EU-Taxonomie: Neue delegierte Rechtsakte erweitern den Kreis der abgedeckten Sektoren und Aktivitäten

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veröffentlicht am 25. Juli 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

Mit der Veröffentlichung des delegierten Rechtsakts zu den Umweltzielen 3-6 am 13. Juni 2023 steigen die Anforderungen an die Taxonomieberichterstattung schon in der laufenden Berichtsperiode. Stellte bislang bereits die Berichterstattung zu den beiden Klimazielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ eine große Heraus­forderung für die meisten Unternehmen dar, so wird sich der Umsetzungs­aufwand mit den neuen Umweltzielen und der zusätzlich zu berück­sichtigenden Überarbeitung des Klimarechtsakts nochmals erhöhen. Wir haben die wichtigsten Infos zu den jüngsten delegierten Rechtsakten für Sie zusammengestellt.


Nachdem im April die seit langer Zeit angekündigten Entwürfe der neuen delegierten Rechtsakte zunächst von der EU zur vierwöchigen Konsultation vorgelegt wurden, wurden diese am 13. Juni 2023 nach einer kurzen Überarbeitungsphase final veröffentlicht. Konkret handelt es sich zum einen um den mit großer Spannung erwarteten delegierten Rechtsakt zu den Umweltzielen 3-6, zum anderen um eine Aktualisierung des bestehenden Klimarechtsakts durch die Aufnahme neuer bzw. die stellenweise Anpassung bestehender Aktivitäten. Damit hat die EU bei der schrittweisen Einführung der EU-Taxonomie, die als Klassifi­zierungs­system für „grüne“ Investitionen das Kerninstrument des Green Deal-Aktionsplans „Sustainable Finance“ darstellt, einen wichtigen Meilenstein erreicht.

Delegierter Rechtsakt zu den Umweltzielen 3-6

Der nun veröffentlichte delegierte Rechtsakt hält pro Umweltziel einen separaten Anhang bereit, in dem die unter das jeweilige Umweltziel fallenden Wirtschaftsaktivitäten sowie die dazugehörigen technischen Bewertungskriterien definiert sind. Ergänzend zu den beiden Klimazielen „Klimaschutz“ (Umweltziel 1) und „Anpassung an den Klimawandel“ (Umweltziel 2) sollen Kapitalflüsse so künftig auch in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten gelenkt werden, die wesentlich zu mindestens einem der folgenden vier Umweltziele beitragen:

  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen (Umweltziel 3)
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft (Umweltziel 4)
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (Umweltziel 5)
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme (Umweltziel 6).

Neben der Aufnahme neuer Sektoren wie Dienstleistungen, Katastrophenmanagement und Unterkunfts­tätigkeiten werden durch den Rechtsakt zu einzelnen bereits im Klimarechtsakt adressierten Sektoren neue Wirtschafts­aktivitäten hinzugefügt. Dies betrifft vor allem den Sektor “Verarbeitendes Gewerbe/­Herstellung von Waren”. So wurden – zusätzlich zu den im Klima­recht­sakt definierten besonders CO2-inten­siven Aktivtäten – nun beispiels­weise die Herstellung von Verpackungs­mitteln aus Kunststoffen sowie die Herstellung von Elektro- und Elektronik­geräten als Aktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zum Übergang zu einer Kreislauf­wirtschaft leisten können, aufgenommen. 

Änderung des delegierten Klimarechtsakts 

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der technischen Bewertungskriterien für die Umweltziele 3-6 wurden dem bereits 2021 in Kraft getretenen Klimarechtsakt neue Wirtschaftsaktivitäten hinzugefügt. Grund für die Anpassung ist, dass in der ersten Version des Rechtsakts zunächst diejenigen Wirtschaftssektoren und -tä­tig­keiten mit dem größten Potenzial, einen wesent­lichen Beitrag zur Verringerung der Treibhaus­gas­emissionen zu leisten (gemessen an ihrem Anteil an den Gesamt­emissionen und ihrem theoretischen Potenzial zur Emissions­verringerung), priorisiert wurden. Die EU betonte damals explizit, dass diese erste Zusammen­stellung an Wirtschafts­aktivitäten nicht final ist, also noch nicht all jene Sektoren und Tätigkeiten abbildet, die prinzipiell einen wesentlichen Beitrag zu den Klimazielen leisten können. Es wurde daher von vornherein forciert, den Kreis der abgedeckten Sektoren sukzessive auszuweiten. So findet sich in der im Juni verabschiedeten Änderung des Rechtsakts beispielsweise die Herstellung von Automobil- und Mobilitätskomponenten, mit der nun, wie in der Vergangenheit häufig gefordert, Zuliefererbetriebe der Automobilindustrie in der Taxonomie Berücksichtigung finden. Zusätzlich beinhaltet die Änderung punktuelle Anpassungen der technischen Bewertungskriterien bereits bestehender Aktivitäten.  


Ab wann müssen die neuen Rechtsakte bei der Berichterstattung berücksichtigt werden?

Die neuen delegierten Rechtsakte gelten (wie schon im Entwurf vorgesehen) ab dem 01. Januar 2024. Demnach müssen berichtspflichtige Unternehmen schon für das laufende Geschäftsjahr 2023 zu allen sechs Umwelt­zielen berichterstatten. Aufgrund des kurzen Zeitraums, der zwischen der Veröffent­lichung der jüngsten delegierten Rechtsakte und deren Inkrafttreten liegt, sieht der Gesetzgeber hierbei allerdings Erleichterungen für die erste Berichtsperiode vor. So muss die vollständige Taxonomie­bericht­erstattung (Taxonomie­fähigkeit und Taxonomie­konformität) zu allen sechs Umweltzielen erst ab dem Geschäftsjahr 2024 erfolgen, während für das Geschäftsjahr 2023 lediglich der taxonomiefähige Anteil an Umsatz, Investitions- und Betriebs­ausgaben für die Umweltziele 3-6 sowie für die neu hinzugekommenen Wirtschafts­aktivitäten des Klimarechtsakts offengelegt werden muss (siehe Grafik).

 
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Ausblick: Was bedeuten die neuen Rechtsakte für berichtspflichtige Unternehmen?

Durch die neuen delegierten Rechtsakte wurde der Kreis der von der EU-Taxonomie abgedeckten Sektoren und Wirtschaftsaktivitäten deutlich ausgeweitet und der Umsetzungsaufwand weiter erhöht. Vor allem Unter­nehmen, die sich mit ihren Wirtschafts­tätigkeiten bislang noch nicht in der EU-Taxonomie wiederfinden konnten, sollten den Fokus auf ein sorg­fältiges Screening der jüngsten delegierten Rechts­akte legen, um sich in jedem Fall recht­zeitig mit den Anforderungen und technischen Bewertungs­kriterien neu aufgenommener Tätigkeiten auseinander­setzen zu können. Hierbei gilt es zu beachten, dass eine in der Taxonomie gelistete Wirtschafts­aktivität nicht zwingend umsatz­generierend sein muss – auch Investi­tions- und Betriebs­ausgaben sind taxonomie­relevant und müssen unabhängig von den Umsatz­aktivitäten eingehend auf ihre Taxonomie­fähigkeit und -konformität analysiert werden. Aufgrund der kurzen Zeit, die bis zur verpflichtenden Anwendung der neuen Rechtsakte bleibt, sollte schnellstmöglich mit der Analyse begonnen und entsprechende Prozesse, IT-Systeme und Kontroll­mechanismen eingerichtet oder auf die neuen Anforderungen angepasst werden. Nichts­destotrotz eröffnen die neuen Rechtsakte auch Chancen für Unternehmen, die bislang nicht oder kaum von der EU-Taxonomie betroffen waren. So können auch diese künftig am Kapitalmarkt von den besseren Finanzierungskonditionen, die für Unternehmen mit einem hohen Anteil an taxonomiekonformen Aktivitäten zu erwarten sind, profitieren, sofern sie ihre Wirtschaftsaktivitäten nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie gestalten. 

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