Green IT – Das Problem der Digitalisierung

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veröffentlicht am 5. April 2022 / Lesedauer ca. 4 Minuten
 

In der Vergangenheit stand Green IT als Synonym für den umweltschonenden Umgang mit Technologien und der Einsparung von Strom bzw. Energie in der IT-Branche. In Zwischenzeit hat sich Green IT aber zu einer Art „Mogelpackung“ entwickelt: Während Unternehmen in ihren eigenen Gebäuden und Infrastrukturen auf Nachhaltigkeit achten, setzen sie parallel dazu bedingungslos auf Cloud und High-Performance-Computing, um immer schneller Daten zu verarbeiten und bereitzustellen. Wird die rasante Digitalisierung damit zu einem Problem?

  

  

Der Ausdruck der „grünen IT“ steht für einen bewussten und ressourcenschonenden Umgang mit und durch IT-Systeme. Oftmals werden damit auch andere Bereiche adressiert, bspw. gehört die Vermeidung von Ausdrucken durch Verlagerung in digitale Arbeitsmethoden dazu. Auch der Wegfall von Geschäftsreisen und die Nutzung virtueller Meetings sind Beispiele dafür, was sich gerade in den letzten beiden Jahren durch die  Corona-Pandemie zu einem in der Geschäftswelt akzeptierten Arbeitsmodus etabliert hat. Es gibt viele vergleichbare Beispiele, die heute allesamt unter dem Themenschwerpunkt der Nachhaltigkeit verbucht werden. Und dann gibt es noch die Digitalisierung, die sicherlich viele Green IT– und Nachhaltigkeitsthemen löst, oder nicht?
 

Die Digitalisierung: Chance und Risiko?

Natürlich ist die Digitalisierung in vielen Bereichen, wie in den bereits genannten Beispielen, der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit. Es entstehen dadurch aber auch neue Ressourcenbedarfe, die man nur sehr schwer greifen und messen kann. Z.B. können das Druckvolumen und notwendige Papier gemessen sowie in Zahlen ausgedrückt werden. Was ist aber mit dem Mehrbedarf an Rechenleistung, um vollständig digital zu arbeiten? Dabei geht es nicht nur um Server; auch die Endgeräte der Endanwender müssen immer leistungsfähiger werden, die Netzwerke mehr Daten transportieren und die Rechenzentren benötigen mehr Zusatzdienste, um die Daten hochsicher speichern zu können. 
 
Für viele von uns gehört eine digitale Arbeitsweise zum Alltag; v.a. für die Generation der Digital Natives ist die digitale Arbeits- und Lebensweise Normalität geworden.  Dabei erzeugen u.a. diese Generation(en) durch die vollkommene Digitalisierung immer mehr IT-Bedarf: Jedes Bild, jede E-Mail und jeder Chat benötigt sowohl im Moment der Nutzung als auch danach in der Speicherung IT-Ressourcen, die allesamt Energie verbrauchen. Die Konsequenz:

  • Rechner und mobile Endgeräte,
  • Systeme und Technologien, die zur Datenübertragung über Internet oder private Netzwerke benötigt werden und
  • weltweit verteilte Server, auf denen die Daten zusammenlaufen und gespeichert werden,

 

laufen allesamt 24 Stunden am Tag – 365 Tage im Jahr. Oftmals können wir das Ausmaß „nur“ an vollen Fest­platten und Speicherkarten erkennen, während die unendlichen Serverkapazitäten und die dahinterstehende Infrastruktur keine Beachtung bekommen. Infolgedessen steigt der CO2-Ausstoß durch den Energieverbrauch der IT- und der Telekombranche zunehmend. Experten schätzen ihn bereits jetzt auf über das Doppelte der Luftfahrtbranche!
 
Noch ein Trend treibt den immer weiterwachsenden Energieverbrauch stetig voran: die Cloudnutzung. Sie stellt eine große vorinvestierte IT-Infrastruktur in einem abstrahierten Nutzungsmodell für die Anwender und Konsu­menten zur Verfügung. Die Vorteile für Unternehmen: sehr hohe Flexibilität. Während moderne Software­architekturen direkt für die Cloud entwickelt wurden („modern workload”), werden aber auch zunehmend mehr und mehr klassische statische Anwendungen von Unternehmen in die Cloud gestellt. Die Konsequenz: Cloudanbieter hosten Systeme mit entsprechenden Reserven, für die die Flexibilität gar nicht benötigt wird. Genau das generiert Energiebedarf für Reservevorhaltung – weltweit; 24 Stunden am Tag; 365 Tage im Jahr. 
 
Angesichts der steigenden Cloudnutzung und der rasanten Digitalisierung in fast allen Branchen müssen wir uns als Gesellschaft die „Green IT“ nochmals ins Gedächtnis rufen und sie ganzheitlich betrachten. Letztlich sind IT-Clouds auch nur Rechenzentren, die Unmengen an Energie verbrauchen.
 

Green IT: End2End bewerten

Auch wenn es schwierig erscheint, sollten Unternehmen versuchen, sich ein Gesamtbild über ihre IT-Ressourcen zu verschaffen. Denn mit der Digitalisierung und Cloudnutzung verlagert sich die Herausforderung aufgrund mangelnder Ressourcen, steigender Komplexität und der Konzentration auf das Kerngeschäft mehr und mehr aus dem eigenen Verantwortungsbereich hin zu den Dienstleistungsanbietern. Das reduziert zwar auf der einen Seite den Energiekonsum im eigenen Rechenzentrum; dafür entsteht ein Zusatzbedarf in einem anderen Rechenzentrum. Mit zunehmender Entfernung und „Cloudifizierung“ ist ein detaillierter Blick hinter die Kulissen eines Rechenzentrums nahezu unmöglich.
 
Cloud ist dann sinnvoll, wenn Unternehmen dynamische, schnell wechselnde IT-Leistungen beziehen möchten. Meistens werden aber Computer Systeme eins zu eins kopiert und laufen dann jahrelang in einem identischen Setup ohne Anpassungsbedarf auf einem stetig gleichbleibenden Leistungsniveau. Doch es gibt Lösungen für dieses Problem: Klassische Outsourcing- und Private Cloud-Anbieter bieten oftmals optimal auf den Kunden ausgerichtete Betriebsplattformen an, die mit ökologischen Energiekonzepten IT-Leistungen nachhaltig produzieren können. Gleichzeitig richten sie sich auf den Bedarf der Kunden aus, sodass keine überpro­por­tionalen Leerkapazitäten entstehen. Diese Betreiber sind im Vergleich zu den meisten Cloudanbietern keine Blackbox und ermöglichen den Einblick in deren Energiekonzepte. So gelingt Unternehmen auch eine ganzheitliche Bewertung im Sinne des Energieverbrauchs, sodass sie optimierte Rechenzentrumskonzepte in die eigene Nachhaltigkeitsbewertung einfließen lassen können.
 

Green IT: Jeder kann seinen Beitrag leisten

Ob Unternehmen, Outsourcing- oder Cloudanbieter: Das Thema Green IT muss als gesellschaftliche Pflicht angesehen werden. Was können die Unternehmen selbst tun?

  • Beim Einkauf jeglicher IT-Hardware auf Energieeffizienz achten und auch die angebotenen Energie­steuerungs­optionen nutzen. So müssen Server in einem Rechenzentrum nachts, wenn kein oder nur sehr wenige Endanwender auf sie zugreifen, nicht mit voller Leistung betrieben werden. So etwas gibt es auch in jedem Smartphone, in Form von Energiesparmodi, Deaktivierung von Hintergrunddiensten, u.ä.
  • Einführung bzw. Erweiterung von Lifecycle-Prozessen für alle Rechenzentrumsinfrastruktur-Komponenten.
  • Dauerhaftes Right Sizing der IT-Infrastruktur und Beachtung beim Nachkauf von IT-Hardware.
  • Nachhaltig kaufen und nutzen! Es muss nicht alle drei Jahre der neueste Rechner sein, nur um bspw. Office und SAP zu nutzen. Gleiches gilt auch für Server oder Netzwerkkomponenten.
  • Abmischen der zugekauften IT-Leistung aus Outsourcing-Rechenzentren und Cloud nach reellen Unter­nehmensbedarfen: Dynamischer Leistungsbedarf aus der Cloud, statische Leistungen aus einem energie­effizienten Rechenzentrum im Outsourcing oder private Cloud-Rechenzentrum.

 

Wichtig sind aber auch die Mitarbeiter, die für dieses Thema sensibilisiert werden müssen. Niemand benötigt einen 3D-animierten Bildschirmschoner, der den Rechner selbst in Pausenzeiten auf Höchstleistung hält. Bei einem einzigen Rechner wird das keine Rolle spielen; aufsummiert auf hundert oder tausend Mitarbeiter jedoch schon.
 

Green IT fängt bei IT-Verhalten und Arbeitsweise von Mitarbeitenden an und geht über die gesamte IT-Infrastrukturkette bis in die Rechenzentren, Serverräume oder Cloudmodelle. Diese Gesamtbetrachtung aller Bereiche macht Green IT spürbar, messbar und erfolgreich.

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