MwSt.-Erstattung für nicht in der EU ansässige Wirtschaftssubjekte mit einer Betriebsstätte in Italien

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 veröffentlicht am 11. März 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Mit dem Urteil Nr. 25685 vom 4. September 2023 hat sich der Kassationsgerichtshof mit den Modalitäten der Rückerstattung für die in Italien erworbenen MwSt.-Guthaben von nicht in EU ansässigen Wirtschaftssubjekten mit einer Betriebsstätte in Italien, befasst. 
Insbesondere wurde das Thema der MwSt.-Rückerstattung eines luxemburgischen Subjekts aufgegriffen, der eine Betriebstätte in Italien innehatte, obwohl dieses nicht direkt an den Transaktionen beteiligt war, die zum Guthaben geführt haben. 




Das Kassationsurteil hat die Bestimmungen der italienischen MwSt.-Gesetzgebung bestätigt, wonach die Rückerstattung des MwSt.-Guthabens direkt aus dem Ausland voraussetzt, dass in Italien keine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen vorhanden ist. Beim Bestehen einer Betriebsstätte, unabhängig von ihrer Beteiligung an passiven Umsätzen, erfolgt die Rückerstattung des MwSt.-Guthabens nur über die MwSt.-Position der Betriebsstätte, gemäß den geltenden steuerlichen Vorschriften für Ansässige.

Um einen vollständigen Überblick zu erhalten, ist ein zeitlicher Rückblick notwendig. Die erste EU-Zensur der italienischen Regelung, zur Erstattung der MwSt. an gebietsfremde Steuerpflichtige, stammt aus dem Jahr 2009 mit dem Urteil des Gerichtshofs EU C-244/08. 

Zum Zeitpunkt dieses Urteils sah der damals geltende Art. 38-ter des Präsidialdekrets 633/1972 ("MwSt.-Dekret") vor, dass ein EU-Steuerpflichtiger, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und eine Betriebsstätte in Italien hält, das Recht auf MwSt.-Abzug bei der MwSt.-Abrechnung der Betriebsstätte nicht geltend machen konnte, wenn das MwSt.-Guthaben nicht von der Betriebsstätte, sondern direkt von der Hauptniederlassung generiert wurde. 

Der Steuerpflichtige war in diesem Fall verpflichtet, die MwSt.-Erstattung gemäß dem Verfahren der achten (2008/9/Ce) und der dreizehnten (86/560/CEE) Richtlinie, anzufordern. Folglich war aufgrund der Nichtbeteiligung der Betriebsstätte an der Transaktion, die die MwSt.-Gutschrift generiert hatte, die Rückerstattung ausschließlich aus dem Ausland zulässig. Es bestand daher nicht die Möglichkeit, das MwSt.-Guthaben der Hauptniederlassung in die MwSt.-Abrechnung der Betriebsstätte in Italien miteinzubeziehen. 

Nach dem Urteil der Europäischen Union hat der italienische Gesetzgeber eingegriffen, um die innerstaatliche Regelung anzupassen. Mit der im Jahr 2009 vorgenommenen Änderung des damaligen Art. 38-ter, der heute im aktuellen Art. 38-bis2 des Präsidialerlasses 633/72 neu gefasst wurde, kann das EU-Subjekt keine Rückerstattung aus dem Ausland, für das durch die italienische Betriebsstätte erworbene MwSt.-Guthaben, beantragen. Das MwSt.-Guthaben muss zur Gänze in die MwSt.-Position der Betriebsstätte einfließen.
 
Es ist plausibel zu glauben, dass man durch diese Änderung von einem Extrem zum anderen geschlittert ist, ohne auf die innergemeinschaftlichen Grundsätze vollständig einzugehen. Von der einstigen Verpflichtung für eine nicht in der EU ansässige Person, die Erstattung direkt aus dem Ausland zu beantragen (ohne den MwSt.-Abzug über die Betriebsstätte zu erstatten, wenn die Betriebsstätte nicht an der Transaktion beteiligt war), wurde auf das Verbot der Erstattung aus dem Ausland umgestellt, wobei das Guthaben über die Betriebsstätte erfolgen muss (auch wenn diese nicht direkt an der Transaktion, die zur der MwSt.-Gutschrift geführt hat, beteiligt war).

Um den Grundsatz der EU-Zensur zu verstehen, sollte das Ergebnis der Urteile des Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen C-318/11 und 319/11 aufgegriffen werden. Der Gerichtshof hat demnach ausgeschlossen, dass einem Wirtschaftssubjekt, das in einem Mitgliedstaat ansässig ist und in einem zweiten Mitgliedstaat eine Niederlassung hält, das Recht auf Erstattung der MwSt. laut der Richtlinie 2008/9/EG von den Steuerbehörden des zweiten Mitgliedstaats verweigert werden kann, wenn der Steuerpflichtige hier nicht die Möglichkeit hat, steuerpflichtige Umsätze zu tätigen und somit eine MwSt.-Schuld zu generieren. Das Verbot der direkten Rückerstattung "von einem elektronischen Portal" ergibt sich daher nicht aus der bloßen Existenz der Betriebsstätte, sondern aus der konkreten Möglichkeit, diese für Transaktionen zu nutzen, die im Land der Niederlassung eine MwSt.-Schuld erzeugen und somit eine effizientere Einziehung der MwSt.-Gutschrift durch Abzug ermöglichen. 

Angesichts des derzeitigen internen Rechtsrahmens und der strengen Auslegung, die unserer Meinung nach nicht mit der EU-Rechtsprechung übereinstimmt, haben die nicht in Italien ansässigen EU-Bürger keine Möglichkeit, die effizienteste Methode zur Eintreibung des hier angefallenen MwSt.-Guthabens zu wählen (Abzug über die MwSt.-Position der Betriebsstätte oder direkte Rückerstattung aus dem Ausland über ein „elektronisches Portal“). Außerdem müssen diese sich auch an die strengen Regeln halten, die für Gebietsansässige für den Erhalt der Rückerstattung gelten, wie z. B. die Möglichkeit, nur den geringsten abzugsfähigen Überschuss der letzten drei Jahre zur Rückerstattung zu verlangen (gemäß Art. 30 des Präsidialerlasses 633/1972) oder die Verpflichtung, eine Bank- oder Versicherungsgarantie zugunsten der Finanzverwaltung für Erstattungsanträge von mehr als 30.000 Euro bereitzustellen (gemäß Art. 38-bis des Präsidialerlasses 633/1972).

Dies führt zu einer unterschiedlichen Behandlung zwischen einer gebietsfremden Person ohne Betriebsstätte, die direkt aus dem Ausland in Italien operativ ist, und einer ausländischen Person, die aus dem Ausland die für die MwSt. relevanten Transaktionen in Italien durchführt und die über eine italienische Betriebsstätte verfügt (die jedoch nicht an den Transaktionen beteiligt ist, die die MwSt.-Gutschrift generiert hat).

Zusammenfassend ist ein regulatorisches Eingreifen des italienischen Gesetzgebers wünschenswert, um die italienische Norm an die Prinzipien der Union anzupassen. Es soll der nicht ansässigen Personen ermöglichen werden, eine direkte Rückerstattung aus dem Ausland zu erhalten, wenn eine Betriebsstätte in Italien vorhanden ist, jedoch ohne aktive Transaktionen, die eine MwSt.-Schuld generieren.

Wenn die Betriebsstätte in Italien keine steuerpflichtigen Transaktionen durchführt und auch nicht über technische Ressourcen und Personal verfügt, die für die Durchführung der Transaktionen auf dem Staatsgebiet erforderlich sind, muss die Rückerstattung aus dem Ausland gewährleistet sein.

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