Verlustausgleich zwischen Kapitalerträgen, die der Abgeltungsteuer und dem Regeltarif unterliegen

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​Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 30. November 2016 (Az. VIII R 11/14) eine für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Entscheidung zur Verlustverrechnung bei Einkünften aus Kapitalvermögen getroffen. Er kommt zu dem erfreulichen Ergebnis, dass der Steuerpflichtige von einer horizontalen Verlustverrechnung zwischen tarifbelasteten (regelbesteuerten) und mit der Abgeltungsteuer belasteten Kapitalerträgen profitieren kann. Der BFH widerspricht ausdrücklich der bisherigen Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung. Im BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (BStBl. 2016 I, 85, Tz. 119a) können nämlich Verluste aus Kapitaleinkünften, die nach § 32d Abs. 1 EStG dem besonderen Steuersatz in Höhe von pauschal 25 Prozent unterliegen (sogenannte „Abgeltungsteuer), nicht mit positiven Erträgen aus weiteren Kapitaleinkünften verrechnet werden, die mit der Regelbesteuerung nach § 32d Abs. 2 EStG belastet sind.  

Im Streitfall hat der Kläger (Ehemann) für das Streitjahr 2009 einen nicht ausgleichsfähigen Verlust bei mit Abgeltungsteuer belasteten Kapitaleinkünften erzielt. Daneben hat er auch positive Erträge aus tarifbelasteten Kapitaleinkünften (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) bezogen. Darüber hinaus wurde dem Kläger anrechenbare ausländische Quellensteuern bescheinigt, die auf Kapitaleinkünfte entfallen, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Der Steuerpflichtige beantragte eine Verrechnung der Verluste aus Kapitalerträgen, die mit Abgeltungsteuer belastet sind, mit den erzielten positiven Kapitaleinkünften, die mit dem Regeltarif besteuert werden. Von den nach Verlustausgleich verbleibenden positiven, regelbesteuerten Kapitalerträgen beantragte der Kläger zudem den Abzug des sogenannten Sparer-Pauschbetrags gemäß § 20 Abs. 9 EStG in voller Höhe sowie die Anrechnung der bescheinigten ausländischen Quellensteuer. 

Der Kläger hat aufgrund des erfolglos gebliebenen Einspruchsverfahrens Klage beim zuständigen Finanzgericht erhoben. Das Finanzgericht hat jedoch die Sichtweise des Finanzamts bestätigt (FG-Urteil vom 22. Januar 2014, Az. II K 1485/12) und die Klage abgewiesen. 

Demgegenüber kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass sich das Finanzgericht zu Unrecht gegen eine horizontale Verlustverrechnung zwischen den tarifbelasteten und mit Abgeltungsteuer belasteten Kapitaleinkünften entschieden hat. Der Ehemann (Steuerpflichtige) kann mit einem Antrag auf Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) einen solchen horizontalen Verlustausgleich innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen erreichen. 

Mit dem gestellten Antrag auf Günstigerprüfung werden die Kapitaleinkünfte anstelle der Anwendung der Abgeltungsteuer den übrigen Einkünften im Sinne des § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen progressiven Einkommensteuer unterworfen, wenn dies zu einer niedrigeren Einkommensteuer führt. Der Senat führt aus, dass dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen ist, dass die hinzuzurechnenden Kapitaleinkünfte im Rahmen der Günstigerprüfung positiv sein müssen. Das Gesetz spricht nur von „Kapitaleinkünften”, was offenkundig auch Negativbeträge umfassen kann. Allerdings ermöglicht der Antrag keine uneingeschränkte Hinzurechnung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen zu den übrigen Einkünften nach § 2 EStG (sogenannte vertikale Verlustverrechnung). Denn durch den Verweis in § 32b Abs. 6 EStG auf die Ermittlung der Einkünfte im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 20 EStG kann aufgrund des eindeutigen Wortlauts in § 20 Abs. 6 S. 2 (nunmehr S. 1) EStG nur ein vertikaler Verlustausgleich positiver Einkünfte aus Kapitalvermögen, die mit Kapitalertragsteuersatz belastet sind, mit negativen Einkünften der übrigen Einkunftsarten gemäß § 2 EStG erfolgen. 

Allerdings enthält § 20 Abs. 6 EStG keine Beschränkung für einen horizontalen Verlustausgleich innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen und schließt damit eine Verlustverrechnung zwischen regelbesteuerten und mit Abgeltungsteuer belasteten Kapitaleinkünften nicht aus (entgegen BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, Tz. 119a). Dieser Verlustausgleich ist durchzuführen, wenn er zu einer niedrigeren Einkommensteuer führt.  

Der BFH hat den Urteilsfall an das Finanzgericht zurückverwiesen, um eine eventuelle Anrechnung einer ausländischen Quellensteuer auf die Kapitaleinkünfte zu prüfen. Demgegenüber ist der Abzug des Sparerpauschbetrags in Höhe von 801 Euro für Ledige (§ 20 Abs. 9 EStG) ausgeschlossen. Denn bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen können nur die tatsächlich angefallenen Werbungskosten und kein Sparerpauschbetrag abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG).  

Die vorstehende Entscheidung ist für den Steuerpflichtigen insoweit vorteilhaft, als der BFH eine Saldierung positiver und negativer Kapitaleinkünfte innerhalb des Kapitalvermögens durch einen Antrag auf Günstigerprüfung für zulässig erachtet. Entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung wird somit ein horizontaler Verlustausgleich zugelassen. Von dieser Entscheidung können auch Privatanleger von geschlossenen Beteiligungsmodellen profitieren, deren Fondskonzepte dem Anleger vorrangig positive und negative Kapitaleinkünfte zuweisen, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Bisher konnten diese Anleger im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung diese Kapitaleinkünfte nicht mit entsprechenden Kapitalerträgen ausgleichen, die der Regelbesteuerung unterliegen. Dies ist nunmehr möglich. Insoweit sollte die aktuelle BFH-Rechtsprechung beachtet werden.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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