Striktere Haftung eines Mitgliedes des Vertretungsorgans

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​Die seit dem 1. Januar 2021 wirksame Novelle des Handelsgesellschaftsgesetz der Tschechischen Republik bringt eine Reihe an Änderungen mit sich, die das Vertretungsorgan eines Unternehmens mit Blick auf seine Haftung und seine Pflichten im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes kennen sollte. Eine primäre Pflicht des Vertretungsorgans – die nicht unterschätzt werden sollte – besteht in einer Überarbeitung des Gründungsdokumentes der Gesellschaft so, damit dieses mit den Buchstaben des Gesetzes in Einklang steht. Sollten Bestimmungen des Gründungsdokumentes mit zwingenden Bestimmungen der gegenständlichen Novelle im Widerspruch stehen, verlieren solche Bestimmungen zum 1. Januar 2021 ihre Wirksamkeit.

 

Die Novelle des Handelsgesellschaftsgesetzes der Tschechischen Republik bedeutet erhebliche Änderungen im Bereich der Haftung eines Mitgliedes des Vertretungsorgans und der Folgen einer Verletzung seiner Pflichten. Nach der bisherigen, bis zum 31. Dezember 2020 gültigen rechtlichen Regelung gilt u.a., dass ein Gericht auch ohne Antrag über den Ausschluss eines Mitgliedes eines Vertretungsorgans von seinem Amt entscheiden kann, sofern das Gericht davon Kenntnis erlangt, dass das Mitglied des Vertretungsorgans in den vergangenen 3 Jahren wesentlich, zugleich aber auch wiederholt seinen Pflichten im Zusammenhang mit der Ausübung des Amtes nicht nachgekommen ist. Für den Ausschluss eines Mitgliedes eines Vertretungsorgans war bisher erforderlich, dass beide Bedingungen erfüllt sind.

 

Neu wird jedoch genügen, dass die Verletzung von Pflichten entweder wesentlich und einmalig, oder wiederholt – ungeachtet der Wesentlichkeit – erfolgt. Somit können auch weniger wesentliche Verfehlungen eines Mitgliedes des Vertretungsorgans ein Grund für eine Disqualifizierung sein, sofern diese häufigerer Natur sind. Es ist zu unterstreichen, dass für eine Disqualifizierung eines Mitgliedes des Vertretungsorgans nicht maßgeblich ist, ob der Gesellschaft durch die Pflichtverletzung ein Schaden entsteht oder die Gesellschaft hierdurch in Insolvenz gerät. Eine Beurteilung dessen, ob es bestimmtes Handeln als wesentliche Verletzung einer Pflicht gewertet werden muss, ist von den Umständen des konkreten Falls und den spezifischen Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen des jeweiligen Mitgliedes des Vertretungsorgans abhängig. Einen Antrag auf Aufnahme eines Verfahrens kann eine Person stellen, die ein berechtigtes Interesse an dem Ausschluss des Mitgliedes des Vertretungsorgans von seinem Amt hat. Sachlich legitimiert hierzu ist ohne Zweifel die Gesellschaft an sich, aber auch weitere Mitglieder des Vertretungsorgans, Mitglieder eines Kontrollorgans der Gesellschaft und deren Gesellschafter.

 

Die Gesetzesnovelle regelt die Folgen für Mitglieder von Vertretungsorganen im Falle von Insolvenzen. Für Mitglieder der Vertretungsorgane einer Gesellschaft, gegen die nach dem 1. Januar 2021 ein Insolvenzantrag gestellt wurde, gelten besondere Pflichten. Ein Gericht ist berechtigt auf Antrag des Insolvenzverwalters zu beschließen, dass ein Mitglied des Vertretungsorgans, das durch Verletzung seiner Pflichten zu einer Insolvenz der Gesellschaft beitrug, einen Vorteil in die Masse einbringt, den es aus einem Dienstvertrag erlangte, wie auch andere Vorteile, und dies für einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren rückwirkend vor Aufnahme des Insolvenzverfahrens. Die Novelle verschiebt somit den Zeitpunkt, ab dem die Herausgabe eines Vorteils des Vertretungsorgans berechnet wird, auf den Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages beim zuständigen Gericht – dieser bezieht sich also nicht auf die Rechtskraft des Insolvenzbeschlusses.

 

Die neue rechtliche Regelung gibt das Prinzip einer Haftung auf, welches in der Kompetenz des Gerichtes besteht, auf Antrag des Insolvenzverwalters zu beschließen, dass ein (ehemaliges oder aktuelles) Mitglied des Vertretungsorgans für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der insolventen Gesellschaft haftet, sofern es wusste und hätte wissen können, dass der Gesellschaft eine Insolvenz droht, und es zugleich den Grundsatz eines Handelns mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verletzte, da es nicht alles Erforderliche und vernünftig Erwartbare für deren Abwendung traf. Das Haftungsprinzip wird ersetzt durch eine durch den Insolvenzverwalter erhobene Klage auf Einzahlung ins Eigenkapital, eine sog. Klage auf „Ergänzung der Passiva“. Erklärt ein Gericht einen Konkurs über das Vermögen einer Gesellschaft, kann es entscheiden, dass ein Mitglied des Vertretungsorgans Leistungen in einer durch das Gericht bestimmten Höhe in die Masse einbringt. Diese Leistungen beschränken sich auf die Differenz zwischen der Summe der Verbindlichkeiten und dem Wert des Vermögens der Gesellschaft. Bei der Festlegung der Leistungshöhe berücksichtigt das Insolvenzgericht insbesondere, in welchem Maße die Pflichtverletzung des Mitgliedes des Vertretungsorgans zu der unzureichenden Masse beitrug. Eine Klage auf „Ergänzung der Passiva“ kann auch gegen mehrere Mitglieder des Vertretungsorgans gerichtet sein, die durch ihr Handeln zu der Insolvenz der Gesellschaft beitrugen. Das auf Grundlage der gegenständlichen Klage von den Mitgliedern der Vertretungsorgane erlangte Vermögen geht in die Masse ein und wird auf die Insolvenzgläubiger nach den Regeln des Insolvenzgesetzes aufgeteilt. Die Haftung der Mitglieder des Vertretungsorgans ist grundsätzlich solidarisch, ihnen wird also auferlegt, gesamtschuldnerisch Leistungen in die Masse zu erbringen. Sollte jedoch das Insolvenzgericht bei einzelnen Beklagten ein unterschiedliches Maß ihres Verschuldens bzw. weitere Umstände feststellen, findet dies seinen Niederschlag in der Entscheidung des Gerichtes und den Beklagten werden Leistungen in unterschiedlicher Höhe auferlegt.

 

Aus dem oben Angeführten folgt eine klare Verschärfung der Haftung von Mitgliedern der Vertretungsorgane bzw. der wichtigsten Folgen in Verbindung einer Verletzung von Amtspflichten. Der neuen, in der Tschechischen Republik geltenden rechtlichen Regelung sollten die Entscheidungsträger in Unternehmen daher eine entsprechende Aufmerksamkeit zuteil werden lassen.

Kontakt

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JUDr. Pavlína Vondráčková, Ph.D.

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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