Verfahren im Wohnungseigentum: Materiell gilt neues Recht!

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LG Frankfurt/ Main, Beschluss vom 20.04.2021 – 2-13 S 133/ 20

Wohnungseigentumsrechtliche Klageverfahren, die bereits vor dem 01.12.2020 anhängig waren, sind materiell-rechtlich nach neuem Recht zu beurteilen.


Prozessual gilt gemäß § 48 Abs. 5 WEG das bis dahin geltende Recht weiter.

 

Parteien des Rechtsstreits sind die beiden einzigen Eigentümer einer verwalterlosen WEG. Die Wohnanlage besteht aus mehreren Reihenhäusern. Ein Reihenhaus bildet jeweils eine eigene WEG. Die Wohneinheit der Kläger umfasst unter anderem auch das Dachgeschoss. Die Kläger planen auf dem Dach eine Klimaanlage anzubringen und begehren die Feststellung, dass die Zustimmung der Beklagten zu den geplanten Maßnahmen entbehrlich seien. Hilfsweise beantragen sie, die Beklagten zur Erteilung der Zustimmung zu verurteilen. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht befindet: zu Recht!


Zur Begründung führt das Landgericht Frankfurt/Main aus, dass nach § 48 Abs. 5 WEG für alle vor dem 01.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die bis dahin geltenden Vorschriften des dritten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes gelten.


Als Verfahren entsprechend dieser Vorschrift ist auch die Beschlussersetzungsklage – wie streitgegenständlich hilfsweise geltend gemacht - zu bewerten. Zwar finden sich die Vorschriften zum Beschlussersetzungsverfahren gem. § 21 Abs. 8 aF WEG gerade nicht im dritten Teil des WEG, worauf § 48 Abs. 5 WEG verweist. Allerdings soll nach ganz herrschender Meinung für Beschlussersetzungsklagen gerade nichts anderes gelten, als für Beschlussklagen. Es kommt folglich das bisherige, bis einschließlich 30.11.2020 geltende Verfahrensrecht zur Anwendung.


In materieller Hinsicht gilt dagegen das neue, seit dem 01.12.2020 geltende Recht. Dies begründet sich u.a. bei der vorliegenden Beschlussersetzungsklage damit, dass als maßgeblicher Zeitpunkt der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung auszumachen ist. Eine Ausnahme hiervon liegt lediglich bei Anfechtungsklagen vor. Hier ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen.


Diese grundlegende Einordnung vorausgeschickt, kommt das Landgericht Frankfurt/Main zu dem Schluss, dass das Rechtmittel keinen Erfolg haben kann. Nach § 20 WEG (neue Fassung) setzt jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums zwingend die Beschlussfassung durch die Eigentümer voraus. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Beschlussersetzung ist ebenfalls nicht erfolgreich, da kein Anspruch auf Beschlussfassung besteht, so das Landgericht. So handelt es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme gem. § 20 Abs. 2 WEG. Als Anspruchsgrundlage kommt somit nur § 20 Abs. 3 WEG in Betracht. Da der Einbau der von den Klägern angestrebten Klimaanlage aber einen Eingriff in die bauliche Substanz des Gebäudes darstellt und zudem das äußere Erscheinungsbild ändert, besteht kein Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung.


Fazit:

Die Entscheidung des Landgericht Frankfurt/Main ist nicht zu beanstanden.
Die Ansicht, dass nach der WEG-Reform für am 01.12.2020 bereits anhängige Verfahren altes Prozessrecht, aber neues materielles WEG-Recht zur Anwendung kommen soll, dürfte sich voraussichtlich als einhellige Meinung durchsetzen.

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