Erforschung eines angezeigten Mangels kein Anerkenntnis des Vermieters

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​BGH, Urteil vom 23. September 2020, Az.: XII ZR 86/18

Ein Angebot zur gütlichen Streitbeilegung sowie einfache Mangelerforschung durch den Vermieter stellen kein tatsächliches Anerkenntnis dar.


Die Beklagte hat von der Voreigentümerin der Klägerin Büroflächen in Berlin gemietet. Der Beklagten wurde ein einseitiges Sonderkündigungsrecht zum 12. Dezember 2016 gegen Einmalzahlung eingeräumt. Die Beklagte hat nach Anzeige eines Mangels in Form eines beißenden Geruchs in einem der Büroräume die Miete seit Juli 2015 um 10 % gemindert und am 7. Dezember 2015 das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2016 außerordentlich gekündigt. Die Klägerin macht die aufgrund der Minderung rückständige Miete, sowie die Einmalzahlung aufgrund der Kündigung geltend. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage jedoch ab.


Der BGH hat die Klage nunmehr an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Ein Anerkenntnis des Mangels liege nicht vor. Mithin dürften die Zahlungsansprüche der Klägerin auch nicht mit der vom Berufungsgericht zunächst gegebenen Begründung verneint werden.
Nach Ansicht des BGH kann im Nachgehen eines Mangels aufgrund einer Mängelanzeige kein Anerkenntnis des Vermieters in Bezug auf den Mangel und mithin in Bezug auf die Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gesehen werden. Im Normalfall muss der Mieter, der die Miete mindern möchte einen Mangel und eine dadurch vorhandene Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs beweisen. Ein sogenanntes tatsächliches Anerkenntnis kann jedoch eine Um-kehr der Beweislast auf den Vermieter bewirken. Ein solches Anerkenntnis könne allerdings nur bei besonderen Umständen angenommen werden, die darauf hindeuten, dass der Vermieter statt aus Kulanz oder zum Zwecke gütlichen Einigung, in dem Bewusstsein handelt zur Beseitigung des behaupteten Mangels verpflichtet zu sein. Allgemein werden bei der Beurteilung drei Kriterien maßgeblich: Die Dauer, der Umfang und die Kosten der vorgenommenen Mangelbeseitigungs- oder erforschungsarbeiten. Im zu entscheidenden Fall könne danach kein Anerkenntnis angenommen werden, da lediglich eine punktuelle, wenige Minuten dauernde Erforschung durch Öffnung von vier Fliesen in der Wand vorgenommen wurde. Dies genügt nach Ansicht des BGH gerade nicht, um ein Anerkenntnis bejahen zu können. Ein Anerkenntnis aufgrund einer derartigen Handlung ist bereits deshalb schwierig anzunehmen, weil ein Gebäudeeigentümer bereits ein generelles Erhaltungsinteresse hat und bereits deshalb einem angezeigten Mangel nachgehen wird.


Auch ein Schreiben der Rechtsanwälte der Klägerin an die Beklagte in dem der Austausch des Bodenbelags auf Kosten der Beklagten angeboten wurde vermag ein Anerkenntnis nicht zu begründen. Laut BGH würde dies dem Wortlaut des Schreibens nicht gerecht. Die Klägerin hatte nämlich ausdrücklich „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und Präjudiz zum Zwecke der einvernehmlichen Regelung der bestehenden Meinungsverschiedenheiten” gehandelt. Dies schließt nach Ansicht des BGH die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Schuldanerkenntnisses genauso aus, wie die Beurteilung als tatsächliches Anerkenntnisses des Vermieters gegen sich selbst. Dem Mieter sollte hierdurch keine unbedingte Erfüllungsbereitschaft mitgeteilt oder seine Beweislage verbessert werden, so der BGH.

 

Fazit:

Vermieter müssen nach diesem Urteil nicht befürchten aufgrund von kulanter Weise durchgeführten Nachforschungen bezüglich eines angezeigten Mangels in gewöhnlichem Umfang oder durch das Anbieten einer einvernehmlichen Regelung ihre Rechtsposition zu schwächen. Sie sind auf der sicheren Seite, wenn sie in einem Angebotsschreiben ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht handeln und klar zum Ausdruck bringen, dass es sich dabei um ein Angebot zur gütlichen Streitbeilegung handelt.

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