Änderungen aus der Neufassung der HOAI 2021

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veröffentlicht am 1. August 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Nachdem der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 festgestellt hatte, dass die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI gegen Europarecht verstoßen, war die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, das bislang in der HOAI geltende strenge gesetzliche Preisrecht aufzuheben. Mit der zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Neufassung der HOAI 2021 wurde die bisherige Struktur der HOAI beibehalten, allerdings haben die Bestimmungen zum Honorar nur noch Empfehlungscharakter. Nachfolgende Änderungen sind besonders praxisrelevant.


 


Anwendungsbereich erweitert

Nachdem der preisrechtliche Charakter der HOAI schon seit langem auf europarechtliche Bedenken stieß, hatte der Gesetzgeber mit der HOAI 2013 versucht, dem dadurch zu begegnen, dass der Anwendungsbereich auf Auftragnehmer mit Sitz im Inland beschränkt wurde. Durch die Aufhebung der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze wurde diese Beschränkung des Anwendungsbereichs überflüssig. Die HOAI gilt nunmehr in orientierender Form auch für Auftragnehmer mit Sitz im Ausland. Unverändert gilt, dass der Anwendungsbereich der HOAI nicht auf Architekten und Ingenieure beschränkt ist, sondern für jeden gilt, der Architekten- und Ingenieurleistungen erbringt.

 

Für welche Verträge gilt die neue HOAI 2021?

Die HOAI 2021 gilt für alle Verträge bezüglich Leistungen der HOAI, die ab dem 1. Januar 2021 abgeschlossen werden. Für Altverträge, die vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossen wurden, bleibt es jedoch bei dem gesetzlichen Preisrecht der HOAI in den Fassungen vor der HOAI 2021. Dies hat der BGH mit seinem Urteil vom 2. Juni 2022 aufgrund einer weiteren Entscheidung des EuGH vom 18. Januar 2022 ausdrücklich klargestellt. Dies bedeutet, dass für sogenannte Aufstockungsklagen, mit denen Auftragnehmer ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI verlangen, obwohl zuvor ein niedrigeres Honorar einvernehmlich vereinbart wurde, nach wie vor zulässig sind.

 

Bei einem vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossenen Vertrag, der eine stufenweise oder bauabschnittsweise Beauftragung enthält, kann für diejenigen Leistungen oder Bauabschnitte, die erst ab dem 1. Januar 2021 abgerufen werden, auch nachträglich ein Honorar nach der HOAI 2021 vereinbart werden.

 

Kein verbindliches Preisrecht mehr

Die HOAI 2021 enthält keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mehr, die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen sind vielmehr frei verhandelbar. Die Honorartafeln enthalten zwar weiterhin Honorarspannen für die jeweiligen Honorarzonen vom neu eingeführten Basishonorar (entspricht dem bisherigen Mindestsatz) bis zum oberen Honorarsatz, gelten jedoch nur noch als Honorarorientierung.

 

Zu beachten ist allerdings, dass dann, wenn keine Honorarvereinbarung oder nur eine mündliche Honorarvereinbarung getroffen wurde, der Basishonorarsatz als vereinbart gilt und zwar nicht nur für die in der HOAI geregelten Hauptleistungsbilder, sondern auch für die Beratungs- und Fachplanerleistungen aus der Anlage 1 (Bauphysik, Bauvermessung etc.).

 

Anforderungen an Honorarvereinbarungen

Für Verträge vor dem 1. Januar 2021 bedurfte eine wirksame Honorarvereinbarung der Schriftform, d.h. es musste eine von beiden Seiten unterzeichnete Honorarvereinbarung vorliegen und diese musste auch zum Zeitpunkt der Auftragserteilung erfolgt sein. Wurde eine schriftliche Honorarvereinbarung erst geschlossen, nachdem der Auftragnehmer bereits einige Zeit tätig war, war eine derartige Honorarvereinbarung in der Regel unwirksam und es galten die Mindestsätze der HOAI als vereinbart. Nach der HOAI 2021 ist für Honorarvereinbarungen nunmehr die Textform gemäß § 126 b BGB ausreichend. Dies bedeutet, wirksame Honorarvereinbarungen können z.B. auch durch Briefe ohne Unterschrift, Kopien vom Original, per Telefax, durch E-Mails oder sogar durch SMS, WhatsApp etc. abgeschlossen werden und eine solche Honorarvereinbarung ist auch dann noch möglich, wenn der Planer schon mit seinen Leistungen begonnen hat. Auch Änderungen bereits bestehender Honorarvereinbarungen sind jederzeit problemlos möglich.

 

Hinweispflichten bei Verträgen mit Verbrauchern

Gemäß § 7 Abs. 2 HOAI 2021 müssen Architekten/Ingenieure bei Verträgen mit Verbrauchern ihren möglichen Vertragspartner spätestens mit Abgabe ihres Angebots in Textform darauf hinweisen, dass für die Planerleistungen ein niedrigeres oder auch ein höheres Honorar vereinbart werden kann, als es sich aus den Honorartafeln der neuen HOAI ergibt. Erfolgt dieser Hinweis nicht oder nicht rechtzeitig, kann der Auftragnehmer maximal das Basishonorar nach HOAI verlangen.

 

Fazit

Der deutsche Gesetzgeber hatte als Begründung für ein gesetzliches Preisrecht stets angeführt, dass es für die Qualität der Bauleistungen erforderlich sei, den Architekten/Ingenieuren durch die HOAI ein auskömmliches Einkommen zu sichern. Das Europarecht gibt jedoch dem freien Preiswettbewerb den Vorrang und setzt auf freie Verhandlung der Honorare durch die Vertragspartner. Ob die Neufassung der HOAI 2021 – wie von einigen befürchtet – zu einem ruinösen Preiswettbewerb führt, wird die Zukunft zeigen. Positiv für Auftraggeber ist aber, dass das sehr komplizierte und intransparente Regelwerk des gesetzlichen Preisrechts in der HOAI aufgehoben wurde, die Vergütung des Architekten/Ingenieurs nunmehr frei verhandelbar ist und transparent gestaltet werden kann. Des Weiteren dürften künftig die vielfach als unfair angesehenen sogenannten Aufstockungsklagen der Vergangenheit angehören.

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