Dezentrale Energieversorgung – Im Lichte der aktuellen energie- und klimarechtlichen Entwicklung

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veröffentlicht am 5. April 2022 / Lesedauer ca. 4 Minuten
 

Die Energiewirtschaft befindet sich derzeit in einer Umbruchphase. Die Preise für Strom, Gas und Heizöl steigen so stark wie nie. Die turbulenten Entwicklungen auf dem Energiemarkt stellen nicht zuletzt auch Gewerbe und Industrie vor große Herausforderungen. Unternehmen sind gut beraten, sich gegen Energiepreisrisiken abzusichern. Gleichzeitig ist festzustellen, dass ökologische Werte wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz zunehmend wichtiger werden. Diese Entwicklungen begünstigen Investitionen in preisstabile und nachhaltige dezentrale Energieerzeugungsanlagen, die sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen.

  

 

 

Aktuelle energie- und klimapolitische Entwicklungen

Die neue Ampel-Regierung steht und mit ihr ein neuer Koalitionsvertrag. Die Umsetzung und Gestaltung der Energiewende hin zu einer nachhaltigen sowie klimaneutralen Wirtschaft stellt darin einen besonderen Themenschwerpunkt dar. Ein erklärtes Ziel der neuen Regierung ist es zudem, die Umsetzung von dezentralen Energieversorgungsprojekten zu vereinfachen. Dem Koalitionsvertrag ist zu entnehmen, dass die Erhebung von Energieabgaben wie die Stromsteuer überprüft werden soll. Hintergrund ist, dass der regulatorische Rahmen nicht selten als Hürde bei der Umsetzung von dezentralen Energieversorgungslösungen angesehen wird. Ein entsprechendes Klimaschutz-Sofortprogramm soll noch bis Ende des Jahres umgesetzt werden.
 

Wegfall der EEG-Umlage lässt Industrie und Gewerbe „aufatmen“

Bereits jetzt steht fest, dass die EEG-Umlage ab dem Sommer wegfällt. Die EEG-Umlage, die bisher bei Letzt­verbrauchern und Eigenerzeugern erhoben wurde, soll künftig über den Energie- und Klimafonds finanziert werden. Die damit verbundene Senkung des Strompreises dürfte nicht zuletzt stromkostenintensive Unter­nehmen aufatmen lassen. Hintergrund ist, dass die EEG-Umlage einen spürbaren Kostenfaktor bei Strom­lieferungen ausmacht – derzeit immerhin 3,723 Cent/kWh.
 

PPA-Modelle erstrahlen in neuem Glanz

Der Wegfall der EEG-Umlage bietet v.a. auch neue Spielräume bei der Umsetzung von dezentralen Energie­ver­sorgungsprojekten. In jedem Projekt ist die Frage zu klären, ob eine dezentrale Energieanlage selbst betrieben werden soll oder ob über ein sog. „On-site Power Purchase Agreement” (kurz: PPA) der Strombezug (von einem Dritten) sichergestellt werden soll. Bei PPAs handelt es sich um spezielle Stromlieferverträge, in denen sich Energieanlagenbetreiber langfristig verpflichten, Strom zu liefern. Bei der Abwägung fiel die Wahl nicht selten auf die Umsetzung eines Eigenversorgungsmodells, da es sich unter wirtschaftlichen Gesichts­punkten kosten­günstiger gestaltete, was nicht zuletzt der Einsparung bei der EEG-Umlage geschuldet war. Da ab Mitte 2022 Stromlieferungen EEG-umlagefrei erfolgen werden, werden die Karten neu gemischt und Unternehmen sind gut beraten, ihre Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der geänderten Rahmenbedingungen zu prüfen. Die strengen Vorgaben der Personenidentität aus dem EEG, die bei der vertraglichen Gestaltung (z.B. von Pacht- oder Betriebsführungsverträgen) eine zentrale Rolle gespielt haben, werden jedenfalls an Bedeutung verlieren.
 

Stromsteuerrechtliche Entwicklungen

Im Bereich des Stromsteuerrechts zeichnen sich vergleichbare Erleichterungen derzeit nicht ab. Fest steht, dass das Strom- und Energiesteuerrecht abermals in diesem Jahr novelliert werden soll. Das aktuelle System wird als nicht angemessen angesehen, da viele Unternehmen des Produzierenden Gewerbes allgemeine Entlastungen – ohne besondere Voraussetzung – als Dauerbegünstigung erhalten. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen Unternehmen von bestimmten strom- und energiesteuerrechtlichen Privilegierungen (z.B. Spitzenausgleich) nicht mehr ohne konkrete Gegenleistung profitieren dürfen. Im Gespräch ist auch die Um­setzung von Effizienzprojekten auf Unternehmensebene als Voraussetzung für die Privilegierung. Es ist daher zu erwarten, dass auch vor dem Hintergrund dezentrale Energieversorgungskonzepte an Bedeutung gewinnen werden. Es wird im Allgemeinen deutlich, dass das Stromsteuerrecht „klimafreundlicher“ ausgestaltet werden soll.

 

Dezentrale Energieerzeugung: Pflicht oder Kür?

Zu berücksichtigen ist, dass die Umsetzung von dezentralen Energieerzeugungsprojekten künftig auf Ebene der Unternehmen nicht in jedem Falle aus freien Stücken erfolgen wird. Insoweit ist festzustellen, dass die Ampel-Koalition eine bundesweite Solarpflicht für Photovoltaik auf bestimmten Neubauten plant. In welcher Form sie kommen wird, steht noch nicht abschließend fest. Während die bundesweiten Pläne noch in Arbeit sind, sind einige Bundesländer schon weiter, da sie bereits „Solarpflichten“ z.B. auf Ebene von landesrechtlichen Klima­schutzgesetzen verankert haben. Daher ist zu erwarten, dass die Anzahl der Photovoltaikanlagen im Industrie- und Gewerbebereich stark wachsen wird. Zu begrüßen ist auch die allgemeine politische Bestre­bung, mehr Dachflächen für die Solarenergie nutzbar zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bestehende regula­torische und genehmigungsrechtliche Hürden abgebaut werden.
 

Fördermittelakquise lohnt sich häufig

Nach dem unruhigen Jahresstart, als überraschenderweise die Auskehr von Fördermitteln im Bereich energie­effizientes Bauen und Sanieren zwischenzeitig durch die Bundesregierung gestoppt wurde, können inte­res­sierte Unternehmen wieder wie gewohnt die Fördermittel beanspruchen. Gerade im Bereich Energie lohnt sich eine genaue Analyse der Fördermöglichkeiten, um größtmögliche Potenziale heben zu können.

Fazit

Im Koalitionsvertrag wird der Klimaschutz groß geschrieben. Er wird zur Querschnittsaufgabe und damit omnipräsent – jedes Gesetz muss in Zukunft einen Klimacheck durchlaufen. Das gilt nicht zuletzt für das Energierecht. Dass eine Transformation des Energiesystems notwendig wird, ist Konsens und als zentrale Aufgabe formuliert. Unternehmen sollten die Gelegenheit nutzen, um ökologische Werte wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu verfolgen. Einen wichtigen Beitrag leistet nach wie vor der Aufbau einer nachhaltigen und umweltschonenden dezentralen Energieversorgung, z.B. ein Blockheizkraftwerk oder eine PV-Anlage. Viele Unternehmen scheuten bisher eine Umsetzung von entsprechenden Projekten, da sie insbesondere die regulatorischen Anforderungen bzw. die Erfüllung von laufenden energierechtlichen Pflichten als zu aufwändig ansahen. Aktuell zeichnen sich in diesem Umfeld deutliche Vereinfachungen ab (z.B. Wegfall der EEG-Umlage) weswegen Unternehmen die Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der geänderten förder- und energierechtlichen Rahmenbedingungen prüfen sollten.
 
Um im laufenden Anlagenbetrieb die energierechtliche Compliance sicherzustellen, geht der Trend hin zum Einsatz von Softwarelösungen (z.B. SMARENDO), die Anlagenbetreibern helfen, den Überblick im Energierecht zu wahren und die förder- bzw. energierechtlichen Anforderungen einzuhalten. Auf diese Weise werden energierechtliche Pflichten und Fristen auf Unternehmensebene zielsicher ermittelt, überwacht und erfüllt. Nicht zuletzt wird der bürokratische Aufwand spürbar reduziert und mithin ein erfolgreiches Projekt ermöglicht, das auch noch einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.

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Lukas Kostrach

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