Können Zusicherungen und Garantien in Unternehmenskaufverträgen den Käufer wirklich schützen?

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​​​​​​​​Das Obergericht in Prag hat in diesem Jahr für erhebliche Aufregung gesorgt und die M&A-Praxis neu justiert. Mit seinem Urteil vom 27. März 2025 unter dem Aktenzeichen 7 Cmo 21/2024 entschied es, dass bestimmte Zusicherungen und Garantien in Verträgen beim Verkauf eines Anteils an einer Handelsgesellschaft aufgrund Unbestimmtheit rechtlich keine Beachtung finden. Damit sprach das Gericht einem Großteil dieser Klauseln jegliche Rechtswirkung ab, obwohl solche Vereinbarungen seit Langem einen festen Bestandteil von Unternehmenskaufverträgen darstellen.


Hans-Ulrich Theobald, Lukáš Jirásek, Rödl & Partner Prag

Zur Natur von Zusicherungen und Garantien

Zusicherungen und Garantien (representations & warranties) bezeichnen traditionell eine Reihe von Erklärungen über bestimmte Tatsachen oder über das Nichtvorliegen bestimmter Mängel sowie die Zusicherungen ihrer Richtigkeit und gegebenenfalls ihrer Fortdauer. Damit verbunden ist die Zusage des jeweiligen Verkäufers, den Käufer im Falle einer Verletzung dieser Vereinbarungen in der vereinbarten Weise zu entschädigen, beispielsweise durch eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises oder durch Schadenersatz.

Solche Vereinbarungen erhöhen die Sicherheit des Käufers, dass sich die Transaktion nach ihrer Durchführung nicht als nachteilig herausstellt – etwa aufgrund von Umständen, die ihm beim Vertragsabschluss nicht bekannt waren oder auf deren Nichtvorliegen er sich verlassen hat. Sie gelten daher als bewährtes Instrument zur Minimierung des Transaktionsrisikos für den Käufer.

Hintergrund des Falls und Argumentation des Gerichts

Im vorliegenden Fall enthielt der Kaufvertrag, mit dem der Käufer einen Geschäftsanteil an der Gesellschaft erwarb, eine Erklärung, wonach die betreffende Gesellschaft keine Kreditverträge abgeschlossen habe und bei ihrer Geschäftstätigkeit keine gesetzlichen Vorschriften verletzt habe. Der Käufer behauptete, dass beide Erklärungen falsch seien, und leitete daraus sein Recht auf Zahlung einer Vertragsstrafe durch den Verkäufer ab.

Das Gericht wies jedoch die Anwendung der genannten Erklärungen (unter anderem) mit der Begründung ab, dass diese sich nicht auf den übertragenen Gegenstand (den Geschäftsanteil) oder den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft bezögen, sondern auf die Gesellschaft als solche. Da jedoch nach Auffassung des Gerichts die Rechte aus mangelhafter Leistung und Garantie nur auf den Gegenstand der Leistung bezogen werden können, führe dies zur Unbestimmtheit der betreffenden Erklärungen, die somit aus rechtlicher Sicht als nicht existent gelten.

Ablehnung der Schlussfolgerungen des Gerichtes

Sollte sich diese Schlussfolgerung des Gerichts durchsetzen, wären die meisten der gängigen Zusicherungen und Garantien nicht mehr geeignet, den Käufer zu schützen. Eine Entschädigung im Falle ihrer Verletzung wäre demnach nicht durchsetzbar. Eine solche Situation wäre für die M&A-Praxis äußerst problematisch, da Zusicherungen, Erklärungen und Garantien ein zentraler und unverzichtbarer Bestandteil von Unternehmenskaufverträgen sind.

Wir erachten die Schlussfolgerung des Obergerichts in Prag im Hinblick auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik für nicht zutreffend. Dieses vertritt seit Langem die Auffassung, dass bei Rechten aus mangelhafter Leistung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Handelsgesellschaft eine erweiterte Auslegung geboten ist, wonach der Gegenstand der Übertragung nicht nur den Anteil selbst, sondern auch die Gesellschaft und deren Geschäftsbetrieb umfasst.

Gerichtliche Entscheidungen haben in der Tschechischen Republik nicht die Qualität von Präzedenzfällen und sind daher nicht allgemein verbindlich. In der Praxis orientieren sich die Gerichte der unteren Instanzen bei ihren Entscheidungen jedoch häufig an der Argumentation der Gerichte höherer Instanzen aufgrund deren Überzeugungskraft. Aus diesem Grund ist der Formulierung von Zusicherungen und Garantien besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um den Gerichten eine fundierte Argumentation zu bieten, weshalb die oben genannten Schlussfolgerungen des Obergerichts in Prag nicht übernommen werden sollten und stattdessen ein bewährter und in der Praxis funktionierender Ansatz beibehalten werden kann.​

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