Vorsicht Kamera! Fotos von Personen und die DSGVO

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zuletzt aktualisiert am 18. Mai 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Kaum ein datenschutzrechtliches Thema sorgt für mehr Verwirrung und Unverständnis in der Praxis wie das „Fotorecht” nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Denn die seit dem 25. Mai 2018 geltende Verordnung regelt die Verarbeitung perso­nenbezogener Daten, zu der auch die Anfertigung und das Verbreiten eines Fotos einer Person und den damit einhergehenden Informat­ionen zur Person zählen. Denn ein heute übliches digitales Foto gibt nicht nur die konkrete Person, ihr Alter, Geschlecht oder Rasse wieder, sondern erfasst weitere Metadaten, wie den genauen Standort und die Zeit der Aufnahme – personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzes. Mit dem Hochladen auf eine Website oder in einer App erfolgt zudem eine Verarbeitung eben dieser Daten. Dafür benötigt es aber eine ausdrückliche Einwilligung jeder einzelnen Person, was in der Praxis, zumeist bei größeren Veranstaltungen, quasi unmöglich sein dürfte – oder doch nur alles halb so wild?


  

Kam bis 25. Mai 2018 allein das Kunsturhebergesetz (KUG) zur Anwendung, wenn sich die Frage nach der rechtmäßigen Anfertigung und Nutzung von Personenaufnahmen stellte, ist mit der unmittelbaren Anwendung der europarechtlichen DSGVO auch die Frage nach deren Verhältnis zu nationalen Vorschriften zu klären. Denn grundsätzlich genießt EU-Recht Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Recht.

Nach allgemeiner Einschätzung und ständiger Rechtsprechung sorgte das KUG für eine vernünftige Abwä­gung zwischen den Interessen von Fotografen und Nutzern von Fotos sowie den Persönlich­keitsrechten der Foto­gra­fierten und genoss im Zweifel Vorrang vor dem Bundesdatenschutzgesetz.


Zentraler Inhalt des KUG war ein Einwilligungserfordernis mit Ausnahmetatbeständen. So bedurften Bildnisse des aktuellen Zeitgeschehens und von Örtlichkeiten oder Veranstaltungen, auf denen Personen nur als Beiwerk oder Teil einer Gesamtheit abgebildet wurden, keiner Einwilligung. Sie durften ohne Weiteres veröffentlicht werden.

Da jedoch weder die DSGVO noch das neue BDSG entsprechende Ausnahmetatbestände kennt, bedarf es folglich immer einer entsprechenden Einwilligung der abgebildeten Personen.


Anwendungsbereich der DSGVO

Für die Notwendigkeit zur Einholung einer Einwilligung der abgebildeten Person ist zunächst zu klären, ob die DSGVO bei dem Sachverhalt zur Anwendung kommt. Sie gilt jedoch grundsätzlich nur für eine solche Daten­verarbeitung, die nicht ausschließlich persönlich oder familiär erfolgt (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO). Auch wenn diese Einschränkung grundsätzlich eng verstanden werden muss, gilt eine begrenzte WhatsApp-Chatgruppe oder ein geschlossenes Forum auf einer Webseite noch als ausnahmekonform. Die DSGVO findet hier also keine Anwendung.

Der familiäre Rahmen wird jedoch stets dann überschritten, wenn eine Zugänglichmachung gegenüber einem unbestimmten Personenkreis erfolgt, das heißt also auch bei der Verwendung der Fotos im firmeneigenen Intranet, im Internet außerhalb von passwortgeschützten Gruppen und Foren oder in Sozialen Medien (z.B. bei Facebook, Instagram etc.). Außerhalb des persönlich/familiären Bereichs fällt nahezu jeder technische Vorgang – u.a. das Live-Bild (Stream), das Zwischenspeichern, Kopieren, Bearbeiten, Übermitteln, Ausdrucken und das Löschen – unter den Begriff der „Verarbeitung” im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DSGVO und wird folgerichtig auch von der Verordnung erfasst.


Ausnahme zu journalistisch-redaktionellen Zwecken

Allerdings enthält die Verordnung in Art. 85 DSGVO eine Öffnungsklausel. Aufgrund derer können bzw. sollen die Mitgliedsstaaten Rechtsvorschriften entwickeln, die einen Ausgleich zwischen dem Schutz personen­be­zogener Daten und der Meinungs-, Informations- oder Pressefreiheit herstellen. Denn Daten­schutzregelungen beeinträchtigen stets die journalistische Arbeit, sodass zwischen beiden Interessenkreisen eine praktische Konkordanz gefunden werden muss.

In Deutschland finden sich solche Regelungen in den Landesdatenschutzgesetzen, bzw. Landespresse- und -mediengesetzen sowie im Rundfunkstaatsvertrag. Demnach sind Presseunternehmen und deren Hilfs­un­ter­nehmen und Zulieferer – bspw. Agenturen, Fotografen und Produzenten – frei von spezifischen daten­schutz­rechtlichen Vorgaben für die Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten (BGH, Urteil vom 7. Juli 2020, Az. VI ZR 246/19). Gleichwohl müssen sich Journalisten und Presse­mitarbeiter bei der Recherche und Verbreitung von Nachrichten und Bildern an die sonstigen geltenden Vorschriften halten, also insbesondere auch an anderweitig datenschutzrechtliche Regelungen, wie die Vorgaben für geeignete technisch-orga­ni­sa­to­rische Maßnahmen.


KUG vs. DSGVO

Außerhalb des journalistischen Bereichs – insbesondere im Bereich von PR- und Marketingabteilungen eines Unternehmens – bleibt das Verhältnis der Rechtsgrundlagen zur Fotonutzung bislang von Gesetzgeber sowie Rechtsprechung unberührt und daher höchst umstritten.


Dabei sieht § 22 KUG vor, dass das Bildnis einer Person nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden darf. Einer Einwilligung zur Herstellung des Bildes bedarf es indes nicht. Die Einwilligung zur Nutzung kann auch stillschweigend durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht werden, bspw. das Posieren vor und Lächeln in die Kamera. Sie ist im Wesentlichen unwiderruflich.


Der Einwilligung zur Nutzung eines Bildes bedarf es nach KUG nur dann nicht, wenn eine der oben genannten Ausnahmen des § 23 KUG greift, als
  • ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegt oder
  • die abgebildete Person bloßes Beiwerk ist, daher rein zufällig aufgenommen wurde und es unerheblich für die Aufnahme ist, wer abgebildete wurde oder
  • es sich um ein Bildnis einer Versammlung oder Veranstaltung handelt bei der die Gesamtheit der Teilnehmer dargestellt wird, ohne einzelne Personen herauszugreifen.


In den Fällen findet als Korrektiv nochmals eine Abwägung zwischen den Interessen des Einzelnen und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit statt, das in der Regel jedoch überwiegt.

Die letztlich rechtsgeschäftliche Einwilligung nach KUG ist dabei nicht mit der Einwilligung nach Daten­schutz­recht zu verwechseln, die zwar ebenfalls formungebunden ist und somit ebenfalls auch durch konkludentes Verhalten erfolgen kann, aber jederzeit widerrufbar sein muss, Art. 21 DSGVO.

Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist zunächst bereits die Anfertigung von Aufnahmen ohne Einwilligung unzu­lässig. Es sei denn ein weiterer Rechtfertigungsgrund gestattet die Erhebung und Verarbeitung der Daten. Insoweit kommen hier Art. 6 Abs. 1 lit. b) und f) DSGVO in Betracht, also in Erfüllung eines Vertrages oder zur Wahrung der überwiegenden berechtigten Interessen des Verantwortlichen.

Während im Rahmen eines professionellen Fotoshootings beim Auftraggeber stets von Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO auszugehen ist, kann die Anfertigung von Bildaufnahmen bei Veranstaltungen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt werden. In diesen Fällen ist eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen einerseits mit den Interessen oder Grundrechten der betroffenen Person andererseits vorzu­nehmen. Bei der Abwägung sind insbesondere die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen zu berücksichtigen (Erwägungsgrund 47 DSGVO). Bei einer größeren Veranstaltung auf Einladung dürfte die Erwartungshaltung der Gäste und der an der Durchführung Beteiligten regelmäßig dahin gehen, dass eine Dokumentation in Form von Fotografien stattfinden wird. Die betroffene Person muss möglicherweise auch mit einer internen Verwendung der Fotos rechnen, jedoch gehen die vernünftigen Erwartungen nicht dahin, dass die Fotos anschließend veröffentlicht werden. Ebenso wenig muss die betroffene Person mit einer werblichen Verwendung der Fotos rechnen. Das kann allerdings bei öffentlich beworbenen Veranstaltungen anders zu bewerten sein.

Erfolgt die Einwilligung des Abgebildeten gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO konkludent, so hat der Verant­wort­liche den Abgebildeten zuvor auf die geplante Veröffentlichung hinzuweisen und den Betroffenen sämtliche umfassenden Informationen des Art. 13 DSGVO mitzuteilen. Jedoch können auch die umfassenden Infor­ma­tionspflichten im Falle von Veranstaltungen und unüberschaubaren Menschenmengen gem. Art. 11 DSGVO bzw. Art 14 Abs. 5 lit. b) DSGVO entfallen.

Somit reicht bei öffentlichen oder Firmenveranstaltungen wohl bereits ein Aushang am Eingang eines Veran­staltungsort der die wesentlichen Angaben der Art. 13, 14 DSGVO enthält. Die Informationspflichten können somit auch „gestuft” erfüllt werden:

Währen der Aushang in einem ersten Schritt nur die „Basisinformationen” enthält (z.B. Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen; Zwecke, für die die Bilder verwendet werden; Rechtsgrundlage der Verarbeitung; Speicher­dauer; Bestehen von Betroffenenrechten; ggfls. die Möglichkeit des Widerrufs der Einwilligung), werden die weitergehenden Informationen in einem nachgelagerten Schritt etwa über eine Webseite oder detailliertere Informationsblätter gegeben.


Fazit

Im Ergebnis sind die praktischen Auswirkungen der DSGVO im Fotobereich nur wenig spürbar. Denn die Wertungen des KUG können auch bei einer Abwägungsentscheidung zum berechtigten Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO herangezogen werden.

Ist die Nutzung eines Bildnisses nach KUG zulässig, ist i.d.R. auch von einer datenschutzrechtlich konformen Nutzung auszugehen. Das Bayrische Landesamt für Datenschutz bringt es mit Blick auf die Veröffentlichung von Bildern schließlich auf den Punkt:


„Fragen Sie sich vor der Veröffentlichung des Fotos einer anderen Person, ob sie es auch dann im Internet veröffentlichen würden, wenn sie selbst auf dem Foto zu sehen wären.”

Der Ratschlag kann grundsätzlich auf alle datenschutzrechtlichen Fragestellungen übertragen werden. Versetzen Sie sich in die Lage der betroffenen Person und überlegen Sie, welchen Umgang Sie mit Ihren Daten erwarten würden.

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