IT-Integration bei der Verschmelzung von Unternehmen: Möglichkeiten und Erfolgsfaktoren

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zuletzt aktualisiert am 3. Februar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Beim Kauf eines Unter­nehmens spielen die IT bzw. die IT-Systeme meist eine unter­geord­nete Rolle. Es wird vor­rangig auf den Gesamt-Value des Unter­nehmens geachtet. Je nach Geschäfts­modell wird das dem Stellen­wert der IT als Business Enabler für die meisten Unter­nehmen nicht gerecht.


Oft bietet die IT in PMI-Projekten die meisten Ansatzpunkte für Synergien und Einsparungen, verursacht aber auch häufig die höchsten Kosten. Nach aktuellen Untersuchungen und Umfragen lassen sich bis zu 30 Prozent der summierten IT-Kosten beider Unternehmen durch Synergien bei Anwendungen, Technologie und IT-Organisation einsparen.



Die oben genannte Definition des Zielbilds umfasst auch die Bewertung und Konsolidierung von aktuellen und geplanten IT-Projekten, Initiativen und der IT-Servicelandschaft auf der Käufer- und Verkäuferseite.

 

Nach der Akquisition stellt man sich oft folgende Fragen:

  • Wie bekommt man die IT-Systeme in Einklang?
  • Wo sind Stolperfallen und auf was muss man achten?
  • Wie entscheidet man sich für die richtige IT-Strategie?
  • Welche Synergien bieten sich im Bereich der ERP-Systeme?

 

Um die Synergien im PMI-Projekt zu realisieren, müssen zunächst die Felder genauer analysiert werden. Auf Basis der Ergebnisse werden Synergieziele, die Höhe der erwarteten Einsparungen sowie Maßnahmen und Aufgaben­pakete zu deren Erreichung abgeleitet. Sie werden dann den operativ verantwortlichen Bereichen oder speziell eingerichteten Teams zugeordnet.


Lassen Sie uns nachfolgend verschiedene Lösungsansätze und Aspekte beleuchten, die mit dem heutigen Stand der Technik möglich sind. Es gibt – vereinfacht gesehen – drei Möglichkeiten, die IT-Landschaften des erworbenen Unternehmens und des Käuferunternehmens zu integrieren. Dem sollte bei der Trans­aktions­vorbereitung die Analyse der IT des zu erwerbenden Unternehmens vorausgehen.

 

Wichtige Punkte für ein vollständiges Bild zur Wahl des richtigen Integrationsansatzes und der Identifikation von Synergien sind dabei die

  • Bewertung der Abhängigkeiten von der IT (Business Impact Analyse);
  • Durchsicht der IT-Strategie;
  • Ermittlung der IT-Organisation;
  • Erhebung der IT-Personalausstattung inkl. Ausbildungsstand;
  • Aufnahme der Systemlandschaft (Systeme, Schnittstellen und Netzwerktopologie);
  • Bewertung des Reifegrads der IT- Prozesse (Änderungsmanagement, Benutzermanagement, Betrieb, Business Continuity usw.) und IT-Managementsysteme (z.B. zur Informationssicherheit und dem Datenschutz) ;
  • Ermittlung des Leistungsbezugs von Dienstleistern;
  • Erhebung der aktuellen und geplanten IT-Projekte;
  • Bewertung der Lizenzsituation;
  • Aufnahme von weiteren Assets im Bereich IT wie selbstentwickelte Software (Intellectual Property) sowie die
  • Verfügbarkeit von aufbewahrungspflichtigen Daten und der Aufwand für die Übergabe an den Käufer.

 

Parallelbetrieb mit Schnittstellen

Die im Vergleich zu den anderen Integrationsmethoden meist einfachste Lösung ist der Parallelbetrieb der IT-Systeme der beiden Unternehmen. Allerdings ist der Zeitaufwand für die Einrichtung von Schnittstellen, abhängig von ihrer Anzahl und Komplexität, nicht zu unterschätzen.

 

Die Voraussetzung hierfür ist, dass das Datenmodell und die Datenflüsse beider Unternehmen detailliert bekannt sind. Auf Basis dieser Informationen werden Schnittstellen zwischen den Systemen, die führenden Daten und Systeme sowie deren technische Integration definiert. Der Ansatz hat den Vorteil, dass der Geschäftsbetriebs beider Unternehmen wenig gestört wird, jedoch die Synergien aufgrund des Parallelbetriebs mit allen damit verbunden Kosten im Bereich Personal, Prozesse, Hard- und Software meist gering sind.

 

Ein solches Vorgehen kann eine temporäre Lösung sein, sofern die IT nicht den hohen Stellenwert für das Geschäft des Unternehmens hat und die zu erreichenden Synergien durch eine Integration der IT überschaubar sind.

 

Klassischer Merge der IT zweier Unternehmen

Im Regelfall werden die IT-Landschaften und Organisationen beider Unternehmen schrittweise zusammen­geführt, um das Synergiepotenzial möglichst auszuschöpfen. Dabei ist es wichtig, im besten Fall schon vor dem Kauf, das Zielbild – Target Operating Model, kurz TOM – und den Weg dahin zu definieren. Die Zusammenführung erfordert eine klare Vorstellung der Ziel-IT-Landschaft, IT-Organisation und IT-Prozesse inkl. der Nutzung von externen Dienstleistern.

 

Merge mit Dritt-Software-Anbietern

Die komplexeste Methode, zwei Unternehmen auf einem System zu vereinen, ist die Zusammenführung mittels Dritt-Software-Anbieter. Ein Projekt dieser Art ist sehr zeitintensiv, aufwendig und zieht meist zusätzliche Kosten für Lizenzen nach sich. Der Aufwand lohnt sich, wenn man historische Daten unbedingt benötigt.


Eigentlich klingt es ganz einfach: Man setzt die Software ein, drückt auf einen Knopf und die Daten sind umgesetzt. Die Herausforderung ist es, genauer hinzusehen, im Detail zu besprechen und zu konzeptionieren, ob z.B. beide Unternehmen die gleichen Zahlungsbedingungen benutzen. In der Praxis ist es nahezu unwahrscheinlich, dass zwei verschiedene Organisationen die gleichen Rahmenbedingungen in einem System implementiert haben. D.h., es muss ein Konzept für alle Objekte im System gemacht werden, wie sie von A nach B umgesetzt werden müssen.


Anhand des Beispiels der Zahlungsbedingungen erkennt man auch, dass nicht frei definiert werden kann, ob man es künftig noch benutzt, denn hier bildet man vertraglich festgelegte Konditionen in einem System ab, die auch nach dem Merge noch Bestand haben. Konsequentes Vorgehen in dem Beispiel wäre, mit den Kunden und Lieferanten neue Zahlungsvereinbarungen auszuhandeln.

 

Fazit

Das Top-Management steht unter gewaltigem Druck, die getätigten Investitionen durch die Hebung von Synergien zu rechtfertigen. Sowohl der Kapitalmarkt, Banken als auch die eigenen Aufsichtsgremien haben ein großes Interesse am Fortschritt der Integration und der Erreichung der gesteckten Ziele.


Viele Unternehmen unterschätzen dabei die Dauer und den Aufwand für die Integration, die durch die Überlastung der verfügbaren Ressourcen und unerwartete Störungen auftreten können. Meist sind die Projektmitarbeiter auch im Tagesgeschäft der IT eingebunden.


Die aus unserer Erfahrung heraus wichtigsten Erfolgsfaktoren im Bereich der IT-Integration liegen zusammenfassend in der

  • frühzeitigen Definition des Zielbilds für die Zeit nach der erfolgreichen Integration und der konsequenten Ableitung der IT-Ziele und IT-Strategie auf Basis der Unternehmensstrategie,
  • Identifikation der Synergien mit Konzentration auf die relevanten Werttreiber und dem Tempo der Integration,
  • starken Projekt-Governance mit kontinuierlichem Zielabgleich und dem Fokus auf die Verringerung der Komplexität,
  • Berücksichtigung der Kultur beider Unternehmen und Mitnahme der betroffenen Mitarbeiter durch eine geplante und proaktive Kommunikation (Change Management) sowie in der
  • Berücksichtigung der Anforderungen und Störungen aus dem Tagesgeschäft in der Planung der Verfügbarkeit der beteiligten Projektmitglieder.

Ein durchgängiger PMI-Prozess stellt sicher, dass Sie das Ziel nicht aus den Augen verlieren und die geplanten Synergien schrittweise realisieren.

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