Rahmenverträge – Das „schlaue” Beschaffungsinstrument

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​veröffentlicht am 5. Februar 2021 

 

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Gestaltung von Rahmenverträgen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge


Die Idee des Rahmenvertrags

§ 103 Abs. 5 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) definiert Rahmenvereinbarungen als „Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis.” Der Abschluss eines Rahmenvertrags kommt also insbesondere dann in Betracht, wenn zwar die ungefähren Rahmenbedingungen des Auftrags feststehen, die Details aber noch unklar sind. Der konkrete Leistungsabruf erfolgt nicht schon auf Basis des Rahmenvertrags, sondern mit einem entsprechenden Einzelabruf. Erst hiermit entsteht in der Regel die Leistungspflicht des Auftragnehmers.


Der Sinn und Zweck von Rahmenvereinbarungen besteht darin, mehrere Einzelaufträge bündeln zu können und nicht immer wieder erneut ein Vergabeverfahren starten zu müssen. Dies erlaubt dem öffentlichen Auftraggeber mehr Flexibilität. Typische Anwendungsfälle für Rahmenvereinbarungen sind etwa Wartungsarbeiten, kleinere Straßensanierungen, Rohrverlegungsarbeiten usw.


Inhalte der Rahmenvereinbarung

Die einschlägigen Vorschriften aus dem Unter- wie Oberschwellenvergaberecht legen fest, dass die wesentlichen Bedingungen für den Abruf und die Ausführung der Leistung in der Rahmenvereinbarung zu bestimmen sind.


Dies betrifft zunächst den Preis, der in der Rahmenvereinbarung zwingend enthalten sein muss. Da die konkrete Leistung jedoch typischerweise gerade noch nicht feststeht, genügen insoweit die Berechnungsparameter für die spätere Preisbildung, z. B. anhand von Margen oder Staffelungen. Denkbar sind zudem Preis- und Materialgleitklauseln. Für den Abschluss der Rahmenvereinbarung selbst fällt indes keine Vergütung an. Im Allgemeinen hat der Auftraggeber zu bedenken, dass die Unsicherheit, die mit der Rahmenvereinbarung typischerweise für den Auftragnehmer einhergeht, zumeist zu Risikoaufschlägen führt.


Darüber hinaus ist die Laufzeit der Rahmenvereinbarung festzusetzen. Denn hierbei handelt es sich um einen kalkulationsrelevanten Faktor. Der Zeitraum eines jeden Einzelvertrags muss hingegen nicht festgelegt werden. Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf grundsätzlich nicht mehr als 4 Jahre betragen. Diese Regellaufzeit bezweckt, dass das geschlossene System der Rahmenvereinbarung die Einzelvergaben nur für einen begrenzten Zeitraum dem Wettbewerb entzieht. Ausnahmen sind nur auf Basis hinreichender Begründungen möglich.


Neben der Laufzeit ist überdies der Auftragsgegenstand in die Rahmenvereinbarung aufzunehmen. Die Grundsätze der ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung (Stichwort: „eindeutig und erschöpfend”) gelten insoweit nur eingeschränkt. Es ist demnach auch ein Katalog von Leistungsvarianten möglich, etwa anhand verschiedener Standorte. Gleiches gilt für das Auftragsvolumen, das zwar möglichst genau zu ermitteln und bekannt zu geben ist, aber nicht abschließend festgelegt werden muss. Der Auftraggeber hat zwar kein Ermessen dahingehend, dass er das Volumen benennen muss, er hat aber sehr wohl einen Spielraum dahingehend, dass er eine Prognose anstellt. Er muss dabei alles ihm Mögliche und Zumutbare unternehmen, um die vertragsgegenständlichen Mengen zu umreißen. Gewisse Unwägbarkeiten sind dem Rahmenvertrag allerdings immanent.


Dem Auftragnehmer wird auch kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet. So besteht beispielsweise keine Verpflichtung für den Auftraggeber, eine Mindestabnahmemenge oder eine Höchstmenge anzugeben. Bei der Ausgestaltung einer Rahmenvereinbarung ist stets das sog. Missbrauchsverbot zu beachten. Demnach kommt eine Rahmenvereinbarung nur dann in Betracht, wenn die Bedingungen für die auszuführende Leistung tatsächlich auch nicht abschließend festgelegt werden können. Falls doch, ist ein „klassischer” öffentlicher Auftrag zu vergeben. Die Rahmenvereinbarung darf auch nicht zu vergabefremden Zwecken, beispielsweise einer Markterkundung, eingesetzt werden. Schlussendlich ist es unzulässig, ein und dieselbe Leistung in mehreren Rahmenvereinbarungen zu vergeben.


Die Vergabe der Rahmenvereinbarung

Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gilt grundsätzlich dasselbe Vergabeverfahrensrecht wie für alle anderen öffentlichen Aufträge auch. Sie stellt lediglich ein besonderes Gestaltungsinstrument dar. Somit gelten auch die allgemeinen Grundsätze bei der Wahl der Verfahrensart. Insbesondere ist das Verhandlungsverfahren nicht generell zulässig mit dem Argument, die Leistung könne nicht abschließend beschrieben werden.


Denn das träfe auf jede zulässige Rahmenvereinbarung zu. Der Auftragswert wird anhand der Summe der geplanten Einzelaufträge ermittelt.


Die Vergabe der Einzelbeauftragungen

Die Vergabe des Einzelauftrags erfolgt sodann auf Basis der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung. Auftragnehmer kann nur das Unternehmen sein, mit dem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde. Gleiches gilt für den Auftraggeber, wobei hier in gewissem Umfang auch Öffnungsklauseln, z. B. für Tochtergesellschaften, denkbar sind. Der Einzelauftrag darf zudem nicht dazu führen, dass der Inhalt der Rahmenvereinbarung wesentlich abgeändert wird.


Für die Rahmenvereinbarung existieren zweierlei Gestaltungsformen: Sie kann entweder mit nur einem oder
mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern abgeschlossen werden. Je nachdem, für welche Variante sich der öffentliche Auftraggeber entschieden hat, bestehen unterschiedliche „Spielregeln” für die Vergabe der Einzelbeauftragungen.


Wurde die Rahmenvereinbarung mit nur einem Wirtschaftsteilnehmer geschlossen, ist danach zu unterscheiden, ob die Bedingungen für den Einzelauftrag bereits in der Rahmenvereinbarung feststehen oder nicht. Ist dies der Fall, kann der Abruf der Einzelleistung unmittelbar erfolgen. Sind die Bedingungen für den Einzelauftrag hingegen noch nicht abschließend klar, ist der Auftraggeber zunächst gehalten, den Auftragnehmer zur Vervollständigung seines Angebots aufzufordern. Anschließend erfolgt die Einzelbeauftragung.


Wurde die Rahmenvereinbarung hingegen mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern geschlossen, sind für den Einzelabruf 3 Varianten möglich:

  • Wurden die Bedingungen für die Einzelbeauftragung in der Rahmenvereinbarung bereits abschließend festgelegt, erfolgt eine unmittelbare Beauftragung (Var. 1).
  • Wurden die Bedingungen noch nicht final festgelegt, wird der Einzelauftrag im Wettbewerb zwischen den an der Rahmenvereinbarung beteiligten Unternehmen vergeben (sog. „Miniwettbewerb”, Var. 2).
  • Auch wenn die Bedingungen für den Einzelauftrag in der Rahmenvereinbarung schon feststehen, kann sich der öffentliche Auftraggeber vorbehalten, dennoch einen Wettbewerb durchzuführen und gem. Var. 2 verfahren (Var. 3).

 

Um die Einzelvergabe ohne Wettbewerb durchzuführen (Var. 1), müssen neben den Bedingungen für die Leistungserbringung auch die objektiven Bedingungen für die Auswahl desjenigen Unternehmens feststehen, das den Einzelauftrag erhalten soll. Hierbei ist der Auftraggeber nicht an die Zuschlagskriterien gebunden. Er kann seine Auswahl vielmehr angebots-, bieter- oder nutzerbezogen vornehmen. So kann er ggf. eine Rangfolge festlegen. Eine gleichmäßige Verteilung der Einzelaufträge zwischen den Rahmenvertragsunternehmen ist hingegen nicht möglich, da hierin eine unzulässige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte läge.


Soll die Einzelvergabe im Wettbewerb erfolgen (Var. 2), ist dieser auf diejenigen Unternehmen beschränkt, die an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind. Der Auftraggeber hat die geeigneten Unternehmen aufzufordern, ihre Angebote hinsichtlich der noch offenen oder unvollständigen Bedingungen (die der Auftraggeber denklogisch zuvor zu präzisieren hat) zu vervollständigen. Hierfür ist eine ausreichende Frist zu setzen. Die Auftragserteilung erfolgt sodann an das wirtschaftlichste Angebot, das anhand der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien ermittelt wird.


Stehen die Bedingungen für die Einzelbeauftragung eigentlich fest, möchte der Auftraggeber aber dennoch einen „Miniwettbewerb” durchführen, muss er sich dies vorab vorbehalten. Er muss objektive Entscheidungskriterien angeben, die das neuerliche Verfahren auslösen (beispielsweise ab einem gewissen Einzelauftragsvolumen). Darüber hinaus ist festzulegen, welche Bedingungen dem neuen Verfahren  unterliegen (z. B. der Preis). Eine Festlegung dahingehend, welche Einzelaufträge vom Vorbehalt erfasst sind, ist hingegen nicht nötig.

 

Abschliessende Worte

Alles in allem ist die Rahmenvereinbarung ein elegantes Mittel, um die Beschaffungspraxis des öffentlichen Auftraggebers mit einer gewissen Flexibilität zu versehen.


Zusammenfassend bleibt es spannend abzuwarten, wie die Ansätze, die das ArchLG nun vorsieht, in der künftigen HOAI konkret umgesetzt werden.

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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