Von Stop-the-clock bis ESRS-Anpassung: Aktueller Stand der Omnibus-Initiative zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

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​veröffentlicht am 19. Mai 2025 I Lesedauer ca. 6 Min


Seit der Veröffentlichung des Omnibus-Pakets zur Nachhaltigkeitsberichterstattung am 26. Februar 2025​ hat sich einiges getan: Wie von der Europäischen Union angekündigt, wurde der Vorschlag zur zeitlichen Verschiebung der Berichterstattungspflichten mit Vorrang behandelt und innerhalb kurzer Zeit verabschiedet. Auch an der Richtlinie zur Änderung der Berichtspflichten wird mit Hochdruck gearbeitet. Alle wichtigen Entscheidungen, Entwicklungen und Fristen haben wir im folgenden Artikel für Sie zusammengefasst.


​Hintergrund der Initiative

Übergeordnetes Ziel der Omnibus-Initiative ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. Dies soll insbesondere durch Bürokratieabbau erreicht werden. Das am 26. Februar 2025 veröffentlichte erste Omnibus-Paket stellt den Beginn einer Reihe von bislang fünf angekündigten Paketen an, die neben der Nachhaltigkeit auch die Gesetzgebung zu Investitionsinstrumenten (ebenfalls am 26. Februar 2025 veröffentlicht), „Small-mid cap“-Unternehmen, Verteidigung und Landwirtschaft adressieren sollen.

Wichtig zum Verständnis der aktuellen Entwicklungen in Bezug auf das erste Omnibus-Paket ist die Unterschei­dung der darin enthaltenen Entwürfe für Änderungsrichtlinien (ÄnderungsRL-E), die jeweils separate Gesetz­gebungsverfahren nach sich ziehen:
  • ÄnderungsRL-E COM(2025) 80 (bereits als RL (EU) 2025/794 verabschiedet) bezieht sich auf Zeitpunkte, ab denen Unternehmen die Anforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der EU-Taxonomie und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) umsetzen müssen („Stop-the-Clock“-Richtlinie),
  • ÄnderungsRL-E COM(2025) 81 bezieht sich auf bestimmte Anforderungen an die Nachhaltigkeits­bericht­erstattung und die Sorgfaltspflichten und
  • ÄnderungsRL-E COM(2025) 87 bezieht sich auf die Vereinfachung und Stärkung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM).
Die ESG-Berichtspflichten nach CSRD, EU-Taxonomie und CSDDD werden in den beiden ÄnderungsRL 80 und 81 adressiert. Hierbei ist zu beachten, dass die beiden Richtlinien unabhängig voneinander verhandelt werden und daher nun beispielsweise die bereits beschlossene zeitliche Verschiebung durch ÄnderungsRL 80 (Richtlinie (EU) 2025/794) zunächst auch Unternehmen betrifft, die nach ÄnderungsRL-E 81 nicht mehr Teil des CSRD-Anwender­kreises wären (z.B. kapitalmarktorientierte KMU). Die Frage, welche Unternehmen ab wann Bericht erstatten müssen, wird im Detail erst durch die Kombination der beiden finalen Richtlinien beantwortet werden können.

Zeitliche Verschiebung der ESG-Berichtspflichten

Am 3. April 2025 hat das Europäische Parlament die Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte für Unterneh­men im Anwenderkreis der CSRD und CSDDD beschlossen. Nachdem der Rat bereits am 26. März 2025 den Gesetzestext gebilligt hatte, galt dessen notwendige Zustimmung lediglich als Formsache und erfolgte schließlich am 14. April 2025.

Nach der Veröffentlichung der Richtlinie (EU) 2025/794 (vormals ÄnderungsRL-E COM(2025) 80) am 16. April 2025 im Amtsblatt der EU trat diese am Folgetag in Kraft und muss bis zum 31. Dezember 2025 durch die Mitglied­staaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Für Unternehmen im aktuellen Anwendungsbereich der CSRD ergeben sich folgende Änderungen:
  • NFRD-pflichtige Unternehmen („Welle 1“): Die CSRD-Berichtspflicht bleibt (abhängig vom Stand der nationalen Umsetzung) bestehen, da diese Unternehmen die „Welle 1“ bilden und vom „Stop-the-clock“-Vorschlag nicht erfasst sind. Da die CSRD in Deutschland bislang nicht ins nationale Recht umgesetzt wurde, gilt hierzulande bis auf Weiteres die NFRD.
  • Alle anderen großen Unternehmen („Welle 2“): Die CSRD-Berichtspflicht wird um zwei Jahre verschoben und beginnt nun im Geschäftsjahr 2027 statt wie bisher vorgesehen im Geschäftsjahr 2025.  
  • Kapitalmarktorientierte KMU („Welle 3“): Die CSRD-Berichtspflicht wird um zwei Jahre verschoben und beginnt nun im Geschäftsjahr 2028 statt wie bisher vorgesehen im Geschäftsjahr 2026. 
Auch für bestimmte Unternehmen im Anwendungsbereich der CSDDD verschieben sich die Fristen: Große Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und über 1,5 Milliarden Euro Umsatz müssen die neuen Sorgfaltspflichten ab 2028 (statt wie bisher 2027) erfüllen. Den Mitgliedstaaten wird ein Jahr mehr Zeit, bis zum 26. Juli 2027, eingeräumt, um die CSDDD in nationales Recht umzusetzen.

Verhandlungen zur Änderung der ESG-Berichtspflichten

Während die Richtlinie zur zeitlichen Verschiebung wie geplant schnell und ohne nennenswerte Kontroversen verabschiedet werden konnte, befindet sich die ÄnderungsRL-E 81 zur Änderung bestimmter Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Sorgfaltspflichten aktuell noch im Trilog-Verfahren. Teil der Debatten im EU-Parlament und Rat der EU ist unter anderem die geplante Anhebung der Schwellenwerte, ab denen ein Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet ist. So sieht der Vorschlag vom 26. Februar 2025 vor, dass künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern einen CSRD-konformen Nachhaltigkeits­bericht vorlegen müssen. Dies würde einer Reduktion des Anwenderkreises um ca. 80 % gleichkommen. Inwiefern sich durch das Trilog-Verfahren noch Änderungen zum Entwurf der EU-Kommission ergeben und wann das Verfahren abgeschlossen sein wird, bleibt abzuwarten.

Überarbeitung der ESRS durch die EFRAG

Das Omnibus-Paket sieht weiterhin vor, dass die bestehenden ESRS überarbeitet werden sollen, um beispiels­weise durch eine Reduktion der verpflichtenden Datenpunkte, die Klarstellung von Definitionen oder eine Anpassung der Struktur und Darstellung der Standards Vereinfachungen zu erzielen. Hierzu hat die EU-Kommission mit Schreiben vom 27. März 2025 die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt, die bereits die aktuelle Fassung der ESRS entwickelt hatte. Der durch die EU-Kommission veranschlagte Zeitplan ist straff: Die Entwürfe für die überarbeiteten ESRS sollen bis zum 31. Oktober 2025 an die Kommission übergeben werden.

Am 8. April 2025 hat die EFRAG daraufhin eine öffentliche Konsultation gestartet, in der alle Stakeholder bis zum 6. Mai 2025 die Möglichkeit haben, konkrete Vorschläge zur Überarbeitung der Standards einzureichen. Die Konsultation ergänzt hierbei laut Pressenmitteilung eine Reihe von Interviews und Workshops, die die EFRAG parallel mit Berichterstellern, Prüfern und Nutzern der Berichterstattung organisiert.

Mit dem Ziel, die Entwürfe (sog. „Technical Advice“) bis zum 31. Oktober 2025 vorlegen zu können, hat die EFRAG am 25. April 2025 ein detailliertes Arbeitsprogramm verabschiedet und an die EU-Kommission übermittelt. Demnach sollen erste Entwürfe der überarbeiteten ESRS („Exposure Drafts“) bereits Ende Juli veröffentlicht und im August und September zu einer 30- bis 45-tägigen öffentlichen Konsultation gestellt werden. Ergänzt werden soll die Konsultation durch eine Serie von rund zehn strukturierten öffentlichen Feedback-Veranstaltungen. 

Dieses Vorgehen weicht aufgrund der besonderen Umstände vom üblichen Prozess ab. Ins​gesamt ist der Zeitplan als ambitioniert anzusehen. Die EFRAG verweist darauf, dass sie diesbezüglich weiterhin in engem Austausch mit der EU-Kommission bleiben wird. Sollte sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zusätzlicher zeitlicher Spielraum ergeben, könnte demnach auch eine längere öffentliche Konsultation in Betracht gezogen werden.

Konsultation zu den Änderungen an der EU-Taxonomieverordnung

Neben inhaltlichen Änderungen an der CSRD und CSDDD wurden im Zuge des Omnibus-Pakets auch konkrete Vorschläge zur Anpassung der Berichtspflichten gem. EU-Taxonomieverordnung veröffentlicht. Diese standen bis zum 26. März 2025 zur öffentlichen Konsultation und sollen laut EU-Kommission bis Juni 2025 verabschiedet werden. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, bleibt abzuwarten. Einen umfassenden Überblick über die geplanten Änderungen an der EU-Taxonomie finden Sie hier​.

Wie sollten Unternehmen auf die Änderungen reagieren?

Unternehmen der Wellen 2 und 3 gewinnen durch die bereits beschlossene zeitliche Verschiebung mehr Zeit, um robuste Berichtsprozesse für eine zielgerichtete und strategisch wertvolle Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzusetzen. Diese zusätzliche Zeit sollte sinnvoll genutzt werden: Durch eine strukturierte Priorisierung der Datenpunkte und Arbeitspakete können Erhebungsprozesse sukzessive implementiert, dokumentiert, getestet und nachgeschärft werden, bevor die erste verpflichtende inhaltliche Prüfung durchlaufen werden muss.

Auch für Unternehmen, die nach der geplanten Anhebung der Schwellenwerte nicht mehr Teil des CSRD-Anwenderkreises wären, gilt: ESG-Daten werden trotz der aktuellen Entwick​lungen zunehmend von Banken, Investoren und anderen Stakeholdern eingefordert, sodass an der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts kaum ein Weg vorbeiführt. Der freiwillige Standard, den die EU-Kommission auf Basis des von der EFRAG entwickelten VSME-Standards verabschieden möchte, soll künftig eine schlanke Alternative zur ESRS-Berichterstattung darstellen. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung des freiwilligen Standards noch nicht bekannt ist, sollten sich Unternehmen anhand des VSME-Standards frühzeitig auf die freiwillige Berichterstattung vorbereiten, um Stakeholderanforderungen künftig möglichst effizient erfüllen zu können.

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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.)

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