Weitere Folge von Covid-19: Ausschüttungssperre bzw. -begrenzung für türkische Kapitalgesellschaften

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veröffentlicht am 17. April 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

​Die Wirtschaft leidet auf globaler Basis erheblich unter den Auswirkungen des Covid-19. Um diese negativen Folgen auf die finanzielle Stabilität der Unternehmen abzufedern bzw. einzugrenzen, hat die türkische Regierung aktuell eine Vielzahl von Maβnahmen ergriffen. In diesem Zusammenhang gibt es auch eine Reihe von Gesetzesänderungen, die neue Regelungen für türkische Unternehmen vorsehen.

  

  
Die wichtigste der neuen Vorschriften ist die Ausschüttungssperre für türkische Kapitalgesellschaften, die am 17. April 2020 in Kraft getreten ist.
 

Nachfolgend sehen Sie die Punkte, die bei einer Gewinnausschüttung zu beachten sind, sowie die Details der neuen Vorschrift hinsichtlich der Ausschüttungssperre.

 


Gesetzlich zwingende Grundvoraussetzung: Beschlussfassung durch Haupt-­/Gesellschafterversammlung

Nach einschlägigem türkischen Handelsgesetzbuch muss jeder Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft die Abhaltung der Hauptversammlung (Gesellschafterversammlung) vorangehen. Die Hauptversammlung ist das höchste Organ der Aktiengesellschaft und besteht aus ihren Aktionären. Die ordentliche Haupt­versammlung muss gemäß der kürzlich geänderten Regelung jährlich innerhalb von fünf (statt ursprünglich drei) Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres durch den Vorstand (den Geschäftsführer) einberufen werden. In dieser werden unter anderem der Jahresabschluss (Bilanz und GuV) wie auch der Tätigkeitsbericht des Vorstands bezüglich des Geschäftsjahres debattiert und genehmigt. Wird ein Gewinn festgestellt, so liegt es in der ausschließlichen Kompetenz der Hauptversammlung über dessen Thesaurierung oder aber Ausschüttung durch Beschluss zu entscheiden.
 

Die Art und Weise der Verwendung des Gewinns zählt im Übrigen zu den zwingenden Beschlussgegenständen der ordentlichen Hauptversammlung. Sie ist jedoch grundsätzlich nicht bekanntmachungspflichtig.

 

Berechnung des Ausschüttungsvolumens

Alle juristischen Personen unterliegen der türkischen Körperschaftsteuer im aktuellen Geschäftsjahr in Höhe von 22 Prozent (Ab dem kommenden Geschäftsjahr 2021 wird der Steuersatz 20 Prozent betragen). Die Bemessungsrundlage für die Besteuerung bildet das Einkommen. Dieses wird aus der handelsrechtlichen Gewinnermittlung unter Berücksichtigung bestimmter Korrekturen durch das Steuergesetz abgeleitet.

Der Jahresgewinn nach der Körperschaftbesteuerung bildet mit den einbehaltenen Gewinnen aus den Vorjahren das gesamte Ausschüttungsvolumen. Dieser Betrag kann nach Abzug der bestehenden Verlustvorträge, nach Bildung der gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen und nach Einbehalt der entsprechenden Quellensteuer ausgeschüttet werden.

 

Gesetzlich zwingende Vorsichtsmaßnahmen: Die Bildung der Rücklagen

Soweit ein Gewinn vorliegt, sind folgende Regeln zur Bildung der gesetzlichen Rücklagen zu berücksichtigen. Die Rücklagenbildung aus erzieltem Gewinn bzw. Ausschüttungsbetrag erfolgt in zwei Stufen als sog. „Rücklage I“ und „Rücklage II“.

 

a) Die erste Stufe: Rücklage I und Dividende I

Unabhängig von einer Ausschüttung sind 5 Prozent des Nettojahresgewinnes als Rücklage I zuzuweisen, bis diese 20 Prozent des einbezahlten Kapitals erreicht.
 

Nach Bildung der Rücklage I wird von dem Rest des Nettojahresgewinns die Dividende I errechnet, die mindestens 5 Prozent des einbezahlten Kapitals betragen muss.
 

b) Die zweite Stufe: Rücklage II und Dividende II

Von dem nach der Bildung der Rücklage I und der Dividende I verbleibenden Restbetrag kann eine weitere Ausschüttung vorgenommen werden. Die Höhe des Ausschüttungsbetrags kann frei festgestellt werden. Von dem Ausschüttungsbetrag ist 1/10 zur Rücklage II zuzuweisen und 9/10 des Ausschüttungsbetrages bildet die Dividende II. Die Summe der Dividenden I und II bilden zusammen den Bruttodividendenbetrag, von welchem die Quellensteuer einbehalten wird.

 

Die Besteuerung der Dividendeneinkünfte: Lokale und bilaterale Vorschriften (DBA)

a) Lokale Vorschriften

Dividenden, die von einer in der Türkei unbeschränkt steuerpflichtigen juristischen Person an eine natürliche Person und eine beschränkt steuerpflichtige juristische Person, die in der Türkei keine Betriebsstätte unterhält, gezahlt werden, unterliegen gemäß einschlägigem türkischen Recht einem Quellensteuereinbehalt i.H.v. 15 Prozent.
 

Im Falle der Abgabe einer Steuererklärung durch die natürliche Person ist der Dividendenbetrag in der Einkommensteuererklärung nach dem Teileinkünfteverfahren nur zur Hälfte als Einkünfte anzusetzen; die von der ausschüttenden Gesellschaft einbehaltene Quellensteuer kann aber in voller Höhe geltend gemacht werden.

 

b) Bilaterale Vorschriften

Der Gewinntransfer von einer türkischen Kapitalgesellschaft an den deutschen Aktionär/Gesellschafter wird unstrittig als Dividende qualifiziert. Nach Art.10 Abs.2 a) des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei (DBA) wird der Türkei ein Quellenbesteuerungsrecht in Höhe von 5 Prozent zugewiesen, wenn der nutzungsberechtigte Dividendenempfänger eine deutsche Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die an der türkischen Kapitalgesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 Prozent beteiligt ist. In allen anderen Fällen beträgt der Quellensteuersatz in der Türkei 15 Prozent.

 

Aktuelle Situation bezüglich Ausschüttungssperre aufgrund Covid-19

Zwecks Dämmung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ist am 17. April 2020 ein Mantelgesetz in Kraft getreten, welches auch die Einschränkung der Gewinnausschüttung zum Gegenstand hat.
 

Gemäß der neuen Vorschrift dürfen Kapitalgesellschaften bis zum 30. September 2020 eine Ausschüttung lediglich bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Nettojahresgewinns von 2019 tätigen. Gewinne der Geschäftsjahre vor 2019 wie auch freie Rücklagen dürfen im genannten Zeitraum vorerst kein Gegenstand der Ausschüttung sein. Der Präsident ist ermächtigt, die vorgenannte Frist um drei Monate zu verlängern oder zu verkürzen. Vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen sind Gesellschaften des öffentlichen Rechts bzw. solche Gesellschaften bzw. Fonds, bei welchen die öffentliche Hand eine direkt/indirekte Beteiligung von über 50 Prozent hält.
 

Des Weiteren ist der Vorstand (bzw. die Geschäftsführung einer GmbH) nicht (mehr) zur Vorabausschüttung befugt.
 

Soweit ein Ausschüttungsbeschluss vor Inkrafttreten dieser Vorschrift bereits gefasst wurde und eine Ausschüttung noch nicht bzw. nur in Teilen erfolgt ist, so sind die Gesellschaften gehalten, die Ausschüttung des die 25 Prozent Grenze überschreitenden Teils bis zum Ende des Jahres 2020 zu verschieben.
 

Mit dieser Regelung beabsichtigt der Gesetzgeber die negativen Auswirkungen von Covid-19 auf die Liquidität von türkischen Unternehmen einzudämmen und eine mögliche nicht vorhersehbare Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen zu vermeiden.
 

Die Einschränkung gilt bis 30. September 2020. Danach kann der Restgewinn von 2019, wie auch die einbehaltenen Gewinne aus den Vorjahren und freie Rücklagen ausgeschüttet werden, soweit eine Verlängerung der Frist nicht vorgenommen wird.

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