Dauerbrenner bei Immobilientransaktionen

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veröffentlicht am 11. Juni 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Aufgrund der Niedrigzinspolitik der EZB und einer hohen Nachfrage erleben Investi­tionen in Immobilien in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Gemäß dem globalen Immobiliendienstleister CBRE stieg das Trans­aktions­volumen von 2009 bis 2019 bei deutschen Gewerbe­immobilien von ca. 10,5 Mrd. Euro auf ein Rekordhoch von ca. 67,5 Mrd. Euro. Zwar sank das Trans­aktionsvolumen im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr auf ca. 59 Mrd. Euro, allerdings blieb es trotz Pandemie weiterhin auf hohem Niveau.


Bei Immobilientransaktionen spielen neben betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten auch steuer­liche Überlegungen eine erhebliche Rolle bei der Investitions­entscheidung. Zum einen können steuerliche Risiken zu einem Deal-Breaker führen. Zum anderen stellt die Strukturierung von Immobilien­transaktionen die entscheidenden Weichen für die künftige Steuerbelastung (z.B. entprägte Personengesellschaft, erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung).

Bei Immobilienerwerben können grundsätzlich zwei Varianten unterschieden werden: Zum einen kann die immobilienbesitzende Gesellschaft erworben werden (sog. „Share Deal”). Zum anderen ist auch der isolierte Erwerb der Immobilie aus einer Gesellschaft möglich (sog. „Asset Deal”).


Steuerliche Haftung des Erwerbers

Bei einem Share Deal erwirbt der Erwerber Anteile an einer Immobiliengesellschaft. Er übernimmt wirtschaft­lich sämtliche steuerliche Verpflichtungen aus der Vergangenheit der Immobiliengesellschaft, die rechtlich bei ihr verbleiben.

Bei einem Asset Deal erwirbt der Erwerber lediglich die Immobilie. In dem Fall richtet sich die Haftung des Erwerbers nach § 75 AO. Die Haftung ist sowohl gegenständlich (u.a. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer) als auch zeitlich beschränkt. Voraussetzung für die Haftung des Erwerbers nach § 75 AO ist die Übereignung bzw. eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs im Ganzen. Darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung der Erwerb einer Immobilie bei gleichzeitigem Eintritt in die bestehenden Miet- bzw. Pachtverhältnisse.

Eine Tax Due Diligence gibt sowohl im Falle eines Asset Deals als auch im Falle eines Share Deals Aufschluss über mögliche steuerliche Risiken. Umfassende und individuell zugeschnittene Steuerklauseln im Kaufvertrag schützen den Erwerber vor einer unerwarteten steuerlichen Belastung.


Umsatzsteuer bei Asset Deals

Bei Immobilientransaktionen in Form eines Asset Deals ist im ersten Schritt zu prüfen, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) vorliegt oder ob es sich um eine umsatzsteuerbare Grundstücks­lieferung handelt. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übertragen wird. Eine Geschäftsver­äußerung ist bspw. generell gegeben, wenn eine vermietete Immobilie veräußert wird und der Erwerber in die Mietverträge eintritt. Da die Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht umsatzsteuerbar ist, fällt auf den Kaufpreis keine Umsatzsteuer an. Allerdings tritt der Käufer in die umsatzsteuerliche Rechtsnachfolge des Verkäufers ein, d.h. er führt den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum nach § 15a UStG fort. Aus dem Grund ist die Vorlage einer Dokumentation nach § 15a UStG bestenfalls vor Abschluss des Kaufvertrags unerlässlich.

Liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, handelt es sich bei der Immobilientransaktion um eine Grundstückslieferung, die grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist. Aus Verkäufersicht empfiehlt sich regelmäßig eine Option zur Umsatzsteuer, um die Vorsteuerberichtigung bei einem steuerfreien Verkauf zu vermeiden. In dem Fall fällt zusätzlich zum Kaufpreis Umsatzsteuer an, die der Erwerber an das Finanzamt abzuführen hat (sog. „Reverse-Charge-Verfahren”). Gleichzeitig kann der Erwerber den Vorsteuerabzug geltend machen. Das Risiko vorsteuerschädlicher Ausgangsumsätze, mit der Folge, dass die Vorsteuer auf den Kaufpreis nicht abziehbar ist, trägt damit der Erwerber. Um das Risiko zu vermeiden, wird der Erwerber i.d.R. nicht zur Umsatz­steuer optieren und im Ergebnis den Ankauf der Immobilie umsatzsteuerfrei vornehmen wollen.

 
Da ein bunter Strauß an Fallgestaltungen existiert, ist es oft nicht einfach zu entscheiden, ob im Einzelfall eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt oder nicht. Die Vielzahl an Rechtsprechung seitens des Europäi­schen Gerichtshofs (EuGH) oder des Bundesfinanzhofs (BFH) bzw. der Finanzgerichte (FG) erschwert zusätz­lich die Prüfung. In der Praxis einigen sich die Vertragsparteien nach einer Risikoabwägung (insbesondere mögliche Umsatzsteuernachzahlung bzw. Nachzahlungszinsen) meist auf eine umsatzsteuerliche Behandlung und fügen Ausgleichsregelungen für den Fall einer abweichenden Beurteilung durch die Finanzverwaltung in den Kaufvertrag ein.


Gewerbesteuer

Bei der Strukturierung einer Immobilientransaktion ist der Gewerbesteuer eine große Bedeutung beizumessen. Immobiliengesellschaften können entweder als vermögensverwaltende Gesellschaften nicht der Gewerbe­steuer unterliegen (z.B. entprägte Personengesellschaft) oder die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung in Anspruch nehmen, mit der Folge, dass u.a. die Mieterträge nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Voraus­setzung für die Anwendbarkeit der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung ist die ausschließliche Vermietung von eigenem Grundbesitz im ganzen Besteuerungszeitraum.

Sowohl für die Anwendbarkeit der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung als auch bei vermögensver­wal­tenden Tätigkeiten haben Betriebsvorrichtungen einen erheblichen Einfluss auf die künftige gewerbe­steuer­liche Belastung von Grundstücksgesellschaften. Befinden sich unter den Vermietungsobjekten Betriebs­vor­richtungen, scheidet grundsätzlich die Anwendung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung in vollem Umfang aus. Zukünftig sollen jedoch Einnahmen aus schädlichen Tätigkeiten, wie der Vermietung von Betriebsvorrichtungen, der Anwendung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung nicht entengegen stehen, sofern die Einnahmen aus schädlichen Tätigkeiten die Bagatellgrenze von 5 Prozent nicht überschreiten.

Bei der gewerblich entprägten Personengesellschaft sind die Voraussetzungen hinsichtlich der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen weniger streng. Jedoch können auch die gewerblich entprägten Personengesellschaft in die Gewerblichkeit rutschen.

Daneben sind weitere Themen, z.B. die Erbringung von Sonderleistungen außerhalb der unmittelbaren Immobilienüberlassung, der gewerbliche Grundstückshandel sowie die Beendigung der Immobilienverwaltung durch unterjährige Veräußerung des letzten Objekts weitere Themen, die insbesondere für die Anwendbarkeit der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung von Bedeutung sind.


Grunderwerbsteuer

Immobilientransaktionen sowohl in Form eines Asset Deals als auch in Form eines Share Deals lösen i.d.R. Grunderwerbsteuer aus. Die Höhe des Grunderwerbsteuersatzes hängt davon ab, in welchem Bundesland die Immobilie belegen ist. Der Grunderwerbsteuersatz variiert zwischen 3,5 Prozent (z.B. Bayern) und 6,5 Prozent (z.B. Nordrhein-Westfalen).

Bei Share Deals führt i.d.R. der Tatbestand der Anteilsvereinigung zur Auslösung der Grunderwerbsteuer. Ein beliebtes Gestaltungsinstrument waren bislang sog. RETT-Blocker-Strukturen, um die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Doch mit den Gesetzesänderungen, die ab dem 1. Juli 2021 gelten, kommt es u.a. auch zu einer Verschärfung der Regelung zur Anteilsvereinigung. Demnach kommt es bereits zu einer Besteuerung mit Grunderwerbsteuer, wenn 90 Prozent (statt bislang 95 Prozent) der Anteile innerhalb von zehn (statt bisher fünf) Jahren in der Hand des Erwerbers vereint werden. Darüber hinaus wird nun auch die bislang häufig praktizierte Gestaltungsmöglichkeit des Erwerbs der Anteile an Kapitalgesellschaften unter Beteiligung eines Co-Investors (mind. 5,1 Prozent) wegfallen. Denn die bislang nur für Personengesellschaften geltende Regelung soll nun auch auf Kapitalgesellschaften ausgedehnt werden: Künftig wird die Übertragung von mind. 90 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren Grunderwerbsteuer auslösen. Eine Ausnahme macht der Gesetzgeber für börsennotierte Unternehmen (sog. Börsenklausel).


Fazit und Ausblick

Der Teufel steckt im Detail: Gerade bei Immobilientransaktionen spielen steuerliche Aspekte in der Praxis oft nur eine untergeordnete Rolle. Jedoch können Transaktionen erhebliche Risiken für Käufer und Verkäufer bergen, die aufgrund des hohen Investitionsvolumen oft in Millionen-Beträgen liegen. Deshalb empfiehlt es sich, bei Immobilientransaktionen schon frühzeitig auf den steuerlichen Berater zuzugehen.

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