Gestaltungsfragen und Best Practice bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 22. Oktober 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen sind in einer globalisierten Wirtschaftswelt längst keine Seltenheit mehr. Sie eröffnen Zugang zu neuen Märkten und Technologien, ermöglichen Skaleneffekte und stärken die Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig sind sie eine komplexe rechtliche, steuerliche, finanzielle und nicht zuletzt organisatorische Herausforderung. Dieser Beitrag bündelt zentrale Gestaltungsfragen von der Rechtswahl über die Due Diligence und Strukturierung bis hin zu Steuern und dinglichem Vollzug – praxisorientiert und rechtsordnungsübergreifend.

1. Team​​

Da sich im Rahmen einer grenzüberschreitenden Transaktion Rechtsfragen unterschiedlicher Rechtsordnungen stellen, ist eine Zusammenarbeit von Teams verschiedener Jurisdiktionen und Disziplinen unverzichtbar.​

Grenzüberschreitende Transaktionen erfordern ein integriertes Team bestehend aus einer federführenden, koordinierenden Projektführung (Lead Counsel) und den lokal eingeschalteten Anwälten (Local Counsel), um materielle Unterschiede der Rechtsordnungen, formale Anforderungen und Marktpraktiken effizient zu harmonisieren. Der Lead Counsel sorgt für einheitliche Steuerung, Konsistenz der Dokumentation und stringente Maßstäbe in der Due Diligence; Local Counsels sichern die Compliance mit lokalem Recht und Behördenpraxis.

Best Practice: Definieren Sie bereits in der Vorbereitungsphase klare Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen Lead Counsel und Local Counsel. Etablieren Sie einheitliche Reporting-Standards und regelmäßige Abstimmungsformate, um Informationsverluste und Doppelarbeiten zu vermeiden.

2. Anwendbares Recht

Direkt zu Beginn der Transaktion stellt sich eine wichtige Gestaltungsfrage, welche bei Transaktionen auf nationaler Ebene keine Rolle spielt, und zwar die des anwendbaren Rechts (sog. Vertragsstatut).

Für die schuldrechtlichen Teile des Unternehmenskaufvertrags erlaubt die Rom I Verordnung eine weitreichende Rechtswahl, ohne dass ein enger Sachbezug erforderlich ist. Zugleich sind Grenzen zu beachten, etwa zwingendes Binnenrecht bei Inlands- oder Binnenmarktsachverhalten sowie Arbeitnehmer- und Mitbestimmungsrechte.

Best Practice: Wählen Sie frühzeitig ein Vertragsstatut, das beiden Parteien vertraut ist und eine ausgewogene Balance zwischen Flexibilität und Rechtssicherheit bietet. Prüfen Sie dabei zwingend die Grenzen der Rechtswahl, insbesondere bei arbeitsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Aspekten.

3. Due Diligence

Auf den ersten Blick unterscheidet sich eine internationale Due Diligence verschiedener Gesellschaften grundsätzlich nicht von einer Due Diligence auf nationaler Ebene.

Prüfungsinhalte in den Bereichen Corporate, Contracts, IP/IT, Regulatorik, Arbeitsrecht, Litigation, Real Estate und Steuern bleiben zwar gleich, müssen aber auf die lokalen Gesetze und Besonderheiten angepasst werden. Querschnittsrisiken wie Kartellrecht, Sanktionen und Korruption/Compliance sind dagegen in der Regel für alle geprüften Unternehmen bzw. die ganze Unternehmensgruppe zu analysieren, da sie unabhängig vom lokalen wirtschaftlichen Gewicht haftungs- und reputationsrelevant sein können.

Die Berichtsarchitektur – länder- versus themenbasiert – sollte mit der Geschäftsführung sowie etwaigen Finanzierungspartnern und Versicherern (W&I) abgestimmt sein.

Best Practice: Entwickeln Sie einen einheitlichen Due-Diligence-Fragenkatalog, der länderspezifisch angepasst wird. Priorisieren Sie Jurisdiktionen nach wirtschaftlicher Bedeutung, aber vernachlässigen Sie Compliance-Risiken auch in kleineren Einheiten nicht. Klären Sie frühzeitig die gewünschte Berichtsstruktur mit allen Stakeholdern ab.

4. Transaktionsstruktur und dinglicher Vollzug

Bei internationalen M&A-Transaktionen sind die Assets, Verträge und Mitarbeiter oft über mehrere Jurisdiktionen verteilt. Das spricht für ein zweistufiges Setup: Ein umfassender Rahmenvertrag regelt sämtliche Eckpunkte der Transaktion in einem Framework Agreement/Umbrella Agreement, welcher nach kollisionsrechtlichen Grundsätzen ein hohes Maß an Flexibilität bezüglich des anwendbaren Rechts bietet. Und lokale Umsetzungsverträge (Local Implementation Schedules) setzen den Vollzug nach zwingendem lokalen Sach- und Formrecht um, einschließlich Registereintragungen, notarieller Formen und behördlicher Genehmigungen.

Auch hier ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Lead Counsel und Local Counsel essenziell, da die lokalen Umsetzungsverträge vor Unterzeichnung des Rahmenkaufvertrags zwischen den Teams abgestimmt werden müssen.

Der dingliche Vollzug – die tatsächliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Vermögensgegenständen und Rechten – unterliegt strengen lokalen Formvorschriften, die nicht durch Rechtswahl abbedungen werden können. Je nach Jurisdiktion sind unterschiedliche Schritte erforderlich: Eintragungen in Handels- und Grundbüchern, notarielle Beurkundungen, behördliche Genehmigungen (z.B. Kartellfreigaben, Investitionsprüfungen), Zustimmungen Dritter (z.B. bei Change-of-Control-Klauseln) sowie die Erfüllung von Informations- und Konsultationspflichten gegenüber Arbeitnehmervertretungen. Die Timing-Koordination zwischen verschiedenen Jurisdiktionen ist dabei kritisch, insbesondere wenn wirtschaftliches und rechtliches Closing zeitlich auseinanderfallen oder ein simultaner Vollzug in mehreren Ländern erforderlich ist.

Best Practice: Nutzen Sie die zweistufige Struktur aus Rahmenvertrag und lokalen Implementation Schedules, um einerseits einheitliche Standards zu setzen und andererseits lokale Besonderheiten abzubilden. Erstellen Sie einen detaillierten Closing-Ablaufplan mit allen erforderlichen Vollzugsschritten pro Jurisdiktion und identifizieren Sie kritische Pfade. Koordinieren Sie die Dokumentation parallel, nicht sequenziell, und bereiten Sie alle Closing-Dokumente vollständig vor, um Verzögerungen zu vermeiden.

5. Vollmachten und Vertretungen

Die Wirksamkeit von Erklärungen steht und fällt mit ordnungsgemäßer Vertretung. Hierbei sind lokale Vorgaben zu beachten, die sogar in den europäischen Ländern je nach Gebrauchsort bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort des Vollmachtgebers teilweise sehr unterschiedlich ausfallen. Form und Nachweise – Notarisierung, Apostille, Legalisation und Übersetzungen – sind pro Jurisdiktion zu bestimmen. Organschaftliche Vertretung richtet sich nach dem jeweiligen Gesellschaftsstatut.

Best Practice: Erstellen Sie frühzeitig eine Übersicht aller erforderlichen Vollmachten und deren Formvorschriften für jede beteiligte Jurisdiktion. Planen Sie ausreichend Zeit für Notarisierungen, Apostillierungen und behördliche Verfahren ein – diese können mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Prüfen Sie die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner auf beiden Seiten sorgfältig.

6. Steuern

Auch aus steuerlicher Sicht ergeben sich bei internationalen Transaktionen besondere Herausforderungen. Die steuerliche Strukturierung beeinflusst maßgeblich die Wirtschaftlichkeit der Transaktion und erfordert eine ganzheitliche Betrachtung aller beteiligten Jurisdiktionen.

Zentrale Aspekte sind die steuerliche Qualifikation der Transaktion (Asset Deal vs. Share Deal), Verrechnungspreise bei konzerninternen Transaktionen, die Behandlung von Verlustvorträgen und steuerlichen Rückstellungen sowie potenzielle Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den beteiligten Staaten sind zu analysieren, um Mehrfachbesteuerung zu vermeiden. Besondere Aufmerksamkeit erfordern außerdem die Wegzugsbesteuerung bei Sitzverlegungen, Umstrukturierungsmaßnahmen vor oder nach Closing sowie mögliche steuerliche Risiken aus der Vergangenheit, die im Rahmen der Tax Due Diligence aufzudecken sind.

Bei Carve-Out-Situationen sind zudem die steuerlichen Folgen der Ausgliederung zu prüfen, insbesondere hinsichtlich verdeckter Gewinnausschüttungen und der steuerlichen Einordnung von Verrechnungspreisen für Shared Services. Auch die Finanzierungsstruktur der Transaktion – ob durch Eigenkapital, Fremdkapital oder hybride Instrumente – hat erhebliche steuerliche Auswirkungen auf die Zinsabzugsfähigkeit und die effektive Steuerbelastung.

Best Practice: Binden Sie Steuerberater mit internationaler Expertise bereits in der Strukturierungsphase ein. Modellieren Sie verschiedene Strukturvarianten und deren steuerliche Auswirkungen auf Käufer- und Verkäuferseite. Sichern Sie steuerliche Risiken durch geeignete Garantien und Freistellungen im Kaufvertrag ab und prüfen Sie die Möglichkeit von Tax Rulings oder Clearance-Verfahren bei komplexen Sachverhalten.


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