeiten:
  • Er kann Aufwand und Kosten einer entsprechenden Erklärung auf sich nehmen, erhält daraufhin den gekürzten Freibetrag und legt dann Einspruch gegen die Kürzung ein. Vorteil der Vorgehensweise ist, dass von Anfang an der höhere, wenn auch gekürzte Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG gewährt wird. Erweist sich die Kürzung des Freibetrags letztlich als rechtswidrig, hat der Steuerpflichtige die Kosten der Ermittlung des Weltvermögens aber umsonst getragen. Eine Erstattung der Kosten im Einspruchsverfahren erfolgt nicht.
  • Möchte der beschränkt Steuerpflichtige das Kostenrisiko nicht tragen, kann er die Erklärung des Weltvermögens verweigern. Folge hiervon könnte jedoch eine geschätzte Kürzung des Freibetrags oder sogar dessen völlige Verweigerung sein – Einspruch wäre einzulegen. Nachteil der Vorgehensweise ist, dass die festgesetzte höhere Steuer zunächst zu zahlen ist. Eine Aussetzung der Vollziehung zu beantragen sollte gut überlegt sein, denn ist die Kürzung des Freibetrags rechtmäßig, würden zusätzlich Aussetzungszinsen auf die noch zu zahlende höhere Steuer anfallen.

 Bitte beachten Sie:

  • Nach der Neuregelung des StUmgBG steht beschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich der gleiche persönliche Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG wie unbeschränkt Steuerpflichtigen zu.
  • Erwirbt ein beschränkt Steuerpflichtiger vom selben Schenker oder Erblasser aber im 10-Jahreszeitraum auch Vermögen im Ausland, ist der persönliche Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG zu kürzen. Der Kürzungsbetrag entspricht dem Anteil des ausländischen Vermögens am Gesamterwerb.
  • Ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, unentgeltliche Erwerbe durch beschränkt Steuerpflichtige „europafest” zu machen, bleibt abzuwarten.
  • Für alle beschränkt Steuerpflichtigen sollte das Ziel verfolgt werden, den ungekürzten Freibetrag zu erlangen. Besteuerungsverfahren sollten offen gehalten werden.  

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Elke Volland

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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