OLG Düsseldorf: Verhandlungsverfahren mit nur einem Unternehmen bleibt die Ausnahme

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Angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sollen Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juli 2017 – VII-Verg 13/17).

Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis

  • Sämtliche Ausnahmen vom vorrangig durchzuführenden offenen oder nicht offenen Verfahren (§ 119 Abs. 2 Satz 1 GWB) sind grundsätzlich eng auszulegen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes (§ 14 Abs. 4 VgV, § 3a EU Abs. 3 VOB/A) trägt der öffentliche Auftraggeber. Hierzu hat er stichhaltige Belege beizubringen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes ergibt.

 

  • Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung erfordert das objektive Fehlen von Wettbewerb. Die Ausnahmetatbestände sind auf Fälle beschränkt, in denen eine Veröffentlichung entweder aus Gründen extremer Dringlichkeit wegen unvorhersehbarer und vom öffentlichen Auftraggeber nicht zu verantwortender Ereignisse nicht möglich oder in denen von Anfang klar ist, dass eine Veröffentlichung nicht zu mehr Wettbewerb oder besseren Beschaffungsergebnissen führen würde.

 

  • Dies ist etwa der Fall, wenn objektiv nur ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in der Lage ist den Auftrag durchzuführen. Eine solche objektive Ausschließlichkeit darf nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst herbeigeführt werden.

 

  • Bestehen technische Gründe (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b VgV, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b VOB/A) für die Ausschließlichkeit, so sind diese genau zu beschreiben, nachzuweisen und zu dokumentieren (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 VgV, § 20 EU VOB/A). Technische Gründe könnten z.B. sein, dass es für ein Unternehmen technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen, oder dass es nötig ist, spezielles Wissen, besondere Werkzeuge oder Hilfsmittel zu verwenden, die nur einem einzigen Unternehmen zur Verfügung stehen, oder konkrete Anforderungen an die Interoperabilität, um das Funktionieren der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen zu gewährleisten.

 

  • Ob ein Auftrag aus technischen Gründen nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, hängt entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstandes und der Leistungsbestimmung seiner technischen Spezifikationen ab. Führt diese Bestimmung des Auftragsgegenstandes dazu, dass der Auftrag nur von einem einzigen Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, so darf (1.) es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung geben und (2.) der mangelnde Wettbewerb darf nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter sein (§ 14 Abs. 6 VgV, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 VOB/A).

 

  • Eine Leistungsbestimmung, die nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV und § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zu einem völligen Wettbewerbsverzicht führt, bedarf einer größeren Rechtfertigungstiefe als eine solche, die unter Aufrechterhaltung des Vergabewettbewerbs im Ergebnis „nur” zu einer ausnahmsweise gestatteten hersteller- oder produktbezogenen Leistungsspezifikation führt (§ 31 Abs. 6 VgV, § 7 EU Abs. 2 VOB/A).

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  • ​15. Münchner Vergaberechtstag am 12. Juli 2018
  • 16. Nürnberger Vergaberechtstag am 6. Dezember 2018

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