Betriebsnahe Kindergärten grundsätzlich nicht mehr gemeinnützig

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veröffentlicht am 22. August 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten


In einem am 18. August 2022 veröffentlichten Urteil (Aktenzeichen V R 1/20) hat der Bundesfinanzhof nunmehr höchstinstanzlich entschieden, dass betriebsnahe Kinder­gärten, bei denen sich die Belegungspräferenz vorrangig an den Bedürfnissen ihrer Vertragspartner orientiert, als nicht gemeinnützig i.S.d. § 51 ff. der Abgabenordnung (AO) tätig anzusehen sind. 


Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im streitbefangenen Fall eine im Jahr 2008 gegründete GmbH. Der Satzungszweck war im Gesellschaftsvertrag auf die gemeinnützige Förderung der Jugendhilfe sowie der Bildung und Erziehung sowie die Förderung der Altenhilfe ausgerichtet. In den Jahren 2008 bis 2012 schloss die Klägerin gemeinsam mit ihrer Anteilseignerin mit Unternehmen Verträge über die Errichtung und den Betrieb von insgesamt 4 Kinderbetreuungseinrichtungen für Mitarbeiterkinder der Unternehmen ab.
 
Das Finanzamt bescheinigte der Klägerin am 30. Januar 2008 vorläufig, dass sie gemeinnützigen Zwecken diene, weil sie die Jugend- und Altenhilfe, die Erziehung und die Volks- und Berufsbildung fördere. Zudem erließ die Finanzverwaltung zunächst Körperschaftsteuerbescheide für 2008 bis 2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in denen es erläuterte, dass sich die Körperschaftsteuerpflicht ausschließlich auf den von der Klägerin unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. §§ 14, 64 AO erstrecke und die Klägerin im Übrigen von der Körperschaftsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) befreit sei. 
 
Für die Aufnahme der zu betreuenden Kinder galten für die Beschäftigten der Unternehmen die Aufnahme­bedingungen der Klägerin, wobei die Klägerin auf die Belegungspräferenz der Unternehmen Rücksicht nehmen sollte, sofern dies mit den gesetzlichen Bestimmungen, behördlichen Auflagen und dem pädagogischen Konzept vereinbar war.
 
Das Finanzamt kam im Rahmen einer im Jahr 2012 begonnene Außenprüfung allerdings zu der Erkenntnis, dass die Kinderbetreuungseinrichtungen – aufgrund dieser Belegungspräferenz – für die Jahre 2008 bis 2011 nicht die Allgemeinheit gefördert hatten und daher eine Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft i.S.d. § 51 ff. AO bei der Trägerin somit zu versagen gewesen ist. 
 
Der Bundesfinanzhof stellte in seinem hierzu am 18.08.2022 veröffentlichten Urteil nun klar, dass eine För­derung der Allgemeinheit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 AO nicht gegeben ist, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist. Einschränkungen des begünstigten Personenkreises können demnach beispielsweise aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens vorliegen, wodurch dieser durch eine Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein gewesen ist.
 
Im vorliegenden Fall lag nach Auffassung des Bundesfinanzhofes eine Förderung der Allgemeinheit nicht mehr vor, da die vertraglich geregelte Belegungspräferenz lediglich eine Vergabe von 2 von insgesamt zur Verfügung stehenden 20 Betreuungsplätzen an Kinder von Nicht-Arbeitnehmer vorgesehen hatte und der begünstigte Personenkreis i.S. des § 52 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 AO daher als fest abgeschlossen anzusehen gewesen ist.
  
Der Bundesfinanzhof ließ in seiner Urteilsbegründung allerdings offen, ob eine mögliche vertragliche Fremd­ver­gabe i.H.v. mindestens 10 Prozent der tatsächlich insgesamt zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungs­plätze an Nicht-Mitarbeiterkinder ausreichend dafür ist, so dass aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht dann von einer Förderung der Allgemeinheit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 AO ausgegangen werden kann.  
 
Zudem könnte dieses Urteil des Bundesfinanzhofes möglicherweise die schon jetzt in Ballungszentren gege­bene angespannte Kinder-Betreuungssituation deutlich verschärfen. Ferner könnten sich aus der fehlenden Anerkennung der Gemeinnützigkeit ggf. auch noch weitere (steuer-)rechtliche Problemfelder – wie im Hinblick auf die finanzielle Förderung durch die Kommunen, Grundsteuer, etc. – ergeben.

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Alexander Keppler

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