Türkei: Neues Hochinflationsland

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veröffentlicht am 22. November 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Die Inflation in der Türkei ist seit Anfang des Jahres 2022 deutlich gestiegen. Aufgrund der Fremdwährungsabhängigkeit der türkischen Wirtschaft und die Krisen des globalen wirtschaftlichen Umfelds wird die Inflation im Land voraussichtlich weiter zunehmen.



Im Oktober 2022 sind die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 85,51 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Anstieg seit 1997. Außerdem sind die Erzeugerpreise im Oktober 2022 um 157,7 Prozent im Jahresvergleich gestiegen.



Quelle: https://data.tuik.gov.tr/

 

Die Anwendung der Inflationsbuchhaltung nach dem Steuerverfahrensgesetz, die in der Türkei zum letzten Mal im Jahr 2004 angewandt wurde, trat mit dem Anstieg der Inflation im Jahr 2022 erneut in den Vordergrund.

Kennzeichen eines Hochinflationslandes nach IAS 29

IAS 29 besagt, dass die Norm allein keine genaue Rate für das Vorhandensein einer hohen Inflation definiert und dass eine hohe Inflation durch die wirtschaftlichen Merkmale eines Landes bestimmt wird.
 
In dem betreffenden Artikel werden fünf Kriterien erläutert, die für das Vorliegen einer hohen Inflation sprechen:
  • Die Bevölkerung bevorzugt es, ihr Vermögen in nicht monetären Vermögenswerten oder in einer relativ stabilen Fremdwährung zu halten. Beträge in Inlandswährung werden unverzüglich investiert, um die Kaufkraft zu erhalten,
  • die Bevölkerung rechnet nicht in der Inlandswährung, sondern in einer relativ stabilen Fremdwährung. Preise können in dieser Währung angegeben werden,
  • Verkäufe und Käufe auf Kredit werden zu Preisen getätigt, die den für die Kreditlaufzeit erwarteten Kaufkraftverlust berücksichtigen, selbst wenn die Laufzeit nur kurz ist,
  • Zinssätze, Löhne und Preise sind an einen Preisindex gebunden und
  • die kumulative Inflationsrate innerhalb von drei Jahren nähert sich oder überschreitet 100 Prozent.
     

Lokale Vorschriften in der Türkei

Die Thematik ist im Sinne des türkischen Steuerverfahrensgesetzes und der Vorschriften der türkischen staatlichen Aufsichtskammer getrennt zu behandeln.
 
Wenn keine neue Regelung gemäß dem türkischen Steuerverfahrensgesetzes getroffen wird, erfolgt die Inflationsbuchhaltung erst am 31. Dezember 2023, auch wenn die Bedingungen zum 31. Dezember 2022 für die Inflationsbuchhaltung erfüllt werden. Die Verordnung gilt für alle Unternehmen in der Türkei.
 
Da die oben genannten fünf Kriterien von IAS 29 im Jahr 2022 eher erfüllt sind, wird die Inflationsbuchhaltung ab dem 31. Dezember 2022 auf alle Unternehmen angewandt, die einer handelsrechtlichen Pflichtprüfung unterliegen, es sei denn, die türkische staatliche Aufsichtskammer gibt eine gegenteilige Erklärung ab.
 
Nach türkischem Handelsgesetz sind Gesellschaften, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschreiten, prüfungspflichtig:

  1. 35.000.000 Türkische Lira Bilanzsumme,
  2. 70.000.000 Türkische Lira Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag,
  3. Im Jahresdurchschnitt 175 Arbeitnehmer.

Der handelsrechtliche Jahresabschluss von Gesellschaften, die unter den oben genannten Bedingungen prüfungspflichtig sind, sind durch einen türkischen Abschlussprüfer zu prüfen.
 
Die Prüfung des Jahresabschlusses hat sich auch darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und die ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung beachtet worden sind. Bei der Durchführung dieser Prüfung hat der Abschlussprüfer die der internationalen Prüfungsstandards sehr ähnlichen Turkish Financial Reporting Standards (TFRS) zu beachten. 
  
Der Jahresabschlussprüfungsbericht in türkischer Sprache ist sodann von einem türkischen Wirtschaftsprüfer zu bestätigen und der türkischen staatlichen Aufsichtskammer vorzulegen. 
 
Nach dem türkischen Steuerverfahrensgesetz wird bei der Inflationsbuchhaltung der Produzentenpreisindex und nach der türkischen staatlichen Aufsichtskammer der Verbraucherpreisindex verwendet.

Konzernabschluss mit türkischen Tochtergesellschaften

Der Hochinflationszustand hat selbstverständlich eine bedeutende Rolle in der Bilanzierung von den Konzernunternehmen, die eine Tochtergesellschaft in der Türkei haben.
 
Die International Practices Task Force (IPTF) des US-amerikanischen Zentrums für Prüfungsqualität (Center for Audit Quality, CAQ) beobachtet den Status „hochinflationärer“ Länder. In dem am 25. Mai 2022 veröffentlichten Bericht werden die folgenden Länder als Länder mit hoher Inflation aufgeführt:

  • Argentinien
  • Iran
  • Äthiopien (neu: im Mai 2022)
  • Libanon
  • Südsudan
  • Sudan
  • Surinam (neu: im Mai 2022)
  • Türkei (neu: im Mai 2022)
  • Venezuela
  • Jemen (neu: im Mai 2022)
  • Zimbabwe

In diesem Sinne wird es für Unternehmen, deren Berichtswährung die türkische Lira ist, notwendig sein, eine Inflationsanpassung zum 31. Dezember 2022 durchzuführen. Das Hauptziel ist die Darstellung des Jahresabschlusses mit der tatsächlichen Kaufkraft zum Stichtag. 

Fazit

Die sehr hohe Inflation in der Türkei hat weiter zugelegt. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise 85,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. 
 
Die deutsche Inflationsrate steigt im Oktober auf 10,4 Prozent.
 
Hohe Inflation ist aktuelle weltweit ein großes Problem. Sie hat auch Auswirkungen auf die Konzernabschlüsse mit türkischen Tochtergesellschaften. Wenn eine ausländische Tochtergesellschaft, bei der die Türkische Lira die funktionale Währung ist, in den Konzernabschluss miteinbezogen wird, muss eine Inflationsbereinigung durchgeführt werden.
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