Wegweisendes Urteil des EuGH im Rettungsdienstrecht erwartet – Generalanwalt äußert sich zur Vergabepflichtigkeit von Rettungsdienstleistungen

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veröffentlicht am 29. November 2018

 

In einem Verfahren über die Vergabe von Rettungsdienstleistungen rief das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Vorabentscheidungsersuchen den EuGH an. Es soll geklärt werden, ob und wenn ja, welche Rettungsdienstleistungen vergabepflichtig sind. Denn nach Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU2 besteht eine Bereichsausnahme für öffentliche Aufträge, die bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr zum Gegenstand haben. Am 14. November 2018 hat der Generalanwalt seine Auffassung vertreten.

 

I. Sachverhalt (stark gekürzt)

Zwei private Rettungs- und Krankendienstunternehmen, rügten 2016 bei der Vergabekammer Rheinland, die Vergabepraxis der Stadt Solingen. Ihr wird vorgeworfen, dass die Auftragsvergabe von Rettungsdienstleistungen in einem unionsrechtskonformen öffentlichen Verfahren hätte erfolgen müssen. Die in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragestellungen liegen nun dem EuGH vor: Dieser soll klären unter welchen Voraussetzungen Rettungsdienstleistungen vergabepflichtig sind. Denn nach Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU2 besteht eine Bereichsausnahme für öffentliche Aufträge, die bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr zum Gegenstand haben.


II. Aktuelle Auffassung des Generalanwalts beim EuGH

  1. Bereichsausnahme des Art. 10 Buchst. H) der Richtlinie 2014/24

    Nach der Auffassung des Generalanwalts greift im Ergebnis sowohl bei der Vergabe von Notfallrettungsdienstleistungen als auch bei der Vergabe vom sog. „qualifizierten” Krankentransport an gemeinnützigen Hilfsorganisationen die Bereichsausnahme.

    Der qualifizierte und der einfache Krankentransporte unterscheide sich dadurch, dass bei den qualifizierten Krankentransporten neben der bloßen Beförderung eine für die Versorgung von Notfallpatienten angemessene medizinische oder ärztliche Leistung geboten wird. Mit anderen Worten für die Erbringung von Dienstleistungen, die kein anderes Transportmittel bieten könnte. Dabei sei es irrelevant, ob ein Arzt, ein Rettungsassistent oder ein Rettungssanitäter an Bord tätig wir. Es müsse lediglich eine unerlässliche Versorgung geboten und die erforderliche medizinische Versorgung zur Erhaltung des Lebens, der Gesundheit oder körperlichen Unversehrtheit sichergestellt sein.
  2. Welcher Gemeinnützigkeitsbegriff gilt – ein europäischer !?

    Ferner ist die Frage aufgeworfen worden, ob Art. 10 lit. h) der Richtlinie 2014/24/EU so verstanden werden kann, dass „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen” insbesondere solche Hilfsorganisationen sind, die nach nationalem Recht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind? Hierzu vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass es bei der Bestimmung einer Organisation als gemeinnützig nicht zwingend darauf ankomme, dass eine Organisationsstruktur auf Freiwilligentätigkeit beruhe. Dies ließe allenfalls auf das Fehlen eines Erwerbszwecks schließen. Vielmehr sei entscheidend, dass die die Leistungen erbringenden Einrichtungen tatsächlich keinen Erwerbszweck verfolgen und dass sie etwaige erzielte Gewinne aus der Erfüllung ihrer sozialen Aufgabe widmen (im konkreten Fall der Erbringung medizinischer Notfalldienste) Diese Voraussetzungen erfüllt die Tätigkeit der anerkannten Hilfsorganisationen im Gegensatz zu dem rein erwerbswirtschaftlich ausgerichtetem Handeln des privatwirtschaftlichen Mitbieters. Damit aber auch fest, dass die strengen steuerrechtlichen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit im deutschen Recht inhaltlich den Anforderungen an den europarechtlichen Gemeinnützigkeitsbegriff.
  3. Ausblick

    Der EuGH ist in seiner Rechtsprechung den Schlussanträgen des Generalanwaltes bisher oftmals gefolgt, sodass davon auszugehen ist, dass der EuGH sich den Auffassungen entsprechend anschließen wird. Das Urteil des EuGH in dieser Rechtssache wird für das erste Quartal 2019 erwartet.

 

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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