Spanische Unternehmen innerhalb der Lieferketten von deutschen Herstellern – Fokus Automobilzulieferer und Agrarproduzenten

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veröffentlicht am 15. September 2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Das Inkrafttreten des deutschen Lieferkettengesetzes (LkSG) am 1. Januar 2023 wird in den übrigen EU-Ländern – und somit auch in Spanien – voraussichtlich zeitlich mit der Wiederbelebung der öffentlichen Debatte über den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie „über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit“, der am 23. Februar 2022 veröffentlicht wurde, über­ein­stimmen. Bekanntlich gehen die in dem Entwurf vorgesehenen Vorschriften in vielerlei Hinsichten über das deutsche LkSG hinaus, angefangen bei der Tatsache, dass sie eine größere Anzahl von Unternehmen betreffen.


Der Übergang vom „Soft-law“ zu zwingendem Recht im Bereich der Menschenrechtsachtung und des Nach­hal­tig­keits­ver­hal­ten der Unternehmen wird somit nicht nur die deutsche Diskussion beherrschen.

Auf den ersten Blick stellt das deutsche LkSG für die spanischen Unternehmen im Allgemeinen keinen Grund zur konkreten Reaktion dar. Die Tatsache jedoch, dass eine noch „strengere“ Europäische Regelung bald eine Realität sein könnte, sollte mindestens diejenigen Unternehmen, die eine fortgeschrittene „Compliance-Kultur“ anstreben, dazu bewegen, sich sowohl mit deren Grundsätzen als auch mit den neuen spezifischen Ver­pflich­tungen und Maßnahmen vertraut zu machen.


Wie und inwiefern wird das LkSG sich konkret auf die spanischen Unternehmen auswirken, die Bestandteil der Lieferkette eines oder mehrerer deutscher Hersteller sind?

Als Teil der EU und Unterzeichner von sämtlichen der im Anhang zum LkSG aufgeführten internationalen Über­einkommen besteht in Spanien grundsätzlich kein besonderer Grund zur Sorge hinsichtlich der Einhaltung der darin enthaltenen Menschenrechtsachtungsvorschriften oder Nachhaltigkeitspflichten. Wir möchten jedoch auf zwei spezifische Bereiche der spanischen Wirtschaft hinweisen, die voraussichtlich von den neuen Sorg­faltspflichten des LkSG direkter betroffen sein könnten, nämlich die Industrie der Autoteile und die Agrar­produktion.

In Spanien sind mehr als 1.000 Autoteilezulieferer ansässig; viele davon arbeiten hauptsächlich (wenn nicht ausschließlich) für einen oder mehrere der drei Produktionsstandorte, die die zwei hier tätigen deutschen Autohersteller derzeit betreiben. Darüber hinaus liefern viele spanische Autoteilehersteller an weitere in Deutschland ansässige Autozulieferer. Prinzipiell fallen sämtliche dieser Unternehmen unter den Begriff von „unmittelbarem“ bzw. „mittelbarem“ Zulieferer innerhalb der Herstellungskette der deutschen Produzenten.

Die andere Unternehmensbranche, die in Spanien vom LkSG direkter betroffen sein könnte ist u. E. die Agrar­produktion, insbesondere wegen der mit dieser Tätigkeit häufig verbundenen arbeitsrechtlichen Risiken sowie Umweltschutzrisiken. Obwohl in den letzten Jahrzehnten die Professionalisierung und Modernisierung der spanischen Agrarbetriebe allgemein anerkannt worden ist, tauchen jährlich immer noch eklatante Miss­brauchs­fälle in den Medien auf, die üblicherweise von der Beschäftigung von illegal eingewanderten Arbeits­kräf­ten unter unmenschlichen Bedingungen oder von der aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit stammenden umweltschädlichen Emissionen berichten. Spanische Agrarunternehmen sind bekanntlich Zulieferer von vielen deutschen Unternehmen, insbesondere Lebensmittelherstellern und Supermarktketten. Das bedeutet wieder­um, dass die in Spanien ansässigen Autozulieferer oder Agrarunternehmer in das nach dem LkSG von dem Hersteller einzuführenden „Due Diligence- und Compliance-Konzept“ einbezogen sein müssen. Konkret schließt das mindestens Folgendes ein:
 
Der spanische Unternehmer sollte vom allgemeinen Risikomanagement des Herstellers sowie in den regelmäßig durchzuführenden Risikoanalysen erfasst sein.


Der spanische Autozulieferer bzw. Agrarproduzent sollte mit der zwingend anzukündigenden „Grund­satz­er­klärung“ des Produzenten sowie mit deren Präventionsmaßnahmen vertraut sein.

Das spanische Unternehmen sollte in dem vom Hersteller einzuführenden Beschwerdeverfahren einbezogen sein.


Insbesondere wird der spanische Unternehmer voraussichtlich von der „vertraglichen Zusicherung“ bei der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutzverpflichtungen sowie von den „Schulungen“ und „Wei­ter­bil­dungen“ zu deren Durchsetzung direkt betroffen sein.


Die meisten, wenn nicht alle der spanischen Autozulieferer und Agrarunternehmer, die für deutsche Geschäfts­part­ner arbeiten, sind selbstverständlich bereits daran gewöhnt, hohe Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Die spezifischen Merkmale der vom LkSG eingeführten Verpflichtungen werden nichtsdestotrotz voraussichtlich von diesen Unternehmen eine nicht unerhebliche Anstrengung erfordern. Auf jeden Fall werden u. E. die ständige Kommunikation und die Absprache mit den in Deutschland niedergelassenen Geschäftspartnern unerlässlich sein.


Fazit

Die von uns empfohlene Herangehensweise für die spanischen Unternehmen in diesem Bereich wäre zwei­fel­los, eine proaktive und entschlossene Haltung einzunehmen. Anstatt sich nur vorzubereiten, um mit dem neuen „Papierkram“ zu kämpfen, sind wir davon überzeugt, dass sowohl die künftige EU-Richtlinie, als auch das LkSG (letzteres nur für die betroffenen Unternehmen), abgesehen von den eigenen ethischen Werte des Unter­neh­mens, eine hervorragende Chance bieten. Bspw., um den aktuellen und potenziellen Geschäftspartnern (ins­be­son­dere den deutschen) das eigene Engagement mit der Achtung der Menschenrechte und dem Umweltschutz zu zeigen, proaktiv auf die deutschen Hersteller zuzugehen und nach Absprache Vorschläge zu machen, wie der spanische Zulieferer in das Risikomanagement und in die Präventionsmaßnahmen des deutschen Geschäfts­part­ners eingegliedert werden könnte. Diese Proaktivität und Antizipation würde für das spanische Un­ter­neh­men – welches nach EU-Recht früher oder später selbst direkter Hauptadressat sein wird – einen großen Vor­sprung bedeuten, da man sich damit der neuen Realität am schnellsten anpassen konnte.


Abschließend kann gesagt werden, dass es für spanische Unternehmen innerhalb deutscher Lieferketten, seien sie mittelbare oder unmittelbare Zulieferer, sehr ratsam ist, entsprechende Maßnahmen in Ihre Geschäfts­ab­läufe (z.B. Compliance- und Nachhaltigkeitsabteilungen sowie Supply-Chain-Management) zu implementieren, um sich mit der Materie vor Inkrafttreten der Regelungen aus Deutschland und der EU vertraut zu machen und um ex post im eigenen Land zum Experten zu avancieren. Dabei ist der enge Austausch – v.a. zum un­mittel­baren Zulieferer – von äußerst großer Bedeutung, da Abläufe in dieser Weise effizienter koordiniert, aufgeteilt und umgesetzt werden können.

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