China: Neuer Fünfjahresplan in Arbeit

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veröffentlicht am 2. November 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Christina Gigler

  

Chinas Spitzenpolitiker trafen sich vom 26. bis 29. Oktober 2020, um Vorschläge zur  Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie strategische Entwicklungspläne für die nächsten fünf Jahre (2021 bis 2025) zu diskutieren und den nächsten Fünfjahresplan („FJP") zu entwerfen. Der FJP deckt i.d.R. fast alle wirtschaftlichen und sozialen Fragen ab und legt Ziele fest, die vom jährlichen Wirtschaftswachstum über die Bekämpfung der Umweltverschmutzung, der Bildung und dem Umweltschutz bis hin zu den Ausgaben für Forschung und Entwicklung reichen.

  

  
  

Der diesjährige FJP ist der 14. FJP seit dem Jahr 1953. Alle fünf Jahre debattieren Regierungsbeamte, Berater, Akademiker und Gesetzgeber mehrere Monate lang über die jeweiligen Inhalte, bevor die Pläne endgültig veröffentlicht werden. Am Ende muss der FJP vom obersten gesetzgebenden Organ des Landes, dem Nationalen Volkskongress, auf seiner Jahresversammlung, die gewöhnlich im März stattfindet, endgültig genehmigt werden.

 

Der 13. FJP (2016 - 2020) war entscheidend, um in China eine in jeder Hinsicht „moderat wohlhabende Gesellschaft" zu erreichen, einschließlich des Kampfes gegen Armut sowie einer allseitigen Öffnung, einer neuen Urbanisierungsstrategie und die Transformation hin zu einem modernen Infrastrukturnetz.

 

Was bereits zum Fünfjahresplan bekannt ist 

KOMMUNIQUE AM 29. OKTOBER VERÖFFENTLICHT

Am vergangenen 29. Oktober 2020 veröffentlichte die Kommunistische Partei das „Kommunique der fünften Plenarsitzung des 19. Zentralkomitees der KP Chinas" („Kommunique"), das einen umfassenden Überblick über den 14. FJP enthält und erste Einblicke auf die Ergebnisse der 4-tägigen Plenarsitzung gewährt. Darüber hinaus legt der 14. FJP langfristige Ziele für die chinesische Wirtschaft bis 2035 fest.

 

DOPPELTER WIRTSCHAFTSKREISLAUF

Im Zusammenhang mit dem 14. FJP ist wohl das Schlagwort, das bisher in den Medien am häufigsten erwähnt und zitiert wurde, der „Doppelte Wirtschaftskreislauf" (auf Chinesisch: „双循环"). Angesichts ihrer zunehmenden Rolle bei den jüngsten politischen Treffen auf hoher Ebene, wurde, wie bereits erwartet,  diese neue Strategie des „Doppelten Wirtschaftskreislaufs" von Präsident Xi Jinping in den Mittelpunkt des 14. FJP gesetzt.

 

Xi Jinping enthüllte den Begriff  zum ersten Mal bei einem Treffen des Politbüros im Mai diesen Jahres. Obwohl der Öffentlichkeit noch keine konkreten Einzelheiten der Strategie bekannt sind, geht es im Großen und Ganzen darum, die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Chinas zu erhöhen („interner Wirtschaftskreislauf"), was bedeutet, sich auf das Wachstum des chinesischen Binnenmarkts zu konzentrieren, indem unter anderem der Binnenkonsum angekurbelt wird, während gleichzeitig der „externe Wirtschaftskreislauf" unterstützt wird, was bedeutet, dass Chinas exportorientiertes Wirtschaftsmodell beibehalten werden soll.

 

Vereinfacht ausgedrückt möchte China seine Abhängigkeit vom Ausland verringern, um gut vorbereitet und in der Lage zu sein, mit wachsenden Handelsbeschränkungen und möglichen künftigen Sanktionen ausländischer Staaten zu umgehen. Diese Strategie kann unter anderem als Reaktion auf den anhaltenden Handelskonflikt mit den USA und die zunehmende Feindseligkeit des Auslands gegenüber chinesischen Technologieunternehmen gesehen werden. Prominente Beispiele sind unter anderem Huawei oder die beliebte Video-App TikTok von ByteDance.

 

Während einige Wissenschaftler kritisieren, dass diese Strategie als ein Rückschritt gegenüber der jüngsten Öffnungspolitik Chinas angesehen werden kann, könnte anderseits auch gesagt werden,  dass der „interne Wirtschaftskreislauf" und „externe Wirtschaftskreislauf" sich ergänzen und Synergieeffekte geschaffen werden sollen. Mit anderen Worten, der Schwerpunkt soll nicht nur auf der Ausweitung der lokalen Produktion liegen, sondern auch auf der Gewinnung ausländischer Investitionen und der Stabilisierung des Handels im Allgemeinen. Wie genau der „Doppelte Wirtschaftskreislauf" in der Praxis umgesetzt werden soll, ist noch unklar. Bisher ist es ein mehr oder weniger vager Slogan, der viel Raum für Interpretationen offen lässt.

 

WACHSTUMSZIELE

Wie zu erwarten war, wurde das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als Hauptziel im 14. Fünfjahresplan von der Bedeutung weiter heruntergesetzt  und richtet sich mehr an einem qualitativen Wirtschaftswachstum, statt der reinen Wachstumsgeschwindigkeit aus. Ein Grund dafür ist, dass die chinesische Wirtschaft, wie viele andere auch, als Auswirkung auf die Covid-19-Krise eine strukturelle Verlangsamung erfährt.

 

Das jährliche Durchschnittsziel für das BIP wurde im letzten FJP auf „mindestens 6,5 Prozent" festgelegt, gegenüber 7 Prozent im 12. FJP (2011 - 2015). Es gab eine beträchtliche Debatte darüber, welches Wachstumsziel für den 14. FJP als angemessen betrachtet wird und ob das BIP-Wachstumsziel seinen Zweck überholt hat und ganz gestrichen werden sollte. Viele Ökonomen gingen davon aus, dass im 14. FJP das BIP-Wachstum mit einem  verlangsamten Tempo mit einer Spanne von etwa 5 Prozent bis 5,5 Prozent festgelegt wird.

 

Im nun veröffentlichten Kommunique wird jedoch kein spezifisches numerisches Ziel für das BIP-Wachstum erwähnt. Stattdessen setzt das Kommunique das Ziel, dass das Pro-Kopf-BIP bis 2035 das Niveau der mäßig entwickelten Länder erreicht.

 

WEITERE THEMEN

Wie im Vorfeld erwartet finden neben aktuellen auch ältere Themen, wie beispielsweise die Regierungsarbeit, Eingang in den 14. FJP.

 

Mit Blick auf den Regierungskurs könnte eine striktere Einhaltung der Umsetzungsrichtlinien  ein obligatorischer Kurs für die Provinz-, Lokal- und Stadtregierungen an der Basis sein. So stellen beispielsweise die „Maßnahmen zur Behandlung von Beschwerden von ausländisch investierten Unternehmen", die seit dem 1. Oktober 2020 in Kraft sind, einen Schritt in die richtige Richtung dar. Auf Grundlage dieser Maßnahmen soll ausländisch-investierten Unternehmen nicht nur eine Plattform für Beschwerden geboten werden, sondern im gleichen Atemzug ein Forum  für Verbesserungsvorschläge, die nachhaltig von den Behörden behandelt werden sollen. Anders als bisher soll ein gemeinsamer Ausschuss als nationaler Koordinator und oberstes Aufsichtsorgan für das Beschwerdemanagement eingerichtet werden.

 

Darüber hinaus wurde im Plenum beschlossen, die Weiterentwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums sowie die weitere Förderung der ruralen Landesteile höher zu priorisieren. Daneben werden schwerpunktmäßig die Themen Nationale Sicherheit, die Modernisierung der nationalen Verteidigung und der Streitkräfte sowie die Optimierung der Landverteilung erwähnt. Weitere Punkte sind die Förderung einer koordinierten regionalen Entwicklung und eine neue Art der Urbanisierung.

 

AUSBLICK

Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre gehen wir davon aus, dass ein detailliertes Programm mit den entsprechenden  Richtlinien erst in einige Wochen oder sogar Monaten veröffentlicht wird. Wir werden die künftige Entwicklung aufmerksam verfolgen und Sie über die entscheidenden Aspekte des neuen 14. Fünfjahresplans (2021 - 2025) auf dem Laufenden halten.

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