Kündigung bei Zerrüttung des Mietverhältnisses

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veröffentlicht am 27.2.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 29. November 2023, Az.: VIII ZR 211/22

Die Zerrüttung des Mietverhältnisses ohne pflichtwidriges Verhalten rechtfertigt keine außerordentliche fristlose Kündigung. 

Die Beklagten sind Mieter und die Kläger Vermieter. Die Kläger bewohnen ebenfalls eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses. Zwischen den Parteien kam es zu Auseinandersetzungen. Diese beruhten unter anderem auf Verstößen gegen die Haus- und Reinigungsordnung, Lärmbelästigungen, fehlerhaftem Befüllen und Abstellen der Mülltonnen. In einem Schreiben an eine im Haus lebende Familie türkischer Abstammung erklärten die Kläger wahrheitswidrig, dass die Beklagten sich rassistisch über Ausländer geäußert hätten. Die Beklagten erstatteten eine Strafanzeige gegen die Kläger wegen Verleumdung und Beleidigung. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis wegen der erfolgten Strafanzeige und des zerrütteten Mietverhältnisses außerordentlich fristlos. Der BGH verneint den Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe der Wohnung und begründet seine Entscheidung wie folgt: 

Das Mietverhältnis kann aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die nachhaltige Störung des Hausfriedens kann einen solchen Grund darstellen. Die Zerrüttung des Mietverhältnisses und die von den Beklagten gegen die Kläger erstattete Strafanzeige kann eine außerordentliche fristlose Kündigung hier jedoch nicht rechtfertigen. Im Wohnraummietrecht ist erforderlich, dass die Zerrüttung des Mietverhältnisses zumindest auch durch ein pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils verursacht worden ist. Vorliegend konnte eine für die Zerrüttung konkret ursächlich gewordene Pflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden. Es darf nicht allein darauf abgestellt werden, ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien zerstört worden ist. Ob eine Erstattung einer Strafanzeige einen schwerwiegenden Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten darstellt, der eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen könnte, ist unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben im Rahmen einer Strafanzeige können einen zur Kündigung berechtigenden Umstand darstellen. Die Kläger haben durch die wahrheitswidrige Behauptung, die Beklagten hätten sich rassistisch über Ausländer geäußert, selbst gegen ihre mietvertraglichen Pflichten verstoßen und Anlass für die Erstattung der Strafanzeige gegeben.

Fazit: 

Die Zerrüttung des Mietverhältnisses rechtfertigt eine außerordentliche fristlose Kündigung nur dann, wenn diese durch ein pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils verursacht wird. Ein schwieriges Verhältnis zwischen den Mietparteien über mehrere Jahre hinweg ohne Feststellung der konkreten Ursache und Zurechenbarkeit kann nicht zu einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses führen. Das Stellen einer Strafanzeige allein stellt keine Zerrüttung dar, insbesondere dann, wenn die Strafanzeige auf unwahren Behauptungen des Vermieters gegen den Mieter beruht. Eine außerordentliche fristlose Kündigung, die auf eine Zerrüttung des Mietverhältnisses gestützt wird, sollte vor Klageerhebung auf ihre Wirksamkeit hin geprüft werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer Klageabweisung auf Kosten des Vermieters.



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