Umsatzsteuerrechtliche Neuregelung bzgl. der Regelbesteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben seit dem 01.01.2022

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veröffentlicht am 19. Januar 2022


Eine Vielzahl an Kommunen sind in Besitz von gemeindeeigenen Waldflächen, aus denen heraus sie regelmäßig oder zumindest gelegentlich – zum Beispiel im Rahmen der Durchforstung – Holz und damit forstwirtschaftliche Erzeugnisse i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG verkaufen.


Bereits nach der (alten) Rechtslage des § 2 Abs. 3 UstG a.F. – und insoweit auch im Hinblick auf die Neuregelung des § 2b UStG – sind jPdöR mit ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wirtschaftlich tätig. Damit sind sie grundsätzlich als Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG zu qualifizieren.


Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG

Das Umsatzsteuergesetz sieht für Umsätze, die aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben erzielt werden, i.d.R. eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG vor. Im Rahmen dessen sind sie weitgehend von den geltenden Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten anderer Unternehmer für die Umsatzsteuer befreit. Hinsichtlich der Durchschnitts- bzw. Pauschalbesteuerung werden Durchschnittssätze sowohl für die Umsatzsteuer als auch für die Vorsteuerbeträge festgesetzt. Für den Verkauf von forstwirtschaftliche Erzeugnisse i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG können kommunale Land- und Forstbetriebe derzeit beispielsweise einen Steuersatz von 5,5% in Rechnung stellen. Gleichzeitig können sie hierauf die Vorsteuer in gleicher Höhe in Abzug bringen, so dass – aufgrund dessen, dass sich die Umsatzsteuer und Vorsteuer ausgleichen – keine Zahllast entsteht und grundsätzlich keine Steuer an das Finanzamt abzuführen ist. Dies hat zur Folge, dass diesbezüglich weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Umsatzsteuererklärungen abgegeben werden mussten.


Auf die Anwendung der Durchschnittsbesteuerung kann gegenüber dem Finanzamt aber ebenso verzichtet werden (§ 24 Abs. 4 UStG). Ein solcher Verzicht kommt nach unserem Dafürhalten aber nur in Betracht, wenn die kommunalen Land- und Forstbetriebe – z.B. aufgrund von anstehenden Investitionen – höhere Aufwendung und in der Folge ein sog. Vorsteuerüberhang zu erwarten ist.


Neuerungen bzgl. der Pauschalbesteuerung

Bereits im Jahr 2021 hat der Gesetzgeber die Neuregelung der Durchschnitts- bzw. Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG beschlossen. Demnach ist die Besteuerung nach Durchschnittssätzen seit dem 01.01.2022 nur noch land- und forstwirtschaftlichen Betrieben vorbehalten, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 600.000 € nicht überschritten hat.


Zur Definition und zum Umfang des in § 24 UStG nunmehr genannten Gesamtumsatzes wird auf die sonst für Kleinunternehmer geltende Regelung des § 19 Abs. 3 UStG verwiesen. Demzufolge setzt sich der Gesamtumsatz aus der Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzüglich der Umsätze die nach § 4 Nr. 8 lit. i), Nr. 9 lit. b) und Nr. 11 – 29 UStG steuerfrei sind (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 UStG) zusammen.


 Wichtig ist hierbei insbesondere, dass es sich um eine Nettoumsatzgrenze handelt und die Umsatzsteuer daher bei der Berechnung nicht berücksichtigt wird. Mit einzubeziehen sind dagegen Umsätze, die außerhalb des LuF-Betriebs erzielt werden, d.h. auch alle außerlandwirtschaftlichen bzw. -forstwirtschaftlichen Einnahmen. Steuerfreie Umsätze gehören – ebenso wie nichtsteuerbare Umsätze (z.B. echte Zuschüsse i.S.d. Abschn. 10.2 VII ff. UStAE) – allerdings nicht dazu und sind dementsprechend wieder abzuziehen.


Folgen für die Kommunen

Die Gesetzesänderung des § 24 UStG gilt erstmalig für den Besteuerungszeitraum 01.01.2022 bis 31.12.2022 und somit vor dem obligatorischen Inkrafttreten des § 2b UStG zum 01.01.2023. Insoweit ist das Überschreiten der Umsatzgrenze für diesen Zeitraum weiterhin in Abhängigkeit der derzeit vorliegenden BgA bzw. LuF-Betriebe der Kommunen zu beurteilen, weshalb einige Kommunen – zumindest in den Jahren 2022 und 2023 – noch nicht von der Gesetzesänderung des § 24 UStG betroffen sind.


Jedoch spätestens mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 2b UStG und der damit korrespondierenden Ausweitung der umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Umsätze juristischer Personen des öffentlichen Rechts ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Anwendung der Pauschalierung für viele Kommunen nicht mehr möglich sein wird.


Dies hat zur Folge, dass zukünftig die ausgewiesene Umsatzsteuer in den jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. der Jahreserklärung anzugeben und an den Fiskus abzuführen ist. Gleichzeitig kann seitens der Kommunen die Vorsteuer auf die damit zusammenhängenden bezogenen Leistungen geltend gemacht werden. Durch den Wechsel der Besteuerungsform von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG zur Regelbesteuerung kommt es zudem zu einer Änderung der Verhältnisse, weshalb des Weiteren die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 7 UStG zu berücksichtigen ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Bagatellgrenze des § 44 UStDV (Vorsteuerbeträge > 1.000 €) überschritten sind. Wurde beispielsweise in den Vorjahren ein einheitlicher Gegenstand (z.B. Unimog) sowohl für den land- und forstwirtschaftlichen als auch für den unternehmerischen Bereich der Kommune angeschafft und wurde für Umsätze, die der Regelbesteuerung unterlagen, ein anteiliger Vorsteuerabzug bereits geltend gemacht, führt die Änderung der Verhältnisse zu einer zeitanteiligen Vorsteuerberichtigung, soweit der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.


Handlungsempfehlungen

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir frühzeitig zu prüfen, ob die definierten Gesamtumsatzgrenzen bereits im Jahr 2021 überschritten worden sind und somit schon jetzt Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten innerhalb des LuF-Betriebs zu berücksichtigen sind.


 Darüber hinaus empfiehlt es sich die von der Neuerung betroffenen und verantwortlichen Mitarbeiter im Hinblick auf die zukünftigen Auswirkungen zu schulen und gegebenenfalls mit Arbeitshilfen u.Ä. zu versorgen, sowie Prozesse zu implementieren, die auch dahingehend die richtige und vollständige Abgabe von Voranmeldungen und Steuererklärungen gewährleisten.


Sofern Sie im Hinblick auf die Auswirkungen der Neuregelungen der §§ 2b und 24 UStG bei der Umsetzung und deren Sicherstellung Fragen haben oder Hilfe benötigen, kommen Sie gerne auf uns zu. Wir unterstützen Sie diesbezüglich gerne und freuen uns über Ihre Anfrage.

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Maik Gohlke

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt

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