Standards, Leitfäden, Größenkriterien & Co.: Die jüngsten Entwicklungen in der Nach­haltig­­keits­bericht­erstat­tung

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veröffentlicht am 16. November 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Spätestens seit der Veröffentlichung des Delegierten Rechtsakts zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) am 31.07.2023 ist allgemein bekannt, dass Unternehmen im Anwenderkreis der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ab Inkrafttreten der Verordnung verpflichtend nach den neuen Standards berichterstatten müssen. Umso wichtiger ist es für Entscheidungsträger und Verant­wortliche im Unternehmen, stets auf dem neuesten Stand zu sein – sei es zu offiziellen Arbeitshilfen, laufenden Diskussionen oder anstehenden Änderungen in der Regula­torik. In diesem Artikel fassen wir die jüngsten Entwicklungen im Bereich Nach­haltig­­keits­bericht­erstat­tung kompakt für Sie zusammen. 
 

 


Annahme der ESRS durch EU-Parlament und Rat 

Nach der Annahme des ersten Sets der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) am 31.07.2023 durch die EU-Kommission und der damit verbundenen Veröffentlichung des zugehörigen Delegierten Rechts­akts startete am 21.08.2023 eine zweimonatige Prüfungsphase, in der das Europäische Parlament und der Rat die Möglichkeit hatten, Einwände gegen die Verabschiedung der ESRS zu erheben. Zwar reichte kurz vor Ablauf der Frist eine Gruppe Abgeordneter einen solchen Einwand in Form eines Entschließungsantrags zur Ableh­nung der ESRS ein, jedoch konnte dieser in der parlamentarischen Abstimmung vom 18.10.2023 keine Mehrheit für sich gewinnen (359 Stimmen dagegen, 261 dafür, 11 Enthaltungen). Nachdem die Option zur Verlängerung der Prüfungsphase um weitere zwei Monate nicht gezogen wurde, steht nun nur noch die offizielle Veröffent­lichung des Rechtsakts im Amtsblatt der EU aus. Anwendbar sind die neuen Berichterstattungsstandards dann wie geplant ab dem 01.01.2024.  

 

Entwürfe zu Umsetzungsleitfäden zur Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 

Seit geraumer Zeit arbeitet die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die als unabhängige Expertengruppe von der EU-Kommission u.a. mit der Entwicklung der ESRS beauftragt wurde, an zwei Umset­zungsleitfäden (Implementation Guidances) zur Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS. Das Hauptdoku­ment, die Materiality Assessment Implementation Guidance (MAIG), enthält hierbei u.a. einen Überblick zum den ESRS zugrunde­liegenden Wesent­lich­keits­verständ­nis, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Durchführung der Wesent­­lichkeits­analyse inkl. Empfehlungen zur Einbe­ziehung der Stake­holder und zur Defini­tion von Schwel­len­werten sowie zahl­reiche FAQs zu spezi­fischen Frage­stellungen im Zusammen­hang mit der Wesent­­lich­keits­­analyse. Ergänzt werden diese Ausfüh­rungen durch die zweite Arbeits­hilfe, die Value Chain Implemen­tation Guidance (VCIG), die Methoden und Praxis­hinweise zur Ein­beziehung der Wert­schöpfungs­kette bei der Wesent­lich­­keits­analyse vermittelt. Bei beiden Dokumenten handelt es sich derzeit noch um Entwurfs­versionen, die jedoch in Kürze durch die EFRAG verab­schiedet und für eine 30-tägige öffentliche Feed­back­phase freige­geben werden sollen. Die Veröffent­lichung der finalen Umsetzungs­­leit­fäden ist laut dem EFRAG-Arbeits­programm für 2024 für Q1/2024 geplant.  
 

Einführung eines Q&A-Prozesses zu den ESRS 

Die zahlreichen neuen Anforderungen, die sich aus den ESRS ergeben, stellen die meisten Unternehmen vor große Herausforderungen. Aus diesem Grund startete die EFRAG am 24.10.2023 eine Online-Q&A-Plattform zu den ESRS, auf der Unternehmen Fragen zur Implementierung der Standards direkt an die EFRAG-Fachgremien stellen können. Die Plattform soll als zentrale Anlaufstelle dienen, um Stakeholdern systematisch und ziel­gerichtet Antworten auf Fragen zu geben, die durch die ESRS selbst aktuell nicht hinreichend abgedeckt werden. Mithilfe dieses Prozesses und der im Zuge dessen geplanten Veröffentlichung zusätzlicher Klarstel­lun­gen und ggf. sogar punktuellen Anpassungen der ESRS durch die EU-Kommission soll die Qualität der Bericht­erstattung verbessert und letztendlich die Erreichung der übergeordneten Ziele der CSRD gefördert werden. Die EFRAG plant, im Jahr 2024 in jedem Quartal eine Reihe von Klarstellungen herauszugeben. 
 

ESRS für börsennotierte KMU

Gemäß dem Zeitplan der CSRD, der einen gestaffelten Anwendungsbeginn der neuen Bericht­erstat­tungs­pflichten je nach Größe und Kapitalmarktorientierung des Unternehmens vorsieht, fallen ab dem 01.01.2026 (bzw. ab dem 01.01.2028, falls von der Möglichkeit des freiwilligen Aufschubs Gebrauch gemacht wird) auch börsennotierte KMU in den Anwendungsbereich der CSRD. Angesichts des hohen Umfangs und der Komplexi­tät des bereits veröffentlichten ersten Sets der ESRS wurde die EFRAG durch die EU-Kommission mit der Entwicklung verhältnismäßiger ESRS speziell für börsennotierte KMU beauftragt. Das erste Set der ESRS dient hierbei als Grundlage für die KMU-spezifischen ESRS, die Anzahl der Angabepflichten und damit verbundenen Datenpunkte wird jedoch deutlich reduziert, um die Berichterstattung zu vereinfachen. Feedback zum Entwurf der ESRS für börsennotierte KMU soll ab Januar 2024 im Rahmen einer viermonatigen öffentlichen Konsul­tation eingeholt werden. 

 

Sektorspezifische ESRS 

Zusätzlich zu den ab dem 01.01.2024 anwendbaren sektorübergreifenden ESRS werden Unternehmen perspek­tivisch branchenbezogene Angaben zu ESG-Aspekten auf Basis sektorspezifischer ESRS offenlegen müssen. Die CSRD sah bislang vor, dass die Annahme dieses zweiten Sets der ESRS bis zum 30.06.2024 erfolgen sollte, damit sich die Berichterstattung zu sektorspezifischen Themen bereits ab dem Geschäftsjahr 2025 auf die entsprechenden Standards stützen kann. Damit sich Unternehmen nun vorerst auf die Umsetzung des ersten Sets der ESRS und damit der sektorübergreifenden Standards konzentrieren können, hat die EU-Kommission jedoch am 17.10.2023 offiziell beschlossen, die Annahme der sektorspezifischen ESRS um zwei Jahre und damit bis spätestens 30.06.2026 aufzuschieben. Aktuell plant die EFRAG die Verabschiedung von rund 40 branchen­spezifischen Standards, darunter Standards zur Öl- und Gas-Industrie sowie zum Bergbau, Stein- und Kohle­abbau, deren Entwürfe bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 veröffentlicht werden sollen. Alle Sektor­stan­dards sollen bis spätestens Anfang des Jahres 2025 als Entwurfsversionen veröffentlicht und anschließend einer öffentlichen Konsultation unterzogen werden.
 
 

ESRS XBRL-Taxonomie 

Neben der Entwicklung der ESRS beschäftigt sich die EFRAG derzeit mit der Ausarbeitung einer digitalen Taxonomie für die ESRS (XBRL-Taxonomie). Diese ist erforderlich, um die in den Nachhaltigkeitsbericht aufge­nommenen Informationen wie von der CSRD vorgesehen digital zu kennzeichnen („Tagging“). Die EFRAG sieht vor, die XBRL-Taxonomie zum ersten Set der ESRS im ersten Quartal 2024 für eine 60-tätige Konsultation herauszugeben und diese nach einer darauffolgenden Überarbeitungsphase in der zweiten Jahreshälfte 2024 an die EU-Kommission zu übergeben. Die XBRL-Taxonomie wird damit auf die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zugangspunkts (European Single Access Point) einzahlen. 

 

Anhebung der Größenkriterien

Die Kriterien, nach denen die Größe eines Unternehmens klassifiziert wird, sind entscheidend für die Berichts­pflichten, die sich für das einzelne Unternehmen ergeben. Die EU ist nicht zuletzt aufgrund von Inflations­entwicklungen dazu verpflichtet, eine regelmäßige Überprüfung der in der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU defi­nierten Größenkriterien vorzunehmen. Im Zuge dessen hat die EU-Kommission am 17.10.2023 einen Dele­gierten Rechtsakt zur Anhebung der Schwellenwerte, ab denen ein Unternehmen als „groß“ gilt, angenom­men. Wäh­rend die Grenze für die Mitarbeiterzahl unverändert bleibt (mind. 250), wurden die Schwellenwerte für die Bilanzsumme (mind. 25 Mio. € statt vorher mind. 20. Mio. €) und die Nettoumsatzerlöse (mind. 50 Mio. € statt vorher 40 Mio. €) um jeweils 25% nach oben korrigiert. Da die CSRD bei der Definition des Anwendungs­bereichs auf die Bilanzrichtlinie verweist, ergeben sich direkte Auswirkungen auf die Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts. So führen die neuen Schwellenwerte etwa dazu, dass einige (nicht-kapitalmarkt­orientierte) Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2025 als ursprünglich „große” Unternehmen zur Veröffent­lichung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet gewesen wären, durch die angepassten Größenwerte nun aus dem Anwenderkreis der CSRD fallen und somit keinen Nachhaltigkeits­bericht aufstellen müssen.

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