Ein neuer Preisvergleich in der Wasserversorgung - Statistisches Bundesamt veröffentlicht Preisuntersuchung 2016

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​veröffentlicht am 17. Januar 2018

 

Trinkwasser-Flatrates in Deutschland – gibt es das Lebensmittel Nr. 1 jetzt auch schon zum Festpreis „frei Haus”? Eine Studie des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) legt dies nahe und leitet seine Pressemitteilung 462 vom 18. Dezember 2017 mit der Feststellung ein, dass im Jahr 2016 in 99 Tarifgebieten in Deutschland Trinkwasser für einen fixen Betrag zur Verfügung gestellt wurde. Doch auch ein Blick auf die weiteren Ergebnisse lohnt.

 

12.800 Einwohner mit „Trinkwasser-Flatrate”

Wer die deutsche Wasserversorgung kennt, der weiß: 99 Tarifgebiete sind nicht viel in der Landschaft der über 13.000 Tarifgebiete der Bundesrepublik. So ermittelt das Statistische Bundesamt in 0,016 Prozent aller Tarifgebiete seiner Untersuchung eine Flatrate bei der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Dies bedeutet, dass im Jahr 2016 ca. 12.800 Einwohner in Deutschland ohne weitere Leistungsdifferenzierung mit Trinkwasser beliefert und entsprechend abgerechnet wurden. Bezogen auf die insgesamt versorgte Bevölkerung ein verschwindend geringer Anteil.

 

Grundentgelte für Wasserversorger immer wichtiger

Die Flatrate spielt also kaum eine Rolle in der deutschen Wasserversorgung. Allerdings nahm den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes zufolge der Anteil von Grundentgelten als Ergänzung von verbrauchsabhängigen Entgelten zu. Und nicht nur die Anzahl derjenigen Versorger, die ein Grundentgelt zur Finanzierung ihrer Leistungen vorsahen, stieg. Auch die Bedeutung der mengenunabhängigen Preiskomponente nahm den Daten des Amtes zufolge zu. So stand einem Anstieg der Mengenentgelte zwischen 2014 und 2016 um durchschnittlich 1,9 Prozent1 eine Erhöhung des Grundentgelts um durchschnittlich 6,8 Prozent gegenüber. Wenngleich sich diese Entwicklung hin zu einer stärkeren Finanzierung der Leistungen über fixe Preisbestandteile aus Beraterperspektive unverändert langsam gestaltet, nimmt sie dabei doch Fahrt auf.

 

Tarifmodelle in der Wasserversorgung weitaus überwiegend mit Grund- und Leistungskomponente

Dabei werden bereits in 96 Prozent der aufgeführten Tarifgebiete Entgeltmodelle ermittelt, die neben einer zumeist mengenunabhängigen Tarifkomponente auch eine mengenabhängige Tarifkomponente enthalten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Versorgungsbedingungen öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet sind. Das Tarifmodell „ausschließlich Kubikmeterentgelt”, also ohne ein Grundentgelt, ist den Daten von DESTATIS zufolge indes auf dem Rückzug (< 3 Prozent).

 

 

 

Abb. 1: Die Grundentgeltanteile der Trinkwasserversorgung in Deutschland 

 

Dabei variieren die Grundentgeltanteile stark von Bundesland zu Bundesland. Ausgehend von einem deutschlandweiten Mittelwert von 33 Prozent für einen typischen Haushalt hat das Grundentgelt am Entgeltmodell in Berlin mit 10 Prozent den geringsten Anteil, in Sachsen dagegen werden im Mittel 52 Prozent der Leistungen von Wasserversorgern über Grundentgelte finanziert.
In der Tendenz zeichnet sich in den neuen Bundesländern ein vergleichsweise hoher Grundentgeltanteil ab, was mit dem vergleichsweise geringen spezifischen Wasserverbrauch in den Ländern korreliert.

 

Betrachtet man die Entwicklung zwischen 2014 und 2016, wurden die Grundentgelte insbesondere in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und im Saarland am deutlichsten angehoben. Der größte Aufholbedarf zeigt sich hier – ausgehend von historisch niedrigen Grundentgelten – in Baden-Württemberg.

 

Neben der Historie sind auch die Gesetzgebung und die Rechtsprechung maßgeblich für die Ausgestaltung der Tarifmodelle und der Entgelthöhe. Beispielsweise sieht das bayerische Kommunalabgabengesetz prominent vor, dass die Gebührenbemessung bei der Wasserversorgung dem schonenden und sparsamen Umgang mit Wasser zu dienen hat, was eher auf mengenabhängige Tarife denn auf Grundentgelte zutrifft. In Bezug auf die Entgelthöhe zeigen sich ebenfalls unterschiedliche Kalkulationsgrundlagen. Während in Baden-Württemberg zwingend die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Abschreibung zugrunde zu legen sind2, können in Bayern bei Abschreibungen entweder die Anschaffungs- und Herstellungskosten oder die Wiederbeschaffungszeitwerte zugrunde gelegt werden.

 

Bloßer Vergleich von Wasserentgelten hinkt – zwingend Struktur- und Kalkulationsbedingungen einbeziehen!

Richtigerweise verweist das Statistische Bundesamt darauf, dass die topografischen und geologischen Verhältnisse, die Siedlungsstruktur und die Sanierungsaufwendungen der Versorgungsinfrastruktur die Entgelthöhe beeinflussen. Faktoren, die in einfachen Preisvergleichen häufig gar nicht genannt werden. Zudem wird erwähnt, dass Bundesländer mitunter größere wasserwirtschaftliche Bau- oder Sanierungsprojekte subventionieren, um die Höhe der örtlichen Wasserentgelte zu begrenzen. Dieser Faktor und Einmalzahlungen wie zum Beispiel Erschließungsbeiträge bei Neubaumaßnahmen wurden in der Statistik des Bundesamtes nicht berücksichtigt. Auch Fördermittel aus Landeshaushalten werden in den erhobenen Entgelten nicht deutlich.

 

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1 Betrachtet für den „typischen Haushalt“ mit 89 m³ Jahresverbrauch (2,02 Personen mit einem Verbrauch von je 121 l/d).
2 Dieser Zwang gilt nur für öffentlich-rechtliche Versorgungsbedingungen.

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