Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz – Viel Zeit und wenig Neues zur Energiewende im Gebäudesektor

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Mit dem neuen „ersten” Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes sollen die gebäudeenergetischen Regelwerke zusammengeführt und vereinheitlicht werden. Dabei enthält der Entwurf bis auf die formale Zusammenführung des EEWärmeG, EnEG und der EnEV wenig Neues, sondern – zum Beispiel mit der Anpassung der Primärenergiefaktor-festlegungen – eher neue Probleme für die Gebäudeenergiewirtschaft.

 

Vor fast zwei Jahren lag bereits der Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes zur Vereinheitlichung der gebäudeenergetischen Anforderungen vor, der zum 1. Januar 2018 in Kraft treten sollte. Nach koalitionsinternen Streitigkeiten und der mit den Bundestagswahlen einhergehenden monatelangen Regierungsbildung veröffentlichten die federführenden Ministerien für Bau und Energie nun am 1. November 2018 erneut einen „ersten Entwurf” des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (Gebäudeenergiegesetz – GEG).


Darin fasst der Gesetzgeber die bisherigen Regelwerke des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG), Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) und der Energieeinsparverordnung (EnEV) in einem Gesetz zusammen, ohne dabei wesentliche neue energieumweltpolitische Impulse durch eine Anpassungen der energetischen Vorgaben für Gebäude an die ambitionierten nationalen und europäischen Klima- und Umweltschutzziele vorzunehmen.


Heftige Kritik daran äußert deshalb unter anderem der Verband Deutsche Umwelthilfe (DHU), der zufolge vor allem der für die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie entscheidende Niedrigstenergiegebäude-Standard weit hinter den aus Klimaschutzsicht erforderlichen Richtwerten zurückbleibt. Tatsächlich wird mit dem jetzigen Niedrigstenergiestandard eine Grenze von 56 kWh pro Quadratmeter jährlich festgelegt, wohingegen die EU-Kommission mit 30 kWh pro Quadratmeter weitaus ambitioniertere Werte anstrebt. Nachdem eine Verabschiedung des Gesetzes noch in diesem Jahr wohl ausgeschlossen werden kann, muss der Standard für öffentliche Nichtwohngebäude rückwirkend zum Jahresbeginn 2019 eingeführt werden, um der Verpflichtung aus der EU-Gebäuderichtlinie zur Sicherstellung, dass alle neue Gebäude als Niedrigstenergiegebäude gebaut werden, fristgerecht nachzukommen.


Für Fernwärmeunternehmen und -abnehmer könnte die Einführung einer neuen Berechnungsmethode für die Bestimmung des Primärenergiefaktors zu Problemen führen: Der Primärenergiefaktor ist eine wichtige Kennzahl zur Erfüllung der gesetzlichen Energiestandards eines Gebäudes. Der Primärenergiefaktor soll eine Aussage über das Verhältnis von eingesetzter Primärenergie und nach Transport und Umwandlung verbleibende Nutzenergie treffen. Neben seiner Funktion als Kennzahl für einen energetischen Standard, vermittelt der Primärenergifaktor eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher energetischer Maßnahmen, wie z.B. passive Maßnahmen (Dämmung) und aktive Maßnahmen (z.B. Kraft-Wärme-Kopplung als effizientere Energieerzeugung) verschiedener energetischer Maßnahmen. Über die Ermittlung des Primärenergiefaktors für die verschiedenen energetischen Maßnahmen des GEG und deren Gewichtung, wird deshalb im Hintergrund heftig gestritten.


Nach § 22 Abs. 2 GEG-RegE soll bei der Ermittlung des Fernwärme-Primärenergiefaktors nun grundsätzlich die Carnot-Methode anstelle der bislang üblichen Stromgutschriftmethode anzuwenden sein, was für viele Fernwärmenetze zu einem erhöhten Wert führen würde. Dies führt nicht nur zu einer unnachvollziehbaren herabgesetzten Bewertung von hocheffizienter und vor allem KWK-Bereich umweltfreundlicher Fernwärme in der Energieversorgungswirtschaft und damit zu einer sich verschlechternden Wettbewerbsfähigkeit vieler Fernwärmeunternehmen, sondern auch unmittelbar zu einer Verschlechterung des Gebäudeenergiestandards für die Verbraucher von Fernwärme, deren Vertrauen in eine ressourceneffiziente und klimafreundliche Energieversorgungsart irreversibel beschädigt würde.


Daran ändert auch die Übergangsregelung (§ 22 Abs. 3 GEG-Reg-E) für zuvor ermittelte Primärenergiefaktoren, deren Gültigkeit bis Ende 2024 bestehen bleiben kann, kaum etwas. Zum einen muss auch dieser Wert mindestens 0,3 betragen, wobei dieser je nach Höhe des Anteils an Erneuerbaren Energien oder Abwärme bis auf 0,2 weiter abgesenkt werden kann. Daher können sich selbst während des Übergangszeitraums Veränderungen in der wärmeenergetischen Bewertung eines Gebäudes ergeben, sodass schon der Begriff der „Übergangsregelung” im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten unpassend erscheint.


Zum anderen verkennt der Gesetzgeber augenscheinlich die Investitionszeiträume in ein bestimmtes Wärmeversorgungssystem für den Verbraucher, wobei insbesondere der Fernwärmebezug, aufgrund der sich erst nach langer Zeit refinanzierenden relativ hohen Anschlusskosten erst sehr langfristig finanziell für den Verbraucher lohnt.


Für Wärmeversorgungsunternehmen, deren Primärenergiefaktor sich durch die Neuregelung verschlechtert, stellen sich darüber hinaus unmittelbar Fragen hinsichtlich der Gewährleistung. Viele Fernwärmeunternehmen werben mit niedrigen Primärenergiefaktoren, die die Umsetzung der bisher bereits durch die EnEV geforderten Anforderungen an Gebäude garantieren. Soweit unter anderem auch dadurch der Primärenergiefaktor, der gelieferten Energie zur vereinbarten Eigenschaft der Fernwärme geworden ist, kann hierdurch ein Sachmangel entstehen, der Minderungsansprüche oder in Folge regelmäßiger Unmöglichkeit der Nachbesserung Kündigungsrechte mit sich bringt.


Darüber hinaus ist der Primärenergiefaktor häufig Grundlage immobilienwirtschaftlicher Förderprogramme auf Bundes- Landes- und Kommunal-Ebene. Insbesondere im sozialen Wohnungsbau, aber auch flächendeckende Einzelhausprogramme wie das Förderprogramm „Energieeffizientes Bauen” der KfW, werden hier Millionenbeträge auf der Grundlage des Primärenergiefaktors ausgereicht, sodass Verschlechterungen auch zu Fördermittelrücknahmen und entsprechenden Schadensersatzansprüchen führen können. Insoweit bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber hier seine Hausaufgaben, die Energiewende im Gebäudesektor einfacher zu machen und neue Impulse setzt bis zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens noch erledigen wird.

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