Das Finanz­restruk­tu­rie­rungs­ver­fahren in Saudi-Arabien

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veröffentlicht am 13. März 2023 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Seit der Einführung des neuen Insolvenzgesetz im Jahr 2018 im Königreich Saudi-Arabien hatten wir die Gelegenheit, mehrere Fälle zu erleben, die uns dazu veran­lassten, uns eingehend mit dem neuen Finanzrestrukturierungsverfahren (FRP) zu befassen, das vom Königreich Saudi-Arabien im Rahmen seines Insolvenzgesetzes erlassen wurde.

 

 

 

  

Das FRP als Pflicht und Chance für den Schuldner

Während der Covid-19-Pandemie hat das FRP seine Daseinsberechtigung bereits mehr denn je eingefordert. Es ist wahrscheinlich, dass die FRP in den kommenden Monaten und Jahren eine wichtige Rolle spielen wird. Das neue FRP liefert umfassende und relevante Kenntnisse über eine Vorstufe einer Insolvenzsituation in KSA. Der Artikel soll einen groben Überblick über die Risiken, aber auch Chancen des neuen FRP geben. 
 
Die FRP ist ein neues Modellinsolvenzverfahren, das durch das Insolvenzgesetz eingeführt wurde, das durch das Königliche Dekret Nr. (M/50) vom 28/05/1439 erlassen wurde. Ein solches Modell war weder in den frü­heren Insolvenzgesetzen noch in einem anderen saudischen Gesetz vorgesehen.
 

Eine Vorstufe zur Vermeidung einer vollständigen Insolvenz in KSA

Der Zweck der Insolvenz besteht darin, dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, mit seinen Gläubigern eine Vereinbarung zu treffen, die es ihm ermöglicht, sein Unternehmen aufrechtzuerhalten und es (unter der Aufsicht eines Insolvenzverwalters) selbst weiterzuführen. Im Gegenzug erhält der Gläubiger seine Rechte durch den Erlös aus dem Verkauf eines Teils der Vermögenswerte des Schuldners und aus den Erträgen des laufenden Geschäftsbetriebs des Schuldners.
 
Generell unterscheidet sich die FRP in mehreren Aspekten vom herkömmlichen Liquidationsverfahren, u. a. dadurch, dass die FRP im Wesentlichen auf der Nutzung des Zeitfaktors beruht, d. h. die Umsetzung der FRP erfolgt nicht sofort, sondern kann sich bei Genehmigung des FRP-Plans über mehrere Jahre erstrecken, da der Schuldner den Plan in zwei Teilen umsetzt, und zwar hauptsächlich durch: 
  • einen Teil seiner Vermögenswerte veräußert und mit dem Verkaufserlös einen Teil der Schulden als Sofortmaßnahme tilgt und 
  • die Nutzung des Geschäftsbetriebs des Schuldners unter der Aufsicht des Treuhänders und die Verwendung der Unternehmensgewinne (falls vorhanden) zur Tilgung der restlichen Schulden als fortlaufender Teil.
 

FRP und andere Mittel der Umstrukturierung nach dem Insolvenzgesetz

Im Vergleich zur BRP behält der Schuldner bei einem präventiven Vergleich die Verwaltung seines Unter­neh­mens vollständig bei, ohne einen Treuhänder zu bestellen. Bei der Liquidation stellt der Schuldner die Verwal­tung seines Unternehmens sofort ein und wird bei der Erfüllung aller seiner Pflichten und der Wahrnehmung aller Rechte vollständig durch einen Insolvenzverwalter ersetzt.
 
Im Falle eines vorsorglichen Vergleichs tritt die Stundung nicht automatisch mit der Eröffnung des Verfahrens ein, sondern der Schuldner muss beim Gericht einen Antrag auf Anordnung der Stundung stellen. Diesem Antrag ist ein Bericht eines zugelassenen Treuhänders beizufügen, der dem Gericht mitteilt, dass die meisten Gläubiger den Vorschlag annehmen würden. Das Gericht kann den Moratoriumsantrag nach eigenem Ermessen annehmen oder ablehnen. Beim FRP und bei der Liquidation hingegen tritt das Moratorium unmittelbar nach Einreichung des Antrags auf Einleitung des Verfahrens in Kraft. Der Unterschied zwischen den beiden Verfahren ist das Ablaufdatum des Moratoriums.
 
Das Handelsgericht überwacht die Durchführung des Verfahrens im Allgemeinen und entscheidet über Strei­tig­keiten, die sich aus dieser Durchführung ergeben können, und verhängt die im Gesetz vorgesehenen straf­recht­lichen Sanktionen – zum Beispiel, wenn eine FRP eingeleitet wurde, der Schuldner aber seinen Antrag mit falschen oder unzureichenden Angaben gestellt hat, indem er nicht alle Schulden offengelegt oder die Gläu­biger nicht entsprechend informiert hat. 
 

Umgang mit Handelsgeschäften im Rahmen der FRP

Handelsgeschäfte werden nicht automatisch gekündigt, wenn das Verfahren eingeleitet wird. Außerdem ist der Schuldner oder Gläubiger nicht verpflichtet, einen Vertrag zu kündigen. Alle Verträge bleiben in der Regel un­ver­ändert gültig, und die beiden Parteien sind weiterhin verpflichtet, die Verträge gemäß ihren Bedingungen zu erfüllen. Wenn jedoch in einem Vertrag festgelegt ist, dass eine Partei das Recht hat, den Vertrag zu kündigen oder die sofortige vollständige Rückzahlung zu verlangen, wenn die andere Partei der GFK unterliegt, ist diese Klausel nichtig, und der Vertrag bleibt unabhängig von dieser Klausel unverändert bestehen. 
 
Der Schuldner muss seine Finanzlage und den Umfang seiner Schulden im Allgemeinen offenlegen, ein­schließ­lich der Einzelheiten und Informationen über seine Gläubiger und deren Verträge in zwei Stufen. Wenn der Schuldner derjenige ist, der den Antrag auf Einleitung des FRP gestellt hat, muss er dem Gericht alle Infor­ma­tionen und Unterlagen zu seiner finanziellen Situation vorlegen, darunter natürlich auch detaillierte Angaben zu Schulden und Gläubigern und alle diesbezüglichen Unterlagen. 
 
Ist der Schuldner nicht der Antragsteller, so verpflichtet das Gericht den Schuldner, ihm die gleichen Infor­ma­tionen und Unterlagen zu übermitteln. Danach muss der Schuldner dem Insolvenzverwalter – nach dessen Ernennung – eine detaillierte Liste der gültigen Verträge zusammen mit Kopien dieser Verträge und einem Bericht vorlegen, aus dem hervorgeht, welche Verträge der Schuldner fortsetzen oder kündigen möchte und wie er dies begründet.
 
Die Gläubiger werden auf zweierlei Weise über den Beginn der HWRP des Schuldners informiert, nämlich durch öffentliche Bekanntmachung und durch private Benachrichtigung.
 

Den Gläubigern wird empfohlen, die Zahlungsfristen ihrer Kunden und Korrespondenten einzuhalten

Innerhalb von (90) Tagen nach der Bekanntmachung oder Mitteilung gemäß dem vorstehenden Absatz muss der Gläubiger dem Treuhänder seine Forderungen vorlegen und ihm alle Unterlagen und Informationen zu den Forderungen und deren Nachweis übermitteln, einschließlich, aber nicht beschränkt auf den Wert der For­de­rung und den Betrag der noch nicht fälligen Schulden und den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, ob die Schulden be­sichert sind oder nicht, die Art der Sicherheit und alle anderen wesentlichen Informationen zu der Forderung. 
 
Reicht ein Gläubiger seine Forderung nicht ein, nachdem er innerhalb der festgelegten Frist (90 Tage ab dem Datum der Ankündigung des Beginns des FRP) benachrichtigt wurde, wird er in der Regel von der Abstimmung über den FRP-Vorschlag ausgeschlossen. Es ist jedoch eine detaillierte Bewertung der Rechte des Gläubigers im Falle der Nichtanmeldung und des Ablaufs der Frist zur Anmeldung seiner Forderungen erforderlich.
 
Der Schuldner ist verpflichtet, die Gläubiger in verschiedene Kategorien aufzuteilen, wenn es mehrere Gläu­biger gibt und Unterschiede hinsichtlich der Herkunft ihrer Schulden oder ihrer Rechte bestehen. Trotz der Klarheit des Gesetzes bezüglich der Verpflichtung des Schuldners, die Gläubiger in Kategorien einzuteilen, ist die Regelung nicht eindeutig, wie die Gläubiger in Klassen einzuteilen sind.
 
Falls Unternehmen als Schuldner oder Gläubiger von einer HWRP betroffen sind, sollten sie rechtzeitig professionellen Rat einholen, um ihre Rechte so weit wie möglich zu sichern. Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel keine Rechtsberatung darstellt oder ersetzt.
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