Rechnungslegung in M&A-Deals: Häufig zu wenig beachtet

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zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

M&A-Trans­aktionen stellen sowohl Käufer als auch Ver­käufer regel­mäßig vor viele Heraus­forderungen. Im komplexen und häufig zeit­kritischen M&A-Prozess kommt ein wichtiger Aspekt häufig zu kurz. Die Rechnungs­legung wird vor dem Hinter­grund vieler weiterer drängender Themen­gebiete oftmals nur stief­mütterlich behandelt. Ihre Bedeutung für den erfolg­reichen Abschluss von M&A-Trans­aktionen darf jedoch nicht unterschätzt werden. Im Folgenden wird anhand einiger typischer Bei­spiele aufgezeigt, an welchen Stellen im M&A-Prozess eine frühzeitige Auseinander­setzung mit Fragen rund um die Rechnungs­legung geboten ist, um ungewollte Effekte im Jahres­abschluss der beteiligten Parteien frühest­möglich zu antizipieren und gegen­steuern zu können.
 

  

Due Diligence

Im Vorfeld einer geplanten M&A-Transaktion dient ein Due Diligence-Prozess dazu, frühzeitig ein besseres Verständnis des Transaktionsobjekts zu erlangen. Bei der sog. „Financial Due Diligence” steht die Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens auf Basis von Rechnungslegungsinformationen im Vordergrund.

 
Da das vorgelegte Zahlenwerk wesentlich von den verwendeten Rechnungslegungsmethoden (lokales GAAP, IFRS etc.) abhängt, ist eine intensive Auseinandersetzung unerlässlich. Eine Analyse der Finanzinformationen kann nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn eine einheitliche Sprache der Rechnungslegung gesprochen wird. Gerade wenn Finanzinformationen auf der Grundlage lokaler Rechnungslegungsnormen ermittelt wurden (bspw. auch dem deutschen HGB) und der Erwerber nach IFRS bilanziert, bietet sich ein sog. „IFRS-Quick-Check” an. Er verschafft einen Überblick, wie sich das Zahlenmaterial verändern würde, wenn die international gebräuchlichen IFRS angewendet worden wären und macht das Transaktionsobjekt somit für den Erwerber vergleichbar.
 

Vertragsgestaltung

Auch auf die Vertragsgestaltung selbst kann die Rechnungslegung einen erheblichen Einfluss nehmen. Häufig kommen sog. „Earn-out-Klauseln” zum Einsatz, die nachträgliche Kaufpreiszahlungen an die Entwicklung von Finanzkennzahlen (z.B. EBIT oder EBITDA) koppeln. Die Ermittlung solcher Kennzahlen und somit letztlich auch der zu zahlende Kaufpreis hängen von den zugrunde liegenden Rechnungslegungsmethoden ab. 

  
Daher ist bereits bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, entsprechende Wertgrößen eindeutig zu definieren und etwaige Korrekturanpassungen festzulegen. Insb. ist auch darauf einzugehen, wie mit möglichen Änderungen der zugrunde liegenden Rechnungslegungsnormen über die Vertragslaufzeit umzugehen ist. So konfrontierte bspw. die Erstanwendung von IFRS 15 (Umsatzrealisierung) ab 2018 viele Unternehmen mit einer periodischen Verschiebung ihrer Umsatzrealisierung. Die ein Jahr später ausgelösten umfangreichen Änderungen durch IFRS 16 (Leasingbilanzierung) führten bei vielen Unternehmen zu einem durchaus beachtlichen Anstieg des EBIT. Solche Effekte, die nicht ökonomisch begründet sind, sondern sich auf die Umstellung der Bilanzierungsmethodik zurückführen lassen, sollten im Kaufvertrag adressiert werden, um spätere Überraschungen zu vermeiden. Auch bei der Würdigung von Klauseln über höhere Gewalt (force maieure-Klauseln), die im Falle schwerwiegender unvorhergesehener und außerhalb der Kontrolle der Vertragsparteien liegender Umstände (Corona Pandemie?) Kennzahlen eines Earn-Out beeinflussen, kann das Rechnungslegungssystem eine Rolle spielen.
 

Vorläufige Kaufpreisallokation und Post-Merger-Integration

Käufer sollten sich zudem vor der Vertragsunterzeichnung bereits Gedanken darüber machen, wie sich die Finanzberichterstattung nach dem Closing verändern wird. Das betrifft zum einen die Abbildung der M&A-Transaktion beim erwerbenden Unternehmen selbst. In dem Zusammenhang empfiehlt sich, eine vorläufige Kaufpreisallokation (Pre-PPA) durchzuführen, um die sich ergebenden Auswirkungen für das Bilanzbild frühzeitig transparent zu machen.


Nach erfolgreichem Abschluss der Transaktion steht zum anderen die Integration des Transaktionsprojektes an (sog. Post-Merger-Integration). In dem Zusammenhang können auch etwaige Veränderungen der Rechnungs­legung erforderlich sein, bspw. wenn sich die bislang angewendeten Rechnungslegungsnormen von erworbenem und erwerbendem Unternehmen unterscheiden. Eine mögliche Umstellung der Rechnungslegung z.B. auf IFRS hat neben einer fachlichen Ebene (inkl. notwendiger Schulungen der Mitarbeiter) auch für den Erfolg sehr wichtige prozessuale und IT-seitige Aspekte zu berücksichtigen. Hier lohnt es sich, sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinanderzusetzen.
 

Fazit

Im M&A-Prozess wird die Bedeutung der Rechnungslegung häufig unterschätzt, obwohl sie durchaus einen kritischen Erfolgsfaktor darstellt. So sollte bereits bei der Due Diligence der Einfluss der angewandten Bilanzierungsmethoden auf die ermittelten Finanzkennzahlen analysiert werden. Auch bei der Definition von Earn-out-Klauseln und der Vorbereitung der Post-Merger-Integration kann die frühzeitige Berücksichtigung rechnungslegungsbezogener Auswirkungen der Transaktion Erfolgsgarant einer gelungenen Umsetzung ohne Überraschungen sein.​

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