Neufassung der Betriebssicherheitsverordnung

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veröffentlicht am 02. September 2013

 

Die Betriebssicherheits-verordnung (BetrSichV), die im Jahre 2002 erlassen und seitdem keinen maßgeblichen Änderungen unterworfen wurde, steht vor einer grundlegenden Neufassung. Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung sieht wesentliche Änderungen vor. Die Verordnung wird nicht nur konzeptionell, strukturell und sprachlich neu gestaltet, sondern erhält zur Verdeutlichung der Neuerung auch einen neuen Titel: „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln und dem Betrieb von Anlagen (Arbeitsmittel- und Anlagensicherheitsverordnung - ArbmittV)”.

 

 

​Nach der Begründung des Verordnungsentwurfes sei es notwendig, die BetrSichV einer systematischen und rechtlichen Strukturreform zuzuführen, um inzwischen bekannt gewordene gravierende rechtliche und fachliche Mängel zu beseitigen. Das EU-Recht soll systematisch besser umgesetzt, Standard- und Bürokratiekosten abgebaut, Doppelregelungen insbesondere beim Explosionsschutz und bei der Prüfung von Arbeitsmitteln beseitigt werden. Außerdem sollen Schnittstellen zu anderen Rechtsvorschriften, insbesondere an das für die Bereitstellung von Arbeitsmitteln auf dem Markt geltende neue Produktsicherheitsgesetz und die darauf gestützten Rechtsverordnungen verbessert und nicht zuletzt die Anwendbarkeit durch die Arbeitgeber erleichtert werden.
 
Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen der neuen Verordnung im Vergleich zu der bestehenden BetrSichV 2002 dargestellt.
 
Die BetrSichV 2002 sieht für alle überwachungsbedürftigen Anlagen die Durchführung einer sicherheitstechnischen Bewertung vor, auf deren Grundlage Betreiber die Prüffristen der Gesamtanlage und der Anlagenteile zu ermitteln haben (§ 15 Abs. 1 BetrSichV). Die Bundesregierung erachtet das Konstrukt der „sicherheitstechnischen Bewertung” als verordnungswidrig und unterwirft in dem Verordnungsentwurf nunmehr auch solche überwachungsbedürftigen Anlagen der Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung, bei denen ausschließlich Dritte gefährdet sind. Damit wird das Konstrukt der „sicherheitstechnischen Bewertung” hinfällig. Allerdings bleiben die materiellen Anforderungen bestehen, doch gelten sie damit künftig sowohl für Arbeitsmittel als auch für überwachungsbedürftige Anlagen, bei denen ausschließlich Dritte gefährdet sind. Weiterhin gelten sie in gleichem Maße für alte, neue und selbst hergestellte Arbeitsmittel, sodass es keiner besonderen, bisher umstrittenen Bestandsschutzregelung mehr bedarf. Vielmehr haben Betreiber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eigenverantwortlich zu entscheiden, ob ggf. Nachrüstmaßnahmen erforderlich sind.
 
Die Prüfpflichten für besonders prüfpflichtige Arbeitsmittel und Anlagen werden in der Neufassung in Anlehnung an die vor dem Erlass der BetrSichV 2002 geltenden Einzelverordnungen anlagenbezogen zusammengefasst und in Anhängen zur Verordnung dargestellt. Die konkreten Anforderungen und Definitionen für überwachungsbedürftige Anlagen aus § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 11 ff. (Anwendungsbereich, Definitionen), der §§ 14, 15 (erstmalige und wiederkehrende Prüfungen), § 20 (Zugelassene Überwachungsstellen) sowie § 17 i. V. m. Anhang 5 (Prüfung besonderer Druckgeräte) der BetrSichV 2002 sind bspw. in Anhang 2 enthalten. Diese anlagenbezogene Darstellung dient nicht nur der Übersichtlichkeit und erleichterten Anwendung der Verordnung, sondern eröffnet auch dem Ausschuss für Betriebssicherheit die Möglichkeit, neu identifizierte besonders prüfpflichtige Anlagen durch Ergänzung eines weiteren Anhangs mit minimalem Aufwand in die Verordnung aufzunehmen.
 
Eine weitere Erleichterung führt die Neufassung hinsichtlich der Prüfung von Aufzugsanlagen als überwachungsbedürftige Anlagen ein. Nach Anhang 1, Abschnitt 2, Ziffer 4 Satz 2 können bestimmte Prüfungen bei Aufzugsanlagen anstelle einer Zugelassenen Überwachungsstelle auch vom Hersteller der Aufzugsanlage oder einem fachkundigen Instandhaltungsunternehmen durchgeführt werden. Damit wird die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Prüfung besonders prüfpflichtiger Anlagen durch den Arbeitgeber oder Betreiber anstelle einer externen Zugelassenen Überwachungsstelle deutlich erweitert. 
 
Darüber hinaus wird für Aufzüge eine Prüfplakette verpflichtend eingeführt, wie sie bisher in vielen Fällen lediglich auf freiwilliger Basis angebracht wurde. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Durchführung von Aufzugsprüfungen in der Vergangenheit häufig versäumt wurde und den Nutzern der Aufzüge dieses Versäumnis nicht ohne Weiteres direkt ersichtlich war. 
 
Weitere Änderungen betreffen die bisher missverständliche Umsetzung der Prüfpflichten aus der Richtlinie 1999/92/EG im Explosionsschutz, die Möglichkeit zur Dokumentation der Prüfungen in elektronischer Form, die Beseitigung von Doppelregelungen bei der Prüfung von Arbeitsmitteln, die Klarstellung der Arbeitgeberpflichten bei der Bereitstellung und Prüfung binnenmarktkonformer Arbeitsmittel, die Beseitigung der partiellen Doppelregelung zum Explosionsschutz sowie die Aufnahme besonderer Anforderungen zur alters- und alternsgerechten Arbeit (demografischer Wandel), zur Verringerung psychischer Belastungen sowie zur ergonomischen Gestaltung der Arbeit.
 
Mit dem vorliegenden Verordnungsentwurf wird es der Bundesregierung gelingen, zahlreiche Unklarheiten und Mängel in der BetrSichV und die daraus für Arbeitgeber und Betreiber entstandenen Unsicherheiten in der Anwendung und Umsetzung der BetrSichV zu beseitigen. Sollte der Entwurf das laufende Gesetzgebungsverfahren ohne wesentliche Änderungen passieren, können die damit einhergehenden Fragen zur Wahrnehmung der Betreiberverantwortung als beantwortet angesehen
werden.

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