Regelbesteuerung statt Abgeltungsteuer auch bei beruflicher Tätigkeit ohne maßgeblichen Einfluss für eine Kapitalgesellschaft

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner jüngsten Entscheidung vom 25. August 2015 (Az. VIII R3/14) entschieden, dass ein Steuerpflichtiger als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (mindestens 1 Prozent) aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft bereits dann zur Regelbesteuerung für Ausschüttungen aus derselben optieren kann, wenn er keinen maßgeblichen Einfluss auf dessen Geschäftsführung ausüben kann.

Die Klägerin war zu 5 Prozent an der E-GmbH beteiligt und im Rahmen ihrer Vollzeittätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung sowie in den Bereichen Kundenbetreuung, Lohnabrechnung sowie Finanzbuchhaltung tätig. Die aus ihrer Beteiligung an der GmbH erzielten Dividenden werden grundsätzlich im Rahmen der Abgeltungsteuer mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag besteuert. Allerdings hat sie in ihrer Einkommensteuererklärung fristgerecht zur Besteuerung dieser Einkünfte nach der niedrigeren tariflichen Einkommensteuer (Regelbesteuerung) optiert. Die Möglichkeit eines solchen Antrags sieht § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 1b EStG unter anderem in dem Fall vor, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist. Das zuständige Finanzamt lehnte jedoch diese Option ab, da die Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der E-GmbH ausüben könne. Diese Sichtweise stützt sich offensichtlich auch auf die in dem BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 (BStBl I 2012, 953) vertretene Auffassung, wonach eine berufliche Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung nicht ausreiche (vergleiche Textziffer 138 des Schreibens). Es ist somit für diese Option ein maßgeblicher Einfluss des Anteilseigners auf die Kapitalgesellschaft erforderlich, sodass es eine unternehmerische Beteiligung aus Sicht des Finanzamts verlang wird.

Der BFH schließt sich hingegen der zuvor auch bereits von dem Finanzgericht vertretenen Auslegung an, dass das Wahlrecht zur Regelbesteuerung aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes weder qualitative noch quantitative Anforderungen an die berufliche Tätigkeit des Anteilseigners für die Kapitalgesellschaft verlangt. Ein solcher maßgeblicher Einfluss des Anteilseigners auf die Kapitalgesellschaft sei aus dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der BFH betont, dass die in dem BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 vertretene Auffassung, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handeln muss, rechtlich zweifelhaft erscheint, da sich aus dem Gesetzeswortlaut selbst keine Anhaltspunkte hierfür ergeben. In dem vorliegenden Streitfall war diese Frage jedoch nach Ansicht des BFH nicht entscheidungserheblich, da die vorliegende berufliche Tätigkeit der Klägerin bei der E-GmbH bereits weder quantitativ noch qualitativ von untergeordneter Bedeutung war.

Das vorstehende Urteil stärkt die Position von Steuerpflichtigen, die zu mindestens 1 Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt und darüber hinaus für diese beruflich tätig sind. Durch das in diesen Fällen durch den BFH bestätigte Wahlrecht, haben diese Anteilseigner die Möglichkeit, im Rahmen der optierten Regelbesteuerung eventuelle Werbungskosten beispielsweise im Zusammenhang mit der Finanzierung der Anteile an der Kapitalgesellschaft oder einen eventuell erzielten Verlust hieraus teilweise bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend zu machen. Diese Möglichkeit der Berücksichtigung von Werbungskosten ist im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht möglich. Die bisher vorherrschende restriktive Ansicht der Finanzverwaltung beziehungsweise des BMF ist in diesem Punkt zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu ändern. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Entscheidung reagieren wird.

Fonds-Brief direkt 15. Oktober 2015

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Frank Dißmann

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