Vereinigte Arabische Emirate: Covid-19 – Auswirkungen auf Miete und Pacht

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veröffentlicht am 3. Juni 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Die Aussetzung von Vollstreckungsverfahren aus gerichtlichen Mietstreitigkeiten war einer der ersten Schritte, der nach Ausbruch der Corona Pandemie in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Hinblick auf Miete und Pacht erfolgt ist. Ein rechtskräftiges Urteil aus einer Mietsache, bspw. aufgrund eines nicht gezahlten Mietzinses, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vollstreckt werden. Das betrifft auch Fälle, in denen der Beklagte zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Zunächst wurde diese Maßnahme zeitlich auf zwei Monate befristet – in Kürze endet jedoch die zweimonatige behördliche Aussetzung. Ob die Maßnahme verlängert wird, steht gegenwärtig nicht fest.

  

  
Ebenfalls auf Regierungsebene wurde im Rahmen des ersten Hilfspakets beschlossen, dass Bestandteile der Nebenkosten (DEWA) um 10 Prozent reduziert werden. Der Beschluss ist unabhängig davon, ob die Miete privat oder betrieblich einzuordnen ist. Auch die Freihandelszonen haben auf die Mietproblematik reagiert. Der Freezone-Council, ein Zusammenschluss aus den verschiedenen Freihandelszonen wie der Dubai Airport Freezone, dem Dubai International Financial Center, der Jebel Ali Freezone, Dubai South und der DMCC, hat im Rahmen des zweiten Hilfspakets entschieden, dass Mietzahlungen bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten gestundet werden können. Letztendlich bleibt unklar, welcher Zeitraum für die einzelnen Mieter konkret anwendbar ist und wie sich die Rechtslage für Unternehmen und Privatpersonen außerhalb der Freihandelszonen in Bezug auf Miete und Pacht darstellt, da das seitens der Regierung nicht vorgegeben ist und daher auch nicht einheitlich beantwortet werden kann. In diesen Fällen ist zu beurteilen, ob eine Lösung über das Konzept der „Höheren Gewalt“ (Force Majeure) oder aber über eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Vermieter getroffen werden kann.

 

Der Begriff Force Majeure hat seinen Ursprung in der französischen Rechtsprechung und kann als „höhere Gewalt" definiert werden. Der Rechtsbegriff wurde bisher v.a. auf außerordentliche Umstände wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, Hitzewellen und andere Naturkatastrophen angewandt. Da höhere Gewalt jedoch ein unbestimmter Begriff ist, gibt es keine Liste derartiger definierter Ereignisse nach dem Recht der VAE. Höhere Gewalt kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn ein schadenverursachendes Ereignis auf eine Situation einwirkt, das Ereignis seine Ursache jedoch nicht in der Sphäre einer der betroffenen Parteien hat und auch durch  äußerst zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch unschädlich gemacht werden kann (es muss ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der höheren Gewalt und der Undurchführbarkeit des Vertrags vorliegen). Im Rechtssystem der Vereinigten Arabischen Emirate liegt ein Fall von Force Majeure vor, wenn es sich erstens um einen zweiseitigen Vertrag handelt und zweitens  die Vertragserfüllung tatsächlich oder rechtlich unmöglich und nicht nur erschwert ist. Zudem muss das schadensverursachende Ereignis unvorhersehbar sein.

 

Auf Force Majeure wird entweder im Rahmen einer Vertragsklausel oder mittels Rechtsanwendung des Gesetzes (Art. 273 UAE Civil Code) Bezug genommen. Sollte ein Fall von Force Majeure vorliegen,  werden grundsätzlich alle Vertragsparteien insoweit von ihren Pflichten befreit, sofern sie noch nicht erfüllt worden sind (Rückabwicklung). Ob es sich bei der Corona Pandemie und der damit einhergehenden Krise um einen solchen Fall von Force Majeure handelt, ist bisher nicht entschieden. Selbst für den Fall, dass es sich um einen Fall von Force Majeure handelt, kann die Anwendung der Regelung nicht etwa zu einer Reduzierung des Mietzinses führen, sondern ausschließlich zur sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses. An der Stelle wird vielmehr Art. 249 des UAE Civil Codes relevant. Sollte in der Tat eine Vertragserfüllung nicht gänzlich unmöglich, sondern lediglich erheblich erschwert sein, kann nach diesem Artikel ein Richter bestimmen, dass die Pflichten einer Partei je nach Umstand erheblich reduziert werden, was für Mietverträge also zur Folge haben könnte, dass mittels gerichtlicher Entscheidung der Mietzins reduziert wird. 

 

Folglich kann festgehalten werden, dass trotz einiger in Kraft getretenen Maßnahmen zur Unterstützung von Mietern, es in der Mehrheit der Fälle auf eine individuelle Einigung und das Entgegenkommen des Vermieters ankommt. Letztendlich bleibt Mietern die Möglichkeit, eine Mietminderung gerichtlich zu erstreiten, wobei der Mieter in diesen Fällen der Beweispflicht unterliegt. Wie die zuständigen Gerichte in diesem Zusammenhang entscheiden werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend vorherzusehen.

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