Mitarbeiterbeteiligung nach dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG): Was lange währt, wird (nicht) endlich gut!

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veröffentlicht am 12. März 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Im November 2023 wurden mit der Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungs­ge­set­zes (ZuFinG) erneut die Spielregeln für die Besteuerung von Mitarbeiterbe­teiligungen geändert. Besonders die Start-up-Szene profitiert von den neuen Vorschriften. Schon im Koalitionsvertrag war die Absicht verankert, die Attraktivität von Mitarbeiterbetei­ligungen für Start-ups zu steigern. Diese Absicht soll nun mit dem Zukunftsfinan­zie­rungs­gesetz umgesetzt werden. Das Gesetzesvorhaben knüpft an das bereits 2021 beschlossene Fondstandortgesetz (FoStoG) an und verbessert an einigen Stellen die Praxistauglichkeit der Regelungen, bleibt jedoch an anderer Stelle weit hinter dem Erwarteten zurück oder verschlechtert es gar.



Erhält ein Arbeitnehmer als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft eine Vermögens­beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers – unentgeltlich oder verbilligt – führt dieser Vorteil zu Einkün­ften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG. Maßstab für die Beurteilung, ob es sich um eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung handelt, ist der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung.


Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Erhöhung des Steuerfreibetrags gem. § 3 Nr. 39 EStG

Der Freibetrag wird gemäß dem Zukunftsfinanzierungsgesetz ab dem Veranlagungszeitraum 2024 auf 2.000 Euro angehoben (vgl. § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG n.F.). Falls der gewährte geldwerte Vorteil den Freibetrag übersteigt, unterliegt nur der darüber hinausgehende Betrag der Steuerpflicht. Die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehene Erhöhung auf 5.000 Euro wurde nicht umgesetzt. Dafür entfiel aber das geplante Zusätzlichkeits­erfordernis, welches die Steuerbefreiung für Beteiligungen im Wert von 2.000 Euro  bis 5.000 Euro nur bei zu­sätzlicher Vergütung zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt hätte. Eine ursprünglich geplante Halte­frist für die gewährten Vermögensbeteiligungen ist ebenfalls nicht Teil der Änderungen des Einkommen­steuer­ge­setzes durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Positiv gesprochen heißt dies, dass Entgeltum­wandlungen weiterhin steuerfrei möglich sind in den Freibetragsgrenzen; sozialversicherungsrechtlich bleibt es dagegen bei der Verbeitragung – ein hässlicher Webfehler des Gesetzgebers als auch ein Bürokratie-Booster für die Unter­nehmen in der Praxis.


Aufgeschobene Besteuerung echter Kapitalanteile

Des Weiteren werden die Regelungen zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermö­gens­­beteiligungen von Arbeitnehmern gemäß § 19a EStG erweitert (s. hierzu die beigefügte Synopse, der alten, der geplanten und der neuen Rechtslage). Diese Änderungen verfolgen das Ziel, Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen, indem die Anwerbung und Bindung von Mitarbeitern verbessert wird. Gleichzeitig soll die sogenannte "dry-income"-Problematik, bei der eine Besteuerung beim Mitarbeiter ohne Mittelzufluss erfolgt, für Arbeitnehmer abgemildert oder vermieden werden. Mit Verkündung des ZuFinG wird der Anwendungsbereich des § 19a EStG erweitert, um auch ältere und bereits etablierte Start-ups einzu­beziehen. Bisher fielen nur wenige Unternehmen unter diese Regelung, weshalb in der Praxis die nachgelagerte Besteuerung kaum genutzt wurde.

Generell griff vor ZuFinG die Förderung für Unternehmen, die im Zeitpunkt der Anteilseinräumung im EU-rechtlichen Sinn als Kleinstunternehmen bzw. KMU einzustufen sind. Diese Größenkriterien wurden nun mit dem ZuFinG um ein Vielfaches erweitert:

  • Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. Euro (bisher 50 Mio. Euro)
  • Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. Euro (bisher 43 Mio. Euro)
  • Beschäftigtenanzahl von höchstens 1.000 Mitarbeitern (bisher 250 Mitarbeiter)


Diese erweiterten Merkmale müssen entweder im Jahr der Gewährung (1. Chance) oder wenigstens in einem der vorherigen sechs Wirtschaftsjahre vorgelegen haben (weitere sechs Chancen), vormals war lediglich das Vor­jahr als Prüfungsjahr festgehalten. Zudem darf das Unternehmen nicht „älter“ als 20 Jahre sein, rückwärts ge­rechnet vom Beteiligungszeitpunkt bis zur Gründung. Es werden wohl die Gerichte zu entscheiden haben, ob steuerneutrale Umstrukturierungen zur Neugründung als Gründung im Gesetzessinne zu verstehen sind oder nicht.


Die wohl praxisrelevantesten Neuerungen betreffen die Anteilsgewährung an Start-ups: Werden Unterneh­mens­beteiligungen nicht vom Unternehmen selbst, sondern von den (Gründungs-) Gesellschaftern gewährt, so ist dies nunmehr ebenfalls ein begünstigungsfähiges Beteiligungsszenario (vgl. § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG n.F.). Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Konzernklausel, nach der die Unternehmen des Arbeitgebers i.S. des § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG auch Konzernunternehmen i.S. des § 18 AktG umfassten, wurde aus dem Gesetz jedoch gestrichen. Konkretisiert wird die Regelung dagegen um die Klarstellung, dass die Norm auch für vinku­lierte Anteile anwendbar sein soll, bei denen die Übertragung durch entsprechende Bestimmungen beschränkt ist (z.B. die Möglichkeit der Verwertung der Vermögensbeteiligungen erst nach Zustimmung der Gesellschaft; vgl. § 19a Abs. 1 Satz 3 EStG n.F.). Diese Ausgestaltung ist bei Anteilen an Start-ups so gut wie immer zu finden, um unliebsame Anteilsübertragungen zu vermeiden und damit die Entwicklung des Gesellschafterkreises durch die Gründungsgesellschafter bzw. Investoren zu steuern.


Fazit

Die Erhöhung des Freibetrags ist grundsätzlich zu begrüßen, insbesondere die Streichung des zeitweise vorge­sehenen Zusätzlichkeitserfordernisses und der Haltefristen für die nach § 3 Nr. 39 EStG begünstigt übertra­gen­en Vermögensbeteiligungen. Dies erhöht in jedem Fall die Praxistauglichkeit und verringert etwaigen bürokra­tischen Aufwand; letzter wäre noch geringer wenn die Sozialversicherung wie die Lohnsteuer verbeitragen wür­de. Dies hat sich leider bei der Entgeltumwandlung nicht ergeben – ein großes Manko.  Im europäischen Ver­gleich fällt der Freibetrag überdies sehr niedrig aus. So gewährt Spanien bspw. einen Freibetrag in Höhe von 50.000 Euro, Italien in Höhe von 2.000 Euro und Österreich von bis zu 4.500 Euro. Im Vergleich zur Rechtslage vor 2021, als der Freibetrag 360 Euro betrug, zeichnet sich jedoch ein positiver Trend ab.

Ob nun wirkungsgerecht mit dem neuen § 19a EStG die „dry income“-Problematik gelöst wurde, wird auch in Zukunft davon abhängen, wie sich Finanzverwaltung und Rechtsprechung bezogen auf das vom Gesetzgeber gewünschte Ergebnis verhalten oder urteilen. Klar ist jedenfalls, dass es auch in der künftigen Gesetzeslage nicht ohne versierte Steuerberater gehen wird. Steuerproblematiken bei Mitarbeiterbeteiligungen werden daher auch zukünftig an der Tagesordnung sein und – international gesehen - Deutschland als Start-up Standort nicht unbedingt nach vorne katapultieren.


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