Early Tax Birds 23/2025: Von märchenhaften Steuern und abgefärbten Personengesellschaften

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 23/2025 (9. – 15. Juni 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 16. Juni 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

rein steuerlich betrachtet gab es in der vergangenen Woche keinen wirklichen „Kracher“ zu vermelden. Es gibt weit wichtigere Dinge als das Steuerrecht, wie uns die Schlagzeilen über Amoklauf, Flugzeugabsturz und weitere Bombardements tragisch in Erinnerung rufen. Die Realität dieser Tage lässt sich manchmal nur mit ein wenig Träumerei ertragen, und wo Träumerei ist, da sind Märchen nicht weit. Märchen sind Geschichten aus einer völlig anderen Welt. Hier ist einfach alles möglich: Sprechende Tiere laufen durch verwunschene Wälder und treffen auf verzauberte Prinzessinnen. Und während sich die Early Tax Birds insoweit an ihre Kindheit erinnert fühlen, fällt ihnen leider auf, dass im Märchen auch steuerlich vielleicht nicht immer alles optimal gelaufen ist. Denken Sie nur an „Hans im Glück“. In diesem Märchen tauscht der Protagonist einen großen Goldklumpen gegen immer minderwertigere Gegenstände. Am Ende kommt er zwar mit leeren Händen, aber befreit von jeder Last und glücklich zu Hause an – aber ist die Hingabe eines wertvollen Gegenstandes im Gegenzug für einen minderwertigen Gegenstand unter ertragsteuerlichen Tauschgesichtspunkten wirklich so eine gute Idee? Oder denken Sie an Schneewittchen. Das Haus, das Schneewittchen mit den Zwergen teilt, wird in einer Version des Märchens an die Zwerge weitergegeben, die sie nach dem Tod der Stiefmutter mitnehmen. War das nun eine Schenkung oder eine Betriebsaufspaltung? Gut gelaufen ist es hingegen im Märchen „Sterntaler“. Die Sterne, die als Silbertaler vom Nachthimmel fallen und das arme Waisenmädchen reich machen, dürften nicht unter die in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Insofern gibt es also auch im Märchen durchaus ein steuerliches Happy End. „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage in einem präferentiellen Steuerregime…“. 

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße

Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​

Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Bestätigung einer ausländischen Umsatzsteueridentifikationsnummer​

Das BMF hat mit Schreiben vom 6. Juni 2025 Abschnitt 18e.1 des UStAE geändert. Mit dieser Änderung wird festgelegt, dass Anfragen zur Bestätigung ausländischer Umsatzsteuer-Identifikationsnummern nach § 18e UStG ausschließlich über die vom BZSt im Internet bereitgestellte Online-Abfrage durchgeführt werden können. Die Änderung um UStAE soll ab dem 20. Juli 2025 anzuwenden sein. 
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Ermässigter Steuersatz auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln als Brennholz​​ 

Die beabsichtigte Veröffentlichung des BMF-Schreibens „Ermäßigter Steuersatz auf die Lieferung von Holzhackschnitzeln als Brennholz durch das JStG 2024“ vom 17. April 2025 wurde vom BMF am 6. Juni 2026 zurückgezogen. Es ist geplant, dass in Kürze ein überarbeitetes BMF-Schreiben hierzu ergehen wird. Bis zum Ergehen eines neuen BMF-Schreibens sollen die Grundsätze der BMF-Schreiben vom 4. April 2023 und vom 29. September 2023 unverändert fortgelten​.
 

Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) gemäss § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG

Mit Schreiben vom 6. Juni 2025 hat das BMF seine Auffassung zum Urteil vom 29. August 2024 (V R 43/21) des BFH geäußert. Dennoch sollen auch bei einer Zusammenfassung von mehr als zwei BgA die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG jeweils zwischen allen BgA einzeln vorliegen müssen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bereits nach der systematischen Stellung von § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG innerhalb von § 4 KStG bei dem oder den in der Norm genannten bzw. in Bezug genommenen BgA um den in § 4 Abs. 1 KStG definierten Betrieb handelt. Nicht erfasst seien hingegen bereits nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammengefasste BgA. Diese Auslegung des Gesetzes wird vom BMF jedoch nicht geteilt und nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar.

Aufwandsabgrenzung bei Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden 

Die Finanzverwaltung beabsichtigt ​ihre Grundsätze zur Abgrenzung von Anschaffungs-, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Instandsetzung und Modernisierung umfangreich zu überarbeiten. Dazu hat sie den Verbänden einen Entwurf für eine Neufassung des BMF-Schreibens vom 18. Juli 2003 mit Rückmeldefrist bis zum 11. Juli 2025 vorgelegt. Neben zahlreichen Anpassungen an zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung, sind auch vielfältige Neuerungen und Konkretisierungen der Beispiele in dem Entwurf vorgesehen. ​
   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Generalanwältin hegt Zweifel an der Rechtsgrundlage für ATAD I

Generalanwältin Kokott hat in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache C-524/23 – soweit ersichtlich erstmals – Zweifel an der unionsrechtlichen Rechtsgrundlage für die sog. Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie I geäußert. Dies steht im Einklang mit der wohl herrschenden Meinung in der Literatur auch in Deutschland, die Art. 115 AEUV nicht als ausreichende Kompetenzgrundlage ansieht. Ihre Ausführungen sind so schlicht wie bestechend: Erstens - Der EuGH hat Maßnahmen gegen Steuervermeidungspraktiken bisher stets als rechtfertigungsbedürftige Beschränkungen der Grundfreiheiten, in der Regel der Niederlassungs- und Kapitalfreiheit, angesehen. Zweitens - Da die Wahrung der Grundfreiheiten der Wirtschaftsteilnehmer insbesondere dem Funktionieren des Binnenmarktes dient, erscheint es widersprüchlich anzunehmen, dass eine Einschränkung eben dieser Grundfreiheiten dasselbe Ziel fördern könnte. Drittens - Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung wäre wirkungslos, wenn die EU unbegrenzte Befugnisse zur Harmonisierung von Gesetzen mit der Begründung erhalten würde, dass dies per se das Funktionieren des Binnenmarkts fördern würde. Das Erfordernis der direkten Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes, wie es Art. 115 AEUV aber voraussetzt, wäre damit obsolet. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten – wir informieren Sie auf jeden Fall als Erstes. Die Überlegungen der Generalanwältin sind aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.


EU verhandelt über erhöhte US-Quellensteuern 

Die EU streitet Medienberichten zufolge über eine Bestimmung von Donald Trumps sogenanntem „One Big Beautiful Bill“ (wir berichteten) für den US-Haushalt, die dazu führen könnte, dass europäische Unternehmen als Vergeltung für bestimmte Steuern, die US-Unternehmen in Übersee auferlegt werden, höher besteuert werden als andere, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Unterausschusses für Steuern des Europäischen Parlaments gegenüber Euronews. Der deutsche Abgeordnete Markus Ferber sagte, die Europäische Kommission habe die vorgeschlagene Gesetzgebung - die bereits vom Repräsentantenhaus gebilligt wurde - in den laufenden Zollverhandlungen mit der Trump-Regierung sehr deutlich angesprochen. „Wir sind besorgt, weil in diesem „One Big Beautiful Bill' spezielle Steuern für Länder vorgesehen sind, die den USA Steuern auferlegen“, so Ferber gegenüber Euronews. Zudem könnten die Neuregelungen auch all jene Staaten treffen, die Digitalsteuern eingeführt haben.
  
​Ungeachtet dessen wurde der Gesetzesentwurf schon am 22. Mai 2025 durch das US-Repräsentantenhaus genehmigt​. Der Gesetzentwurf enthält weitreichende steuerliche Aktualisierungen, die sich sowohl auf die Besteuerung von Unternehmensgewinnen in den USA als auch auf die Behandlung von Gewinnausschüttungen an ausländische Investoren auswirken. Der Senat wird nun über den Gesetzentwurf beraten und möglicherweise Änderungen vorschlagen. Die endgültige Verabschiedung hängt von den Verhandlungen zwischen dem Senat und dem Repräsentantenhaus ab und könnte jederzeit zwischen dem 4. Juli 2025 und dem 31. Dezember 2025 erfolgen.​ Einen Ausblick über die möglichen steuerlichen Folgen aus dem Gesetzesentwurf haben unserer Kollegen auf unserer Internetseite veröffentlicht. (Deutsch und Englisch)

    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Keine Gewerbesteuerpflicht der aufwärts abgefärbten Personengesellschaft​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 28. Mai 2025, IV B 13/24​​​​. Darin befasste sich der BFH mit einer Personengesellschaft, die ausschließlich vermögensverwaltend tätig war. Sie war jedoch an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt. Aufgrund dieser Beteiligung galten ihre Einkünfte gemäß §15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG einkommensteuerlich als gewerbliche Einkünfte. Das Finanzamt behandelte die Gesellschaft deshalb auch gewerbesteuerlich als gewerblichen Betrieb i.S.d. §2 Abs. 1 Satz 1 GewStG und erließ einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid. Die Gesellschaft klagte gegen diese Qualifizierung mit Erfolg vor dem FG Köln. Das Finanzamt legte daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH ein.


Das Finanzamt war der Auffassung, dass eine Personengesellschaft, die aufgrund der Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft einkommensteuerlich als Gewerbebetrieb gilt, auch gewerbesteuerlich als solcher behandelt werden müsse. Es sah durch die vorinstanzliche Entscheidung erhebliche Zweifel an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und verwies auf mögliche Gestaltungsmissbräuche sowie eine angeblich bestehende verfassungsrechtliche Unsicherheit. Zudem führte das Finanzamt an, dass gegen ein früheres BFH-Urteil (IV R 24/20) Verfassungsbeschwerde eingelegt worden sei, und sah hierin weiteren Klärungsbedarf. Die Klägerin hingegen verwies auf die ständige Rechtsprechung des BFH, wonach §  2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform so auszulegen sei, dass eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, die nur infolge der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG als gewerblich gilt, nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

 

Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Er stellte klar, dass die vom Finanzamt aufgeworfene Frage bereits durch die Rechtsprechung abschließend geklärt sei. Danach ist §  2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Personengesellschaft, die selbst nur vermögensverwaltend tätig ist und deren Einkünfte lediglich aufgrund einer Beteiligung an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft als gewerblich gelten, nicht als Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts gilt. Der BFH verwies dazu insbesondere auf die Entscheidungen IV R 30/16, IV R 24/20, IV R 10/21​ sowie den Beschluss VIII R 1/22, die diesen Rechtsstandpunkt stützen. Auch die vom Finanzamt vorgetragenen Einwände, insbesondere hinsichtlich möglicher Umgehungsgestaltungen, einer ausbleibenden Gewerbesteuerbelastung bei Holdingstrukturen oder die Ungleichbehandlung gegenüber Kapitalgesellschaften, seien bereits umfassend geprüft und zurückgewiesen worden. Eine erneute Befassung des Gerichts sei daher nicht erforderlich. 


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
IX R 2/23
​6. Mai 2025
Statthafte Klageart und Klagefrist für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
​​IX R 11/22
11. März 2025
Verstoß gegen die Bindungswirkung eines zurückverweisenden Revisionsurteils
V B 13/24
19. Mai 2025​
​Zur Bezeichnung des Klagebegehrens

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 Early Tax Birds​​

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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

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Philip Nürnberg

Dipl. Finanzwirt (FH), Master of International Taxation (M.I.Tax), Steuerberater

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