Zur Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers – Fortführung der Rechtsprechung durch den BGH

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​Die Geschäftsführer einer GmbH haben die Pflicht, in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Man versteht darunter grundsätzlich die Sorgfalt eines selbstständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen. Kommt es zu einer Verletzung dieses Pflichten- bzw. Sorgfaltsmaßstabes, so kann sich hieraus eine Innenhaftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft ergeben.

Daneben besitzt in der Praxis allerdings auch die Frage einer deliktischen Außenhaftung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Dritten eine besondere Relevanz. Der BGH musste sich in einer Entscheidung aus Mai 2019 erneut mit der Thematik der deliktischen Außenhaftung von GmbH-Geschäftsführern auseinandersetzen und führt die Diskussion um die Voraussetzungen einer solchen Haftung damit fort.

1. Sachverhalt

Im Jahr 2012 lieferte die Klägerin, ein landwirtschaftliches Unternehmen, Weizen an eine GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war. Der gelieferte Weizen wurde von der GmbH eingelagert und sodann auf Weisung der Klägerin von der GmbH zu einem von der Klägerin bestimmten Zeitpunkt weiterverkauft. Die Klägerin und die GmbH trafen darüber hinaus eine Kontokorrentabrede, sodass auf einem Konto der GmbH die für die Klägerin erzielten Verkaufserlöse verbucht wurden. Forderungen der GmbH ggü. der Klägerin aufgrund von deren Käufen von Saatgut und Dünger wurden ebenfalls auf diesem Konto verbucht. Die Auszahlung des verbleibenden Differenzguthabens sollte im Februar des Folgejahres an die Klägerin erfolgen, eine Zahlung blieb jedoch aus. Stattdessen stellte der Beklagte einen Insolvenzantrag für die GmbH wegen Zahlungs­unfähigkeit, der jedoch mangels Masse abgelehnt wurde. Wie sich herausstellte, hatte der Beklagte Gelder aus dem GmbH-Vermögen entnommen, um sie für eigene Zwecke zu verwenden.

Die Klägerin nahm den Beklagten daraufhin auf Schadensersatz in Anspruch. Nach Klageabweisung durch das Landgericht gab das Berufungsgericht der Klage statt. Der Beklagte legte daraufhin Revision ein und begehrte damit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.


2. Entscheidungsinhalt

Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts u.a. mit der Begründung auf, im vorliegenden Fall sei eine sittenwidrige Schädigung, die die Voraussetzung für eine Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin wäre, nicht gegeben.

Der BGH ist der Auffassung, für ein sittenwidriges Verhalten des Handelnden reiche eine Pflichtverletzung und ein daraus resultierender Vermögensschaden nicht aus. Vielmehr müsse eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann.

Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen setzt ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach Ansicht des BGH voraus, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der die Ansprüche geltend macht. Das sei aber vorliegend nicht gegeben.

Des Weiteren liege nach Ansicht des BGH auch deshalb keine Sittenwidrigkeit vor, weil der Beklagte keine Treuepflicht gegenüber der Klägerin verletzt hätte. Eine Treuepflicht gegenüber der Klägerin folge nicht aus der Stellung des Beklagten als Geschäftsführer der GmbH, da die Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft bestehen, nicht gegenüber Außenstehenden Dritten. Auch die vertraglichen Beziehungen in Form der Kontokorrentabrede bestanden lediglich zwischen der Klägerin und der GmbH, sodass hieraus auch keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin erwachsen konnten.


3. Fazit

Im Ergebnis ist die Entscheidung des BGH sachgerecht. Sie bestätigt den Grundsatz, dass eine unmittelbare Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers durch Dritte – also eine Außenhaftung – nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Im Falle der Verletzung von Organpflichten bleibt es bei der gesetzlichen Grundwertung, dass eine derartige Verletzung „lediglich” zu einer Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft führt.

Die Entscheidung des BGH enthält keine eindeutigen Abgrenzungskriterien, die zur Herleitung einer Treue- und Garantenpflicht herangezogen werden können, um damit eine deliktische Außenhaftung des Geschäftsführers zu begründen. In der Praxis empfiehlt es sich deshalb, die künftige Rechtsprechung des BGH weiter zu beobachten.

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