Ertragsteuerliche Behandlungen von Sanierungsgewinnen: BMF erlässt Nichtanwendungserlass

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veröffentlicht am 6. April 2018

 

Mit Beschluss vom 28. November 2016 – GrS 1/15 hat der Große Senat nach Vorlage des Zehnten Senats entschieden, dass das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 IV A 6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240; sog. Sanierungserlass) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Nunmehr liegt eine weitere Entscheidung des Zehnten Senats vor (BFH Urteil vom 23. August 2017, X R 38/15), bei der auch das nach der Großen Senatsentscheidung erlassene Anwendungsschreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 27. April 2017, BStBl I 2017, 741 für rechtswidrig erklärt. Aufgrund dessen erlässt das BMF einen Nichtanwendungserlass aus Vertrauensschutzgründen.
 

 

Ausgangssituation

Die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen steht seit jeher mit den Zielen der Insolvenz­ordnung in einem „Konflikt”. Um ihn aufzulösen, hat die Finanzverwaltung auf Grundlage der §§ 163, 227 AO mit dem Sanierungserlass in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, unter welchen Voraussetzungen Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn aus Gründen sachlicher Billigkeit erlassen werden können. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat entschieden, dass der Sanierungs­erlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Im Nachgang ist das BMF-Schreiben vom 27. April 2017, BStBl I 2017, 741, erlassen worden. Auch das hat der BFH aus denselben Gründen gekippt.
 

Aktuelles BMF-Schreiben vom 29. März 2018; IV C 6 - S 2140/13/10003

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze der BFH-Urteile vom 23. August 2017 (I R 52/14, X R 38/15, BStBl 2018 II S. xxx) nicht über die entschiedenen Einzelfälle hinaus anzuwenden.
 
Das bedeutet, die Finanzverwaltung sieht sich an die mit BMF-Schreiben vom 27. April 2017 (BStBl I S. 741) veröffentlichte Vertrauensschutzregelung im Umgang mit Altfällen (Schuldenerlass bis einschließlich 8. Februar 2017) durch den Willen des Gesetzgebers weiterhin gebunden. In der Begründung zum Gesetz­entwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zum Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen wird ausdrücklich auf diese Vertrauensschutzregelung Bezug genommen (vgl. BT-Drs. 18/12128, S. 33). Demnach ist für Schuldenerlasse bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 aus Ver-trauensschutzgründen – entsprechend dem o. g. BMF-Schreiben – weiterhin nach dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240 (sog. Sanierungserlass) zu verfahren.
 
Der Deutsche Bundestag hat sich dem Vorschlag angeschlossen und die Verfahrensweise der Verwaltung ausdrücklich gebilligt, den Sanierungserlass für Altfälle weiterhin anzuwenden. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags hat damit in seinem Bericht die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannte Vertrauensschutzregelung der Verwaltung mittels sog. beredten Schweigens des Gesetzgebers akzeptiert.
 
Das entsprechende Schreiben wird im Bundessteuerblatt zusammen mit den BFH-Urteilen vom 23. August 2017 (I R 52/14, X R 38/15) veröffentlicht. Es steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen zum Download bereit.​
 

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