Nachhaltigkeit im Steuerrecht – Blick über die Grenzen nach Italien, Tschechien, Polen und China

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veröffentlicht am 10. April 2018

Nachhaltigkeit und Steuerrecht sind durch die Lenkungsfunktion steuerrechtlicher Normen verbunden. Mit der finanziellen Be- oder Entlastung kann ein Anreiz zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen geschaffen werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig und reichen von der direkten Besteuerung des Ressourcenverbrauchs sowie der daraus resultierenden Emissionen über steuer­liche Präferenzen für nachhaltiges Verhalten bis hin zu Förderprogrammen für Investitionen. Je nach den Prioritäten in einzelnen Ländern sind die Ansätze im Steuerrecht unterschiedlich.
 

 

 

Steuerliche Förderung in Italien

Von Thomas Giuliani, Rödl & Partner Bozen

Italien bietet bei der energetischen Sanierung von Gebäuden eine Vielzahl von steuerlichen Förderungen, die erst kürzlich durch das Haushaltsrahmengesetz 2018 bis zum 31. Dezember 2018 verlängert wurden. Hierzu zählen u.a. der Austausch von Fenstern mit neuen, wärmedämmenden Fenstern, energetische Eingriffe an Fassaden zur Reduzierung der Wärmeabgabe (z.B. die Anbringung von Wärmedämmstoffen) und die umfassende energetische Sanierung von Bestandsgebäuden. Hinzu kommen weitere Fördermaßnahmen für die Steigerung der Energieeffizienz, wie der Austausch bestehender Heizungsanlagen durch hocheffiziente Wärmepumpenanlagen oder Geothermieanlagen, der Kauf und die Installation von Sonnenschutzeinrichtungen, die Installation von Solarmodulen für die Warmwasserbereitung und einiges mehr. In allen Fällen gelten verschiedene zulässige Höchstbeträge (bis zu rund 150.000 Euro). Grundsätzlich sind je nach Maßnahme 50 bis 65 Prozent der zugelassenen Höchstkosten in 10 gleichen Raten direkt von der Einkommensteuer absetzbar.
 

Daneben können v.a. Unternehmer auf Förderungen für energieeffiziente Maßnahmen zurückgreifen – u.a. durch die handelbaren Energieeffizienztitel („Certificati Bianchi”) oder das sog. „Thermische Konto” („Conto Termico”), bei denen es sowohl um die Erhöhung der Energieeffizienz als auch um die Förderung von Anlagen zur Wärmegewinnung durch erneuerbare Quellen geht.
 

Die Errichtung von Anlagen für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen wird, bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Photovoltaik), weiterhin gefördert, wobei jedoch die Förderungen im Vergleich zur Vergangenheit wesentlich reduziert wurden.
 

Fördermaßnahmen in der Tschechischen Republik

Von Miroslav Kocman, Rödl & Partner Prag

Das tschechische Steuerrecht ist nur in sehr eingeschränktem Maße auf das Thema Nachhaltigkeit abgestellt. Gleichwohl spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine erhebliche Rolle bei verschiedenen Förder- und Subventions­programmen, wie etwa zur Förderung der Elektromobilität. So wurde im Frühjahr 2017 durch das Ministerium für Industrie der Tschechischen Republik ein Programm zur Förderung des Kaufs von Elektromobilen für z.B. staatliche oder kommunale Institutionen bzw. Unternehmen aufgelegt, an denen Gemeinden und Regionen eine Mehrheitsbeteiligung halten. Für Elektromobile mit einem Anschaffungswert von bis zu 58.000 Euro betrug die Förderung konkret für PKW bis 3,5 Tonnen 8.400, für Plug-in-Hybride 7.700 und für Erdgasfahrzeuge 1.900 Euro. Die Förderung der Elektromobilität ist im steuerlichen Bereich ungleich geringer und beschränkt sich aktuell auf einen Verzicht auf Umweltsteuern und eine Befreiung von der Kfz-Steuer. Von der Kfz-Steuer befreit sind Fahrzeuge mit alternativem Antrieb; und zwar sowohl PKW als auch LKW bis 12 Tonnen.
 

Zudem werden in der Tschechischen Republik nicht nur Fahrzeuge mit alternativem Antrieb gefördert, sondern es gibt eine ganze Reihe an Förder- und Subventionsprogrammen mit einer breiten Ausrichtung – nicht nur zur Förderung von Investitionen – v.a. für die Erneuerung bestehender Produktionsmittel und Anlagen bei Unternehmen. Zu nennen wäre etwa das aus den europäischen Strukturfonds finanzierte Programm „Energieeinsparungen”: Gefördert werden können Unternehmen der verarbeitenden Industrie, aus Groß- und Einzelhandel, Lagerung, IT und Telekommunikation, aber auch aus den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales. Die maximale Förderhöhe für einen Antragsteller beträgt 15 Mio. Euro. Die Förderung kann in Anspruch genommen werden z.B. für Energieeinsparungen bzw. zur Verbesserung des Energiewirkungsgrades von Produktionsprozessen, technologischen Prozessen oder Gebäuden (Wärmedämmung, Austausch von Fenstern, Installation von Lufttechnik mit Rekuperation von Abwärme), zur Energiegewinnung aus Abfall in Produktionsprozessen, zur Modernisierung von Strom-, Gas- und Wärmeleitungen in Gebäuden oder von Beleuchtungsanlagen von Gebäuden und industriellen Anlagen.
 

Proökologische Anreize in Polen

Von Piotr Mrowiec, Rödl & Partner Danzig

Eigentümern von Elektro-Autos winken in Polen viele Vergünstigungen. Sie genießen die Verbrauch­steuerbefreiung sowie einen höheren Abschreibungssatz. Darüber hinaus sind niedrigere Preise für den Strom zum Aufladen von ökologischen Autos vorgesehen. Die Fahrer  können zudem Busfahrstreifen und kostenlose Parkplätze nutzen. Alle Begünstigungen sind das Ergebnis des eingeführten Gesetzes über die Elektromobilität und alternative Kraftstoffe, das am 5. Februar 2018 vom Präsidenten der Republik Polen unterzeichnet wurde. Gemäß den neuen Rechtsvorschriften sollen Elektroautos auch Teil des Fuhrparks der kommunalen Verwaltung werden. Bis 2020 sollen Öko-Autos ein Zehntel aller Fahrzeuge der Beamten ausmachen und im Jahr 2025 bereits ein Drittel. In Zukunft sollen in polnischen Städten Umweltzonen entstehen, in denen ökologische Autos kostenlos fahren dürfen. Für die anderen Fahrer wird die Fahrt in einer solchen Zone gebührenpflichtig sein.
 

Ermäßigungen stehen auch den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu. Seit einiger Zeit gilt in Polen bei Zuschüssen das Auktionssystem. Dadurch können kleine Kraftwerke (mit einer Leistung bis 500 kW) sog. „garantierte Tarife” in Anspruch nehmen – der Stromkauf erfolgt zu einem garantierten Preis, der 80 Prozent der Referenzpreise beträgt. Größere Erzeuger (mit einer Leistung über 500 kW) können mit einer Prämie rechnen, die zusätzlich auf den Marktpreis für Strom aufgeschlagen wird. Die Höhe der Zuzahlung richtet sich nach der Differenz zwischen dem während der Auktion gebotenen Preis und dem aktuellen Durchschnittspreis für Strom.
 

Eine Investitionsvergünstigung in Höhe von 25 Prozent wartet auf Agrarsteuerzahler, die sich dazu entscheiden, Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu kaufen und auf ihrem Land zu installieren. Großer Popularität erfreut sich in Polen das EU-Förderprogramm „Prosument” für Personen, die Photovoltaikanlagen für private Zwecke installieren. Sie können mit Zuschüssen und Niedrigzinsdarlehen rechnen.
 

Eine andere Form der Unterstützung in Polen ist eine Thermo-Modernisierungsprämie, die ein Investor für Instandhaltungsmaßnahmen erhalten kann, infolge deren sich die jährlichen Energieverluste um mindestens ein Viertel reduzieren. Landwirte, die auf ökologische Landwirtschaft umstellen, erhalten Zuschüsse, mit denen eine geringere Ernte und ein größerer Arbeitsaufwand ausgeglichen werden.
 

Neues Umweltsteuergesetz in China

Von Sebastian Wiendieck, Rödl & Partner Shanghai 

In China ist am 1. Januar 2018 ein neues Umweltsteuergesetz in Kraft getreten, das als Steuertatbestände die 4 Schadstoffklassen „Luftverschmutzung”, „Wasserverschmutzung”, „Lärmbelastung” und „Feststoffabfälle” enthält. Die Höhe der konkreten, quartalsweise abzuführenden Steuer berechnet sich auf der Grundlage der anfallenden Emissionsmengen sowie der Schadstoffkategorie. Im Annex des Gesetzesentwurfs wurden die Mindestbeträge der jeweils pro Emissionseinheit zu entrichtenden Steuer festgelegt, die je nach Gegebenheiten durch die lokalen Provinzregierungen noch nach oben korrigiert werden können.
 

Ausnahmen von der Umweltsteuer bestehen für bestimmte landwirtschaftliche Bereiche und mobile Emissionsquellen, wie etwa Kraft- und Schienenfahrzeuge. Sofern Unternehmen ihre Schadstoffe über speziell zertifizierte Abwasser- und Müllaufbereitungsanlagen entsorgen, kann es ferner zu einer Steuerminderung kommen.
 

Unserer Einschätzung nach wird die Neuausrichtung der Umweltsteuer einen Großteil der ausländischen Unternehmen nur in einem geringen Maß betreffen. Gerade für deutsche Unternehmen, die beim Bau von neuen Produktionsanlagen von Haus aus hohe Umweltstandards zu Grunde legen, wird die Steuerlast überschaubar bleiben.
 
Das Ziel, die Umweltbelastung und -verschmutzung in der Volksrepublik in den Griff zu bekommen, ist klar erkennbar. Ob die Steuer ein entscheidender Faktor beim Kampf um saubere Luft und sauberes Wasser sein wird, ist dagegen völlig offen.

 

Zwiespalt Nachhaltigkeit in Deutschland

Von Britta Dierichs, Rödl & Partner Nürnberg

In Deutschland sind alle „Spielformen” vertreten. Bei der Stromsteuer ist der Stromverbrauch als Steuergegenstand festgelegt. Eine Steuerbefreiung gilt für aus erneuerbaren Energiequellen gewonnenen Strom, soweit er aus einem ausschließlich hierfür separierten Netz entnommen wird. Steuerbefreiungen gibt es auch für den auf Strom als Antrieb basierenden öffentlichen Personennahverkehr, um den Umstieg auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel nicht zu konterkarrieren. Umgekehrt werden auch sehr energieintensive Produktionsbranchen von der Stromsteuer befreit. Das zeigt den politischen Zwiespalt zwischen einer Förderung von Nachhaltigkeitsaspekten und dem Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft, wenn solche Maßnahmen national und nicht europaweit umgesetzt werden.
 

Die KfZ-Steuer knüpft für ihre Bemessungsgrundlage u.a. an die CO2-Emmissionen (bei PKW) bzw. die Schadstoff- und Geräuschemissionen (bei LKW) an. Elektrofahrzeuge sind 10 Jahre nach Erstzulassung steuerbereit; diese Regelung ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Auch die Infrastrukturabgabe (PKW-Maut) soll nach der Schadstoffklasse der PKW gestaffelt erhoben werden – vorerst ist sie jedoch wegen der anhängigen Klage vor dem EuGH auf Eis gelegt.
 

Der Koaltitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom 7. Februar 2018 enthält steuerliche Nachhaltigkeitsanreize. So soll die Anschaffung betrieblicher Elektrofahrzeuge mit einer Sonderabschreibung sowie der Halbierung der Steuerbelastung für Dienstwagen honoriert werden. Schon bisher werden die hohen Batteriekosten bei Elektrofahrzeugen aus der Besteuerung der Privatnutzung von Dienstwagen herausgerechnet. Auch die energetische Gebäudesanierung soll nunmehr durch Sonderabschreibungen oder Zuschüsse gefördert werden, nachdem das in der vergangenen Legislatur unter denselben Koalitionären an der Frage der Finanzierung gescheitert war.
 

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Britta Dierichs

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