Fernwärme-Benchmarking im Praxistest: Das Streben nach dem Optimum

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veröffentlicht am 01. September 2020

 

Erste Ergebnisse aus der aktuellen Fernwärme-Benchmarking-Runde

 

Unternehmen suchen laufend nach Wegen, Prozesse zu optimieren, um einen größtmöglichen Erfolg zu generieren. Zu diesem Zweck werden in fast allen Wirtschaftsbereichen regelmäßig Benchmarkings durchgeführt. Seit 2017 ist dies auch im Rahmen eines speziell auf die Fernwärmebranche zugeschnittenen Benchmarkings von Rödl & Partner möglich, das sich einer zunehmenden Beliebtheit erfreut.


Durch das Benchmarking können mögliche Risiken, von der Bereitstellung der Wärme bis zum Vertrieb, bereits vor dem Ernstfall identifiziert und dann beseitigt oder minimiert werden.

 

Ein Beispiel hierfür ist die Klage eines privaten Immobilienunternehmens gegen ein Fernwärmeversorgungsunternehmen, bei der der Bundesgerichtshof entgegen der Erwartungen vieler Experten mit seinem Beschluss vom 9.7.2019 – KZR 110/18 der Revision des Immobilienunternehmens zur Rückzahlung des Fernwärme-Grundentgelts stattgegeben hat. Kernpunkt des Streits ist eine vom Immobilienunternehmen vermutete missbräuchlich überhöhte Preisgestaltung, insbesondere aber eine unzulässige Ungleichbehandlung durch den Fernwärmeversorger. Das klagende Immobilienunternehmen bezog Wärme aus einem seit Längerem bestehenden Wärmenetz zu einem höheren Grundpreis als Kunden eines neu errichteten, nicht mit dem alten Netz verbundenen Wärmenetzes. Das Gericht gab dem Kläger letztlich Recht.

 

Durch die Teilnahme an dem Rödl & Partner-Benchmarking besteht aufseiten der Fernwärmeversorger eine ständige Auseinandersetzung mit den eigenen Kennzahlen bis hin zum Nachweis des angemessenen Preisniveaus. Durch den zusätzlichen Vergleich lassen sich hierdurch entsprechende Risiken früher erkennen und der Versorger kann Maßnahmen zur Beseitigung der Risiken entwickeln.

 

Generell ist in Paragraph 19 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geregelt, ob und inwieweit ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Stellung durch überhöhte Preise missbraucht. Die Grundlage hierfür bildet das Vergleichsmarktprinzip, das vom Preis anderer, gleichartiger Unternehmen als adäquaten Preis ausgeht und diese in Relation setzt. Bisherige landes- und bundeskartellrechtliche Untersuchungen beschränkten sich allesamt auf das Vergleichsmarktprinzip, ohne dabei versorgerspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen, die die jeweilige Preishöhe bestimmen. Dieses Vorgehen wurde aber mit dem BGH-Beschluss vom 9.7.2019 infrage gestellt.

 

Das Vergleichsmarktprinzip stößt insofern an seine Grenzen, da viele Fernwärmeversorgungsunternehmen als marktbeherrschend wahrgenommen werden und sehr unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich der Wärmeerzeugung und -verteilung besitzen. Den BGH-Richtern in oben genanntem Rechtsstreit zufolge ist daher neben dem Vergleichsmarktprinzip die sogenannte Kostenkontrolle, bei der die Differenz zwischen Kosten und Erlösen auf ihre Angemessenheit untersucht wird, ebenfalls von hoher Bedeutung. Die hier in vergleichbaren Märkten angewendeten Methoden der Kartellämter sind vergleichsweise aufwändig.

 

Was können Fernwärmeversorgungsunternehmen gegen solche Risiken unternehmen?

 

In einem ersten Schritt sind die Fernwärmepreise auf Basis der tatsächlichen Kosten zu gestalten. Die eigene Kostenbasis sollte regelmäßig hinterfragt werden: Arbeitet mein Unternehmen effizient genug? Kann ich meine Wärmeerzeugung oder -verteilung optimieren, sodass ich attraktive Marktpreise anbieten kann? Grundlage für die eigene Kostenkontrolle bildet die sinnvolle Gegenüberstellung der eigenen Kennzahlen mit vergleichbaren anderen Marktteilnehmern.

 

Einen solchen Vergleich bietet das Fernwärme-Benchmarking von Rödl & Partner, indem verschiedene Kennzahlen ermittelt werden und die Teilnehmer anhand bestimmter Merkmale in Vergleichsgruppen eingeteilt werden. Darüber hinaus unterstützt Rödl & Partner mit dem Fernwärme-Benchmarking die Fernwärmeversorgungswirtschaft, um Möglichkeiten zur Modernisierung bestehender Strukturen zu erkennen, langfristige Kosteneinsparpotenziale zu identifizieren sowie innovative und langfristige Versorgungslösungen umzusetzen. Die Qualitätsmerkmale der Dienstleistung Benchmarking im Bereich Fernwärme sind in Abbildung 1 dargestellt.

 

 

Abbildung 1: Qualitätsmerkmale Rödl & Partner Fernwärme-Benchmaking  

Eine Besonderheit stellt dabei die Berücksichtigung der verschiedenen Voraussetzungen der Fernwärmeversorger durch die Bildung von Vergleichsgruppen dar. Hierdurch entsteht eine Annäherung hinsichtlich der Voraussetzungen, wodurch verlässliche und belastbare Aussagen über den Stand des Unternehmens getroffen werden können.

 

Die Benchmarking-Runde 2019

 

Im Rahmen der zuletzt abgeschlossenen Benchmarking-Runde haben sich die teilnehmenden Fernwärmeversorger unterschiedlicher Größenordnungen aus Deutschland einer eingehenden Analyse ihrer Daten des Wirtschaftsjahres 2018 unterzogen. Neben der Berechnung belastbarer Kennzahlen, die die Grundlage für eine langfristig effiziente Gestaltung der Fernwärmeversorgung bieten, ermöglicht der Datenpool die interne Identifikation möglicher Optimierungsbedarfe der jeweiligen Unternehmen.

 

Über alle Teilnehmer verteilt lag die Nutzung von Erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung beispielsweise bei 18 Prozent (Abbildung 2). Dies lässt erkennen, dass fossile Brennstoffe weiterhin eine bedeutende Rolle in der Wärmewirtschaft spielen.

 

Abbildung 2: Auswertung FW-Benchmark 2019 

 

Beispiele für die Heterogenität der Fernwärmeversorgung sind in Abbildung 3 und Abbildung 4 zu sehen. Der Primärenergiefaktor in Abbildung 3 zeigt das Verhältnis von Primär- zu Endenergie. Hierbei ist zu erkennen, dass in der vergangenen Erhebungsrunde eine Spanne von 0,00 bis zu 0,74 vertreten ist. Das Ziel ist es, den Primärenergiefaktor möglichst niedrig zu halten. Ein Primärenergiefaktor von 0,00 kann bedeuten, dass ausschließlich Erneuerbare Energien Anwendung finden oder beispielsweise systemkritische Erzeugungsanlagen genutzt werden. Ein niedriger Primärenergiefaktor ist ein wichtiges Kriterium zur Kundengewinnung. Vor allem im Neubaubereich ist der Primärenergiefaktor ein anerkanntes Qualitätsmerkmal des Produktes Fernwärme. Durch immer härtere Auflagen für den Bau von Gebäuden hinsichtlich der Umweltverträglichkeit stellt ein niedriger Primärenergiefaktor für das Heizen einen bedeutenden Anreiz für Immobiliengesellschaften und private Kunden dar, sich für einen Fernwärmeanschluss zu entscheiden.

 

Abbildung 3: Ergebnis Auswertung Primärenergiefaktor FW-Benchmark 2019 

 

Abbildung 4 zeigt die Altersstruktur aller Fernwärmenetze der Benchmarking-Runde 2019. Hierbei ist zu erkennen, dass bei vielen Versorgern Netze in Betrieb sind, die vor 1980 gebaut wurden. Die ältesten Netze wurden bereits vor 1960 in Betrieb genommen. Das Alter der Netzinfrastruktur bestimmt den angemessenen Instandhaltungsaufwand, um die Wärme- und Wasserverluste im Rahmen zu halten. Durch den direkten Vergleich der eigenen Altersstruktur mit Versorgern ähnlicher Größe kann eine gezielte Einschätzung über den benötigten Erneuerungsbedarf der Infrastruktur getroffen werden.

 

Abbildung 4: Altersstrukturen Fernwärmenetze FW-Benchmark 2019 


Ein weiteres Beispiel stellt die Betrachtung der fixen und variablen Kosten dar. Durch den Vergleich der Kennzahlen kann das Versorgungsunternehmen mögliche Risiken in seiner Erlös- und Kostenstruktur erkennen und optimieren. Sollten beispielsweise, wie in Abbildung 5 zu sehen, Abweichungen zwischen den Bestandteilen der Kosten und Erlöse vorhanden sein, besteht im Fall von unerwarteten Witterungsbedingungen ein erhöhtes Risiko, dass der Gewinn entweder stark sinkt oder überproportional steigt, ohne dass der Versorger hierauf einen Einfluss hat. Dieses Risiko kann durch eine rechnerische Analyse des Benchmarks ermittelt werden.

 

 

Abbildung 5: Bsp. Mittelwerte FWB-Erhebungsrunde 2019 

 

Die dargestellten Beispiele dienen der Veranschaulichung der Vielfalt an Kennzahlen, die durch das Fernwärme-Benchmarking ermittelt werden. Durch die zahlreichen Kennzahlen wird eine 360°-Betrachtung der Unternehmen möglich. Auf dieser Grundlage wird ein individueller Bericht erstellt, in dem die Stärken und Schwächen der Teilnehmer analysiert werden. Mithilfe der Erkenntnisse aus dem Bericht können Unternehmen gezielt wichtige Schwachstellen und erhöhte Kosten identifizieren.

 

Ausblick: Die Benchmarking-Runde 2020

 

In der Erhebungsrunde 2020 bietet Rödl & Partner insgesamt 4 Kennzahlenmodule (siehe Abbildung 6) an, die nach individuellen Bedürfnissen der Teilnehmer zusammengestellt werden können. In dem sogenannten Basismodul werden Kennzahlen ausgewertet, die für alle Teilnehmer von Bedeutung sind. Zusätzlich werden weitere Module angeboten, die auf spezifische Bereiche der Teilnehmer eingehen. So ermittelt das Modul „Deckungsbeitrag“ tiefgehende wirtschaftliche Kennzahlen, während das Modul „Erzeugung“ sich auf den Erzeugungsbereich konzentriert. Das Modul „Netztechnik“ wurde in Zusammenarbeit mit der GEF Ingenieur AG entwickelt und stellt spezielle Kennzahlen dar, die mit der Versorgungstechnik und der Infrastruktur zusammenhängen. Alle Kennzahlen werden im Rahmen eines ausführlichen Individualberichtes durch eine Gegenüberstellung mit den jeweils vergleichbaren Unternehmen dargestellt.

 

 

Abbildung 6: Kennzahlenmodule Fernwärme-Benchmark 2020 

 

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Die diesjährige Fernwärme-Benchmarking-Erhebungsphase läuft von August bis Dezember 2020. Alle Teilnehmer erhalten neben konkreten Optimierungsvorschlägen einen umfangreichen Individualbericht sowie ein Zertifikat über die Teilnahme.

 

Melden Sie sich jetzt an – für eine effizientere und datengestützte Zukunft.

 

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter: Fernwärme Benchmarking

 

Zusätzlich bieten wir ein kostenloses Webinar zum Thema Fernwärme Preisberechnung vor dem Hintergrund der neuen CO2-Bepreisung am 28. Oktober 2020 von 9:30 - 12:15 Uhr an. Melden Sie sich an - wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

 

Erfahren Sie mehr über unsere Beratungsleistungen im Bereich:

  

 

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