Die Politische Diskussion um die Zukunft der Erbschaftsteuer nimmt Fahrt auf

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29. September 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Für den Herbst 2025 wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer erwartet. Die politische Debatte ist dabei geprägt von Finanzierungswünschen im Staatshaushalt, der Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands und strukturellen Problemen der derzeitig bestehenden Regelungen. 
 
 

Das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht 

Gegenstand des Verfahrens ist ein Erbe, der Wertpapiere und Immobilien geerbt hat und sich gegenüber der derzeitigen umfassenden Begünstigung für Betriebsvermögen benachteiligt sieht. Ob sich das Bundesverfassungsgericht tatsächlich mit den komplexen Regelungen zu Unternehmensbegünstigungen materiell-rechtlich auseinandersetzen wird, kann derzeit nicht eingeschätzt werden, da der Kläger sich gegen eine Nichtzulassung seiner Revision beim Bundesfinanzhof wendet. Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht bereits beim letzten wichtigen Verfahren zur Betriebsvermögensbegünstigung im Jahr 2014 unerwartet weitgehend Stellung zu den Details der Betriebsvermögensbegünstigung genommen. Dies löste eine umfassende Reform zum 1. Juli 2016 aus, deren Regelungen bis heute gelten. Da eine Reform der Erbschaftsteuer einer Mitwirkung des Bundesrats bedarf, ist die große Koalition auf breite politische Konsensbildung angewiesen, was bereits bei der letzten Reform erhebliche Verzögerungen und inhaltliche Diskussionen auslöste.
 

Die Betriebsvermögensbegünstigung heute

Historisch war das deutsche Erbschaftsteuerrecht geprägt von hohen Steuersätzen und geringen Freibeträgen. Für familienfremde Dritte liegt der Freibetrag bei nur 20.000 Euro, während der Steuersatz mindestens 30 Prozent beträgt und mit zunehmendem Wert bis auf 50 Prozent steigt. Um die Unternehmen im Erbfall vor hohen Liquiditätsabflüssen, notwendigen Verkäufen und einem Arbeitsplatzabbau in Deutschland zu schützen, wird produktives Betriebsvermögen in Höhe von 85 Prozent bis 100 Prozent von der Besteuerung ausgenommen. Dabei ist die Begünstigung jedoch an den Erhalt von Arbeitsplätzen, Ausschüttungsbeschränkungen und Behaltensfristen für den übertragenen Anteil, gebunden. 
Für große Erwerbe über 26 Mio. Euro schmilzt die Begünstigung mit zunehmender Höhe ab. Für Erwerbe über 90 Mio. Euro ist eine Begünstigung davon abhängig wieviel Privatvermögen (z.B. illiquides Immobilienvermögen) der Erwerber hat und inwieweit nicht begünstigtes Vermögen (nicht produktives Vermögen) auf ihn übergeht. Diese sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung ermöglicht eine steuerfreie Übertragung von sehr großen Produktivvermögen auf vermögenslose Kinder und wurde politisch stark kritisiert. 
 

Diskutierte Besteuerungskonzepte für Betriebsvermögensvermögen

Die umfangreichsten Forderungen betreffen die totale Abschaffung aller Begünstigungen für Betriebsvermögen. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass der Übergang von Betriebsvermögen sich auch auf anderen Ebenen steuerlich auswirkt. Eine aus dem Unternehmensvermögen gezahlte Erbschaftsteuer unterliegt bei einer Ausschüttung zusätzlich einer Belastung mit Ertragsteuer, die nicht auf die Erbschaftsteuer angerechnet werden kann. Darüber hinaus gehen bei einer schenkweisen Übertragung die Buchwerte oder historischen Anschaffungskosten auf den Erwerber über, der diese übergehenden stillen Reserven bei einem späteren Verkauf zusätzlich der Ertragsteuer zu unterwerfen hat. Darüber hinaus wird der Wert des Unternehmens auf den Tag des Erbfalls festgestellt. Eine spätere Wertverschlechterung oder Insolvenz des Unternehmens findet keine Berücksichtigung. 

Vor diesem Hintergrund wird politisch die Einführung einer Flat-Tax Regelung mit einem einheitlichen Steuersatz von 5 bis 10 Prozent auf alle Vermögenswerte gefordert. Dabei würden alle bisher geltenden Ausnahmen oder Bewertungsabschläge abgeschafft. Dies würde nicht nur die Betriebsvermögensbegünstigung betreffen, sondern auch den steuerfreien Erwerb von Familienheimen durch Ehepartner oder Erben. Für eine Flat-Tax spricht die vermeintliche Einfachheit der Steuerermittlung. Jedoch ist bereits heute die Feststellung des gemeinen Werts von geschenktem oder geerbtem Betriebsvermögen hoch streitanfällig. Die Wertermittlung nach dem Bewertungsgesetz kann dabei aufgrund der verwendeten Rechentechnik zu überhöhten Werten in der Unternehmensbewertung führen. Den Steuerpflichtigen bleibt dann nur der Nachweis des geringeren Werts durch ein Gutachten.

Die CSU fordert eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer auf Ebene der Bundesländer, um den individuellen Besonderheiten der Betriebsstrukturen und Vermögenswerten Rechnung tragen zu können. Dies könnte einen Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern auslösen. Das Modell findet derzeit wenig politische Unterstützung, wurde jedoch bereits bei der Reform der Grundsteuer umgesetzt.
 
Eine punktuelle Modifikation der bisherigen Regelungen als Reaktion auf isolierte verfassungsrechtliche Bedenken einer Gerichtsentscheidung erscheint die politisch am einfachsten umzusetzende Reform. Denkbar sind dabei, neben einer teilweisen Mindestbesteuerung, insbesondere die Verlängerung bestehender Behaltensfristen, um die weitgehende Steuerfreistellung von Betriebsvermögen weiterhin rechtfertigen zu können. Insbesondere die umfassende Steuerfreistellung durch Verschonungsbedarfsprüfung wird dabei kritisch diskutiert. Denkbar wäre eine Verschärfung dahingehend, dass auch Ausschüttungen aus dem erworbenen Unternehmensvermögen ganz oder teilweise für eine Steuerzahlung einzusetzen sind. 
 

Empfohlene Vorgehensweise

Die Diskussion zur Erbschaftsteuer verläuft politisch in den letzten Monaten mit einer Intensität, die es seit dem Jahr 2016 nicht mehr gab. Unabhängig vom Inhalt der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist damit zu rechnen, dass die Politik sich inhaltlich näher mit der Ausgestaltung der Erbschaftsteuer beschäftigen wird, auch wenn die parteipolitische Konsensbildung historisch und derzeit schwierig ist. Vor dem Hintergrund der Probleme der bestehenden Haushaltsfinanzierung erscheint die künftige Belastung der Übertragung von Betriebsvermögen eine attraktive Möglichkeit. Der seit dem Jahr 2016 steuerpolitisch bestehende stabile und planbare Zustand nähert sich dem Ende. Unternehmer sollten dies in ihre Nachfolgeplanung einbeziehen und bei bestehender Übertragungsabsicht diese zeitnah umsetzen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schenkung von Unternehmensanteilen einen gewissen Vorlauf benötigt, um bspw. eine Unternehmensbewertung und ggf. Vermögensoptimierung durchzuführen. Ein Abwarten, bis sich die Eckpunkte einer möglichen Reform der Erbschaftsteuer herauskristallisieren, birgt das Risiko, dass die Übertragung dann nicht mehr rechtzeitig vor Inkrafttreten einer Reform erfolgen kann.
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