Zur Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum

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BGH, Urteil vom 16. Juli 2021, Az.: V ZR 284/19

Ein Sondereigentümer kann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein Teileigentum nicht in Wohnungseigentum umwandeln.

 
Die Klägerin in dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Rechtsstreit ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in welcher der Beklagte Mitglied ist. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus zwei auf demselben Grundstück errichteten Gebäuden. Das Haus mit der Hausnummer 36 ist in insgesamt acht Wohneinheiten unterteilt. Das Gebäude mit der Hausnummer 36a war zum Zeitpunkt der Teilung eine fensterlose Scheune und ist Sondereigentum des Beklagten. In § 2 Ziff. XIX der Teilungserklärung vom 12. April 1973 heißt es: „Der jeweilige Eigentümer des (…) Teileigentumsrechts ist berechtigt, beliebige bauliche Veränderungen an Geb. 36a (…) vornehmen zu lassen (…)”. 2013 ließ der Beklagte die Scheune abreißen und errichtete an derselben Stelle ein Einfamilienhaus. Am 31. Mai 2017 erklärte der Beklagte durch notarielle Urkunde eine Nutzungsänderung von Teileigentum in Wohnungseigentum und bewilligte und beantragte, die Änderung in das Grundbuch einzutragen. Am 12. Juli 2017 erfolgte die entsprechende Eintragung. Mittels Klage verlangte die Klägerin, dem Beklagten zu untersagen, das von ihm errichtete Einfamilienhaus als Wohnraum zu nutzen. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten vor dem Landgericht blieb erfolglos. Mit der Revision vor dem BGH kämpfte der Beklagte weiter um sein Nutzungsrecht.

 
Der BGH gab dem Beklagten zwar in der Sache Recht, stellte allerdings fest, dass die Wohnnutzung der nach der Teilungserklärung gestatteten Nutzung widerspricht. Diese bezeichnete nämlich die dem Beklagten gehörende Einheit als Teileigentum. Nach § 1 Abs. 3 WEG sei deshalb nur eine andere Nutzung als zu Wohnzwecken zulässig. Die vom Beklagten durchgeführte Nutzungsänderung und daraufhin erfolgte Grundbuchänderung ändere hieran nichts. Eine Änderung von Teil- in Wohnungseigentum sei nur durch eine Änderung der Gemeinschaftsordnung möglich, soweit in dieser nicht ohnehin ein entsprechender Vorbehalt enthalten ist. Einen solchen stellt § 2 Ziff. XIX der Teilungserklärung aber nicht dar. Aus dem Zusammenspiel mit § 1 Abs. 3 WEG ergibt sich, dass nur Veränderungen erlaubt sein sollen, deren Nutzen die Klassifizierung als Teileigentum nicht ändern.

 
Nichtsdestotrotz kann die Wohnnutzung des Beklagten nicht untersagt werden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die nach der Teilungserklärung unzulässige Nutzung nicht mehr stört als die zulässige Nutzung. Eine Zweckbestimmung soll das Maß der hinzunehmenden Störungen festlegen. Wenn dieses Maß eingehalten wird, ist die tatsächliche Nutzung im Ergebnis irrelevant. Da die Formulierung des § 2 Ziff. XIX sämtliche Nutzungen mit Ausnahme von Wohnnutzung zulässt, wäre beispielsweise auch eine Nutzung zu Gewerbezwecken zulässig. Wenn man davon ausgeht, dass das Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, wären immer noch Läden, die der Deckung des täglichen Bedarfs der Bewohner des Gebiets dienen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO. Angesichts der dadurch aufkommenden Besucherfrequenz und der zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen erscheint die beabsichtigte Wohnnutzung des Beklagten nicht als störender.

 

Fazit:

Angesichts der Tragweite der Teilungserklärung ist bei der Formulierung einer solchen sehr genau zu arbeiten. Plant man eine bestimmte Nutzung zu untersagen, sollte man daran denken, auch andere Nutzungen, die als störender gewertet werden können, zu untersagen.

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