Compliance im Fokus chinesischer Behörden: Einführung von Black-Lists

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von Dr. Martin Seybold

   

Mit Wirkung ab 1. April 2016 tritt die neue Verwaltungsvorschrift der chinesischen State Administration for Industry and Commerce (SAIC) „Interim Administrative Measures for the List of Dishonest Enterprises Committing Serious Illegalities” in Kraft. Die Vorschrift enthält Regelungen zur Einführung eines sogenannten Blacklisting-Systems. Hiernach wird die jeweils zuständige AIC ermächtigt, Unternehmen in Fällen bestimmter Gesetzesverstöße auf eine schwarze Liste zu setzen und selbständig oder in Kooperation mit anderen Behörden Sanktionen zu verhängen.


Voraussetzungen für eine Eintragung in die schwarze Liste

Die neue Verwaltungsvorschrift enthält eine Aufzählung von zehn Fällen, in denen die AIC ein Unternehmen auf die schwarze Liste setzen kann. Diese Fälle umfassen folgendes:
  • Verstöße gegen gesetzliche Veröffentlichungspflichten und diesbezüglich bestehende Eintragung in der „List of Enterprises with Abnormal Business Operation” seit mehr als drei Jahren;
  • Aberkennung der Gesellschaftsregistrierung wegen Einreichung gefälschter Dokumente oder anderer betrügerischer Darstellungen;
  • Planung, Unterstützung oder Betrieb eines Geschäftsmodells in Form eines sogenannten Schneeballsystems (im Falle von Unterstützungsleistungen ist erforderlich, dass die Gesellschaft innerhalb von zwei Jahren dreimal in diesem Zusammenhang behördlich sanktioniert wurde);
  • Verletzung von Vorschriften im Zusammenhang mit Geschäftsaktivitäten ohne feste Einrichtung (bspw. Haustürgeschäfte) und diesbezüglich dreimalige behördliche Sanktionierung innerhalb von zwei Jahren;
  • Vornahme unerlaubter Wettbewerbshandlungen (u. a. Bestechung, Verletzung von IP-Rechten, irreführende Werbung, Verletzung von Geschäftsgeheimnissen) und diesbezüglich dreimalige behördliche Sanktionierung innerhalb von zwei Jahren;
  • Körper- oder Gesundheitsverletzungen von Kunden durch vertriebene Produkte oder erbrachte Dienstleistungen, die nicht gesetzlichen Anforderungen enstprechen, und diesbezüglich dreimalige behördliche Sanktionierung innerhalb von zwei Jahren;
  • Veröffentlichung irreführender Werbung (u. a. unwahre Aussagen, Anpreisung nicht existierender Produkte oder Dienstleistungen) und diesbezüglich dreimalige behördliche Sanktionierung innerhalb von zwei Jahren oder hierdurch verursachte Körper- oder Gesundheitsverletzungen bzw. Hervorrufen anderer schwerwiegender nachteiliger Folgen;
  • Verletzungen von Markenrechten und diesbezüglich zweimalige behördliche Sanktionierung innerhalb von fünf Jahren;
  • Behördliche Anordnung zur Geschäftsaufgabe als Warenzeichenmakler;
  • Weitere von der SAIC zu definierende Fälle schwerer Verstöße gegen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften.


Konsequenzen einer Eintragung in die schwarze Liste

Hinsichtlich der Konsequenzen einer Eintragung in die schwarze Liste, enthält die neue Verwaltungsvorschrift eine Reihe von Maßnahmen, welche die AIC ergreifen kann. So ist die AIC zunächst berechtigt, die Überwachung und Überprüfung gelisteter Unternehmen zu verschärfen und Geschäftsaktivitäten genauer zu kontrollieren. Daneben ist es Legal Representatives sowie anderen leitenden Personen einer auf der schwarzen Liste eingetragenen Gesellschaft untersagt, Ämter in anderen Gesellschaften auszuüben. Dies bedeutet in der Praxis, dass aktuell ausgeübte Ämter in anderen Gesellschaften im Falle einer Aufnahme in die schwarze Liste niedergelegt werden müssen. Weiter ist die AIC berechtigt, bei einer Eintragung in die schwarze Liste die Ausstellung offizieller Referenzschreiben zu verweigern sowie Verstöße im Rahmen einer Eintragung in das sog. „Enterprise Credit Information Publicity Systems” öffentlich zu machen.

Neben isolierten Maßnahmen der AIC können gelistete Unternehmen auch Gegenstand weitergehender Sanktionen durch andere Behörden sein. Grundlage dieser weiteren Sanktionsmöglichkeiten ist das im vergangenen September von insgesamt 38 der wichtigsten chinesischen Behörden unterzeichnete „Memorandum of Collaborative Supervision and Joint Sanctions on Dishonest Enterprises”. Hiernach ist es der AIC möglich, zur Sanktionierung von Unternehmen mit anderen Behörden zu kollaborieren. So kann die AIC beispielsweise veranlassen, dass gelisteten Gesellschaften Kredite chinesischer Banken versagt werden, folglich die Finanzierung erschwert wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Gesellschaften von öffentlichen Vergabeverfahren und Beschaffungsaufträgen auszuschließen und hierdurch Geschäftsbeziehungen zu staatlichen Unternehmen zu unterbinden. Auch der Erwerb von Landnutzungsrechten, die Ausübung bestimmter Onlinedienstleistungen, der Erwerb erforderlicher Sicherheits- oder Produktlizenzen sowie die Ausübung von Im- und Export-Aktivitäten können erheblich gestört werden.


Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Klar wird, dass ein Eintrag in die schwarze Liste der AIC sich erheblich negativ auf den täglichen Geschäftsbetrieb einer Gesellschaft auswirken kann. Bereits eine striktere Kontrolle durch die AIC kann in der Praxis zu Störungen im Geschäftsablaufs führen. Unternehmen, die mit sog. State Owned Enterprises, also staatlichen chinesischen Gesellschaften oder Institutionen in Geschäftsbeziehungen stehen, können indes vor weitaus größere Probleme gestellt werden. Auch für Legal Representatives und andere leitende Manager kann ein Eintrag in die schwarze Liste mit erheblichen Konsequenzen einhergehen, wenn Positionen in anderen chinesischen Gesellschaften niedergelegt werden müssen. Über die oben dargestellten Maßnahmen hinaus sind ebenfalls weitere behördliche Konsequenzen denkbar. Grundsätzlich müssen sich Unternehmen, die auf die schwarze Liste der AIC gesetzt werden darauf einstellen, dass sämtliche Prozesse, welche irgendeine Art von behördlicher Registrierung, Erlaubnis oder sonstiger Unterstützung bedürfen, erheblich verkompliziert werden. Vor diesem Hintergrund ist sicherzustellen, dass Unternehmen über ein effektives Compliance System verfügen oder sich eingehend mit der Implementierung eines Systems auseinandersetzen, um derartigen Verstößen vorzubeugen. Ferner lässt sich anhand der dargestellten Fallgruppen gut erkennen, welche Art von Verstößen derzeit unter speziellem Fokus der chinesischen Behörden stehen.​

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