D&O-Versicherungen: Absicherung bei Haftung des Aufsichtsrats

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zuletzt aktualisiert am 6. Juni 2018

Der Aufsichtsrat – gleich ob einer Aktiengesellschaft oder GmbH – ist das zentrale Überwachungs­organ der Geschäftsleitung. Seine Pflichten ergeben sich aus § 111 AktG, der über § 52 GmbHG auch für den Aufsichtsrat einer GmbH Anwendung findet, namentlich die Überwachung und Beratung der Geschäftsleitung in kollegialer Mitwirkung und Zusammenarbeit. Eng verknüpft mit den Pflichten des Aufsichtsrats ist seine Haftung, die sich an den Vorstandspflichten zur Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters orientiert (§§ 116, 93 AktG).


Für die Haftung des Aufsichtsrats als Kollegialorgan gilt der Grundsatz der Gesamtverant­wortung. Allerdings haftet nicht der Aufsichtsrat als Organ, sondern vielmehr seine einzelnen Mitglieder als Gesamtschuldner.
 
So haftet als Mitglied des Aufsichtsrats mit seinem gesamten Privatvermögen, wer wesentliche Pflichten schuldhaft verletzt, die für einen bei der Gesellschaft eingetretenen Schaden ursächlich gewesen sind. Auch fahrlässiges Verhalten kann dafür bereits ausreichen. Zwar wird die Sorgfaltspflicht im Grunde anhand eines Vergleichs zum gewissenhaften Kaufmann bemessen, allerdings wird stets die persönliche Quali­fika­tion des jeweils Handelnden mit einbezogen. In bestimmten Situationen erhöht sich die Pflicht zur Kontrolle und Beratung der Geschäftsleitung erheblich. Das ist z.B. der Fall, wenn sich eine negative wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft abzeichnet. Im Rahmen der Haftungsermittlung findet eine Beweislastumkehr statt, nach der das Aufsichtsratsmitglied den Nachweis zu erbringen hat, dass es die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen.
 
Möglich ist eine Haftung gegenüber der Gesellschaft (sog. Innenhaftung) sowie eine Haftung gegenüber Dritten, z.B. Aktionären, Gesellschaftern, Lieferanten, Kunden, Wettbewerbern oder Staat (sog. Außen­haftung).
 
Ob und inwieweit der Aufsichtsrat tatsächlich haftet, hängt ganz von der jeweiligen Ausgestaltung der Unter­nehmens­struktur ab, so dass sich eine generalisierende Betrachtung verbietet. Dennoch: ein genereller Haftungsausschluss ist für Aufsichtsratsmitglieder prinzipiell nicht möglich. Auch und gerade im Hinblick auf die geringere Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber Vorständen und Geschäfts­führern wird die Notwendigkeit des Absicherungsbedarfs augenfällig.
 

Versicherungsmöglichkeit: D&O-Versicherung

Aufsichtsräte können sich mit einer D&O-Versicherung („Directors´ & Officers´ Liability Insurance”) probat versichern lassen. Eine Pflicht zur Versicherung besteht nicht. Üblicherweise erfolgt der Abschluss der Versicherung bereits bei der Bestellung des Aufsichtsrats. Zuständig für den Abschluss sind die Geschäftsführer bzw. der Vorstand. Bei diesem Organhaftungsversicherungsvertrag schließt die Gesell­schaft als Versicher­ungsnehmerin zugunsten ihrer Aufsichtsräte eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ab.
 
Die D&O-Versicherung umfasst dabei die Deckungsprüfung, die Kosten einer gerichtlichen und außer­gerichtlichen Abwehr sämtlicher Haftpflichtansprüche sowie – sind diese festgestellt – auch den aufgrund der Pflichtverletzung zu bezahlenden Schadensersatz (im Rahmen der Innenhaftung und Außenhaftung).
 
Kommt es zum Schadensfall in der Innenhaftung, kann hier die pikante Situation eintreten, dass der Ver­sicherer zur Abwehr der Ansprüche gegen die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin, die gar die Prämien bezahlt, auf der Seite des versicherten Aufsichtsrats auftritt.
 
Eine weitere häufig vorkommende Besonderheit dieses Versicherungstyps entstammt dem angloameri­kanischen Rechtsraum: nach dem sog. „Claims-made-Prinzip” tritt der Versicherungsfall nämlich erst mit der Geltend­machung des Entschädigungsanspruchs des Verletzten ein und nicht wie üblich im Zeitpunkt des Entstehens. Dies stellt an die jeweilige Versicherung die Anforderung, dass auch noch zeitlich nachwirkender Versicher­ungsschutz eingeräumt ist.
 
Nach überwiegender Ansicht dient die D&O-Versicherung mittelbar dem Interesse des Aufsichtsrats­mitglieds, vorrangig aber dem Eigeninteresse der Gesellschaft. Die Versicherungsprämie ist damit nicht Teil der Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds und damit auch nicht einkommensteuerpflichtig. Für die Gesellschaft stellt sie eine Betriebsausgabe dar.
 

Selbstbehalt

Während § 93 Abs. 2 S. 3 AktG für Vorstandsmitglieder mittlerweile einen 10 Prozentigen Selbstbehalt in D&O-Versicherungen zur Pflicht macht, gilt dies für Aufsichtsratsmitglieder nicht zwingend. Allerdings spricht der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) die Empfehlung aus, auch in D&O-Versicherungen für Aufsichtsräte einen entsprechenden Selbstbehalt zu vereinbaren. Ziel ist es, damit nachhaltiger der Vernach­lässigung von Sorgfaltspflichten entgegenzuwirken und ein Bewusstsein für die eigene Beteiligung an der Schadensregulierung zu schaffen.
 

Fazit

Das hohe Maß an Verantwortung, das Aufsichtsräten übertragen ist, geht mit einem zunehmend hohen persönlichen Haftungsrisiko einher. Um dieser verschärften Organhaftung beizukommen, ist der Abschluss einer D&O-Versicherung für Aufsichtsräte sinnvoll. Aufgrund der zahlreichen Ausgestaltungsmöglichkeiten, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, sollte die Versicherung mit großer Sorgfalt ausgewählt werden.

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Frank J. Bernardi

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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