Herabsetzung der Gewerbemiete bei staatlich angeordneter Geschäftsschließung zulässig

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KG Berlin, Urteil vom 1. April 2021, Az.: 8 U 1099/20

Bei staatlich angeordneter Geschäftsschließung infolge der Corona-Pandemie ist die vom Unternehmer geschuldete Gewerbemiete um die Hälfte reduziert. Dies zumindest urteilte nun das KG Berlin.

 
Der Entscheidung des KG Berlin lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vermieter einer Gewerbeimmobilie machte im Wege einer Widerklage die Zahlung der restlichen Gewerbemiete für die Monate April und Mai 2020 gegen seinen Mieter, den Betreiber einer Spielhalle geltend. Dem Betreiber der Spielhalle wurde als Maßnahme gegen die Corona-Pandemie seitens des Staates die Geschäftsschließung für diese Monate auferlegt. Darauf bezahlte der Betreiber der Spielhalle nur die Hälfte der geschuldeten Miete. Die Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin hatte in der ersten Instanz die Widerklage des Vermieters abgewiesen.

 
Auf die von dem Vermieter eingelegte Berufung entschied nun das Kammergericht Berlin, dass sich der Mieter wegen der vom Land Berlin angeordneten Geschäftsschließung auf die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berufen kann. Damit sei der vertraglich vereinbarte Mietzins um die Hälfte zu reduzieren. Diese Entscheidung sei damit zu begründen, dass es zur Geschäftsgrundlage der Vermietung von Geschäftsräumen gehöre, dass es nicht zu einer pandemiebedingten Nutzungsuntersagung kommen werde. Das Auftreten einer Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und soziale Leben stelle eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände dar, womit das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht sei.

 
Da der Mieter infolge der staatlichen Nutzungsuntersagung die gemieteten Räumlichkeiten überhaupt nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise nutzen konnte, läge es nahe, dass die Vertragsparteien, hätten sie diese Umstände erahnen können, den Mietvertrag mit einem andren Inhalt geschlossen hätten. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien eine Mietabsenkung für den Zeitraum der Zwangsschließung vereinbart hätten. Aufgrund der weitreichenden staatlichen Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben, ginge es vorliegend nicht um das normale Risiko der Gebrauchstauglichkeit. Vielmehr läge infolge der Corona-Pandemie eine Systemkrise vor, welche als Störung der Geschäftsgrundlage zu qualifizieren sei. Daher könne das Risiko keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Vorliegend waren die Umstände für beide Parteien so unvorhersehbar und außerhalb ihrer jeweiligen Verantwortungssphäre, dass die Nachteile solidarisch von beiden Vertragsparteien zu tragen seien und die Miete daher zur Hälfte zu reduzieren sei. Dabei käme es im Übrigen nicht auf eine konkrete Existenzbedrohung des Mieters an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Fazit:

Die Folgen der Pandemie und der damit verbundenen Eingriffe sind vielfältig. Die Gerichte sind allerdings teilweise bemüht, diese Folgen auf mehreren Schultern zu verteilen. Leider kommt es dabei immer wieder zu stark abweichenden Urteilen.

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