Wegzug von Gesellschaftern einer Personen­gesellschaft: Vermögens-Entstrickung und Gegen­maßnahmen

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veröffentlicht am 12. August 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Hält eine Privatperson eine Beteiligung an einer Kapital­gesellschaft i.S.d. § 17 EStG, d.h. zu mind. 1 Prozent und im Privat­vermögen, findet die Weg­zugs­be­steue­rung An­wen­dung, wenn die Person seit mind. zehn Jahren in Deutschland un­beschränkt steuerpflichtig war und ihre unbeschränkte Steuer­pflicht durch Aufgabe des Wohn­sitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts beendet (§ 6 Abs. 1 AStG). Da es bei der Weg­zugs­besteuerung zu einer Realisierung von stillen Reserven in den Anteilen an der Kapital­gesellschaft kommt, ohne dass ein Liquiditätszufluss beim Gesellschafter erfolgt, ist es sicherlich nicht verwerflich, Überlegungen zu tätigen, um die Wegzugs­besteuerung zu vermeiden.



Die Regelung des § 6 Abs. 1 AStG ist dann nicht anwendbar, wenn die Tat­bestands­voraus­setzungen für das Vorliegen einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG vermieden werden. Eine Möglichkeit besteht bspw. darin, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nicht mehr im Privatvermögen, sondern im gewerblichen Betriebs­vermögen einer Personengesellschaft gehalten wird oder in dem die Kapitalgesellschaft in eine gewerblich tätige Personengesellschaft formgewechselt wird. Der Wegzug von Gesellschaftern einer Personengesellschaft unterliegt i.d.R. nicht der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 AStG, sofern ein paar Besonderheiten beachtet werden.


Einlage der Anteile einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Bei der Einlage der Kapitalgesellschafts-Beteiligung in das Betriebs­vermögen einer Personen­gesellschaft ist darauf zu achten, dass es sich um eine gewerblich tätige Personen­gesellschaft handelt, bei der Anteile an der Kapital­gesellschaft dem Geschäfts­zweck funktional zuzurechnen sind. Das dürfte in dem Fall oftmals die Herausforderung sein. Fraglich ist, ob eine Management-Personengesellschaft, die gegenüber der Kapital­gesellschaft Management­leistungen gegen Entgelt erbringt, ausreichend ist. Eine gewerblich geprägte Per­so­nen­­ge­sell­­schaft (GmbH & Co. KG) reicht für die Begründung einer inländischen Betriebsstätte nicht aus, sodass es bei Wegzug dann zu einer Entstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG kommen würde.

Um eine Veräußerung i.S.v. § 17 EStG und eine Aufdeckung der in den Anteilen ruhenden stillen Reserven durch die Übertragung der Anteile in eine gewerblich tätige Personengesellschaft zu vermeiden, ist die Einlage als sog. verdeckte Einlage i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG zu erbringen, d.h. ohne Gewährung von Gesellschafts­rechten oder sonstigen Gegenleistungen. Die Finanz­verwaltung stellt zur Abgrenzung zwischen einer Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und einer als unentgeltlich zu behandelnden verdeckten Einlage auf die buchhalterische Behandlung der Einlagewerte ab. Wird die Einlage vollständig auf dem sog. gesamt­händerisch gebundenen Rücklagenkonto verbucht, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung insg. von einem unentgeltlichen Vorgang auszugehen.


Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft

Die Wegzugsbesteuerung des § 6 AStG kann auch dadurch vermieden werden, dass die jeweilige inländische Kapitalgesellschaft, an der die Anteile i.S.d. § 17 EStG bestehen, vor dem Wegzug der natürlichen Person in eine Personengesellschaft formgewechselt wird. Bei einem Wegzug der natürlichen Person ist nunmehr die allgemeine Entstrickungsnorm für Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG) zu prüfen. Das bedeutet, dass wie bereits dargestellt, die Personengesellschaft dem Gesellschafter eine inländische Betriebsstätte vermittelt, d.h. gewerblich tätig sein muss. Das sollte i.d.R. kein Problem darstellen, wenn die Kapitalgesellschaft schon vor dem Formwechsel einer originären gewerblichen Tätigkeit nachgegangen ist.

Es ist darauf zu achten, dass nach dem Formwechsel der Wegziehende nicht selbst (alleiniger) Geschäftsführer der Personen­gesellschaft ist und aus dem Ausland nunmehr maßgebliche Geschäftsaktivitäten entfalten will, da dadurch regelmäßig eine Betriebsstätte im Ausland begründet wird und sich wiederum die Frage der Ge­winn­auf­tei­lung stellt.

Bei der Wahl des Formwechsels zur Verhinderung der Wegzugsbesteuerung sollten dem Steuerpflichtigen die steuerlichen Belastungen aus der Umwandlung selbst und der laufenden Besteuerung in der Rechtsform der Personengesellschaft bekannt sein:

  • Auf Ebene der Kapitalgesellschaft ist ein Formwechsel nach Maßgabe der § 9 i.V.m. §§ 3 ff. UmwStG ohne Aufdeckung stiller Reserven möglich. Allerdings muss beachtet werden, dass bei einem Formwechsel bisher nicht verbrauchte Verluste sowie ein Zinsvortrag bzw. EBITDA-Vortrag nicht auf die Personengesellschaft übergehen. Gleiches gilt gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 UmwStG für einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag i.S.d. § 10a GewStG.
  • Auf Ebene der Gesellschafter führt der Formwechsel zwangsläufig zu einer Besteuerung der offenen Rück­lagen der Kapitalgesellschaft bei einer Ausschüttungsfiktion (§ 7 UmwStG) sowie darüber hinaus ggf. zu einem Übernahmegewinn bzw. -verlust (§ 4 Abs. 4 bis 7 UmwStG). Sowohl die Besteuerung der nach § 7 UmwStG fiktiv ausgeschütteten offenen Rücklagen der formgewechselten Kapitalgesellschaft als auch die Besteuerung eines etwaigen Übernahme­gewinns der entstehenden Personen­gesell­schaft erfolgen grund­sätzlich im Kontext des Teileinkünfte-Verfahrens. Der Steuerbelastung aus der fiktiven Ausschüttungsbe­steue­rung nach § 7 UmwStG steht zwar grundsätzlich die Steuerentlastung aufgrund des Ansatzes eines etwaigen Übernahmeverlusts entgegen. Er ist jedoch auf max. 60 Prozent der nach § 7 UmwStG besteuerten Rücklagen begrenzt (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG). Darüber hinaus kommt es mangels Nichtabziehbarkeit zu einer faktischen „Vernichtung” steuerlicher Anschaffungskosten aus den Anteilen der formgewechselten Kapitalgesellschaft.
  • Bei der laufenden Besteuerung muss u.a. berücksichtigt werden, dass der Rechtsformwechsel in die Personen­gesellschaft auf Ebene des Mit­unter­nehmers zur Belastung mit einem höheren Steuertarif und ggf. nicht anrechenbarer Gewerbesteuer führen kann.


Fazit

Die oben dargestellten Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung zielen darauf ab, das Be­steue­rungs­recht Deutschlands bei einem Wegzug des Anteilseigners ins Ausland abzusichern. Die Einlage der Kapitalgesellschaftsanteile in ein inländisches Betriebs(stätten)-Vermögen, zu dem die Anteile nach funk­tio­naler Sichtweise gehören, ist grundsätzlich dazu geeignet, eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 1 AStG sowie eine Entstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG zu vermeiden. Die Schwierigkeit besteht jedoch da in der Herstellung der funktionalen Zugehörigkeit. Die Vermeidung der Wegzugs- bzw. Entstrickungs­besteuerung kann alternativ durch den Formwechsel der Kapital­gesellschaft in eine Personen­gesellschaft erreicht werden, jedoch verbunden mit den aus dem Formwechsel resultierenden steuerlichen Konsequenzen. Es sollte die gewerbliche Tätigkeit der Personen­gesellschaft i.d.R. von vornherein gegeben sein.

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